Heitmann, Tanja – Nachtglanz

In vielen Vampirbüchern spielt eine hübsche, meist etwas naive junge Frau die Hauptrolle. Die deutsche Autorin Tanja Heitmann geht einen anderen Weg. Im Mittelpunkt von „Nachtglanz“ steht keine Frau, sondern ein Mann, der von einem Dämonen besessen ist. Doch Adam, so sein Name, hat nicht vor, den letzten Rest seiner Menschlichkeit aufzugeben …

Im 19. Jahrhundert wacht Adam in einer Gasse in Paris auf und weiß weder, wer er ist noch woher er kommt, doch eines weiß er sicher. Irgendetwas stimmt mit ihm nicht – und eine innere Stimme spricht mit ihm und will ihm befehlen, was er tun soll. Und er hat Hunger. Auf Blut. Adam stellt schnell fest, dass er nicht der Einzige ist, der als „Tempel“ für einen Dämon dient. Es gibt einige seiner Art. Während ihnen allen die Unsterblichkeit und der Blutdurst gemeinsam sind, hat jeder von ihnen eine besondere Eigenschaft. Bei Adam ist es die, dass der Dämon sich seiner nicht völlig bemächtigen kann, sondern dass Adams Menschlichkeit erhalten bleibt und den Dämon häufig in seine Schranken weist.

Fast hundert Jahre später, in den 1960ern, wird er nach Los Angeles beordert. Mittlerweile hat er sich einen Namen darin gemacht, solche Leute, die den Dämonen in sich haben und ihn nicht genügend beherrschen können, zu vernichten. Genau eine solche Person sucht gerade L.A. heim und hinterlässt eine Spur aus blutleeren Leichen. Bei seinem Auftrag lernt er die geheimnisvolle Esther kennen. Sie ist ein normaler Mensch und Angestellte des intriganten Anders, der bei Adams Anheuerung zwielichtige Hintergedanken hatte. Adam verliebt sich in Esther, obwohl das in Anbetracht seines immer hungrigen Dämons ein ziemliches Wagnis ist …

Tanja Heitmanns Buch überrascht auf ganzer Linie. Aufgrund des Titels und des Klappentextes erwartet man eher einen Schmachtfetzen im Stil von „Twilight“, aber „Nachtglanz“ ist wesentlich mehr. Natürlich spielt auch die Liebe eine gewisse Rolle, doch die Autorin beschreibt die Annäherung zwischen Adam und Esther frei von Kitsch. Vielmehr rückt sie die kaputten Charaktere der beiden in den Vordergrund und zeigt, wie sie trotz dieser Probleme zueinander finden. Gleichzeitig hat die Geschichte auch eine starke Thrillerkomponente. Die Mordserie, die Adam aufzuklären hat, bringt an den richtigen Stellen einen Schuss Spannung und fesselt dank diverser Verwicklungen.

Was jetzt noch von der Handlung überbleibt, füllt die Autorin mit Adams Vorgeschichte und einer ausführlichen Beschreibung seiner Persönlichkeit. Auch hierbei verzichtet sie auf alle gängigen Klischees. Adam ist kein erotischer Verführer und auch kein blutrünstiges Monster, sondern ein sehr sensibler, innerlich zerrissener Mann. Der ständige Kampf gegen den Dämonen in sich macht ihn zu einem sehr facettenreichen, interessanten Charakter, mit dem man sich schnell identifizieren kann. Seine Handlungen und Gedanken sind gut nachvollziehbar und werden von der Autorin anschaulich aufbereitet.

Heitmanns Schreibstil ist ebenfalls eine kleine Überraschung. Sie schreibt weder reißerisch noch wie in einem typischen Frauenroman, sondern sehr belletristisch. Mit einem gehobenen, unaufgeregten Wortschatz lässt sie eine düstere, traurige Atmosphäre entstehen, die perfekt zu ihrer Hauptperson passt. Die distanzierte Erzählperspektive erhöht diesen Effekt zusätzlich.

Es gibt keine richtigen Vampire in der Geschichte, keine kitschige Romanze – „Nachtglanz“ ist bei weitem nicht das, was man erwartet. Bereits nach den ersten Seiten wird dank des tollen Schreibstils klar, dass Tanja Heitmanns Geschichte ein anderes Kaliber ist. Eine interessante Hauptfigur, eine spannende Handlung – dieses Buch ist definitiv eine Empfehlung wert!

|Gebunden: 477 Seiten
ISBN-13: 978-3-453-26642-1|
http://www.tanja-heitmann.de
http://www.heyne.de

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