Heitz, Markus – Ritus

_Handlung_

|1764 Südfrankreich|

Jean Chastel und seine zwei Söhne Pierre und Antoine jagen die Bestie vom Gévaudan, die seit einiger Zeit fast tagtäglich Bürger und Bauern der Umgebung bestialisch zerfleischt. Die Obrigkeit geht von einem Wolf aus, doch die Chastels haben die Bestie schon von Angesicht zu Angesicht gesehen und sind sich sicher, sie ist ein Loup-Garou, ein Werwolf. Die Morde lasten schwer auf ihrem Gewissen, weil die drei Männer glauben, dass die Bestie auf Rache sinnt, da die Chastels bei ihrem ersten Zusammentreffen deren Gefährten erlegten.

Doch gibt es da noch ein Problem, denn der Werwolf hatte es damals geschafft, die beiden Söhne zu verletzen, und die Anzahl der Opfer steigt und steigt, doch die Bestie vom Gévaudan ist einfach nicht zu fassen. Nach kurzer Zeit werden auch schon die Chastels verdächtigt, etwas mit der Bestie zu tun zu haben, und zu allem Unglück schaltet sich auch noch die heilige Mutter Kirche in die Angelegenheit ein …

|2004 Deutschland|

Eric von Kastell ist ein Werwolfjäger, dessen Familie schon seit Generationen gegen die Wandelwesen (es gibt nicht nur Werwölfe, sondern auch noch anderer Wandelwesen) kämpft. Er ist zwar mit allerlei Waffen und technischen Geräten für die Jagd ausgestattet, doch als sein Vater bei einem Einsatz ums Leben kommt, steht er alleine da. Zu allem Unglück wird auch noch das alterwürdige Kastell-Anwesen von den Wandelwesen gesprengt.

Das alles schreckt Eric aber nicht, denn als er Anzeichen entdeckt, dass sich eine schon lange gesuchte Bestie in St. Petersburg versteckt, setzt er sich kurz entschlossen ins Flugzeug Richtung Russland. Dort trifft er nicht nur auf vermummte Schergen, die das Werwesen schützen wollen, und ihm nach dem Leben trachten, sondern auch die verführerische Wolfsforscherin Lena …

_Der Autor_

Markus Heitz, geboren 1971, arbeitete als Journalist bei der Saarbrücker Zeitung, ehe sein erster Roman „Schatten über Ulldart“ mit dem deutschen Phantastik-Preis ausgezeichnet wurde. Dem folgten nicht nur einige Fortsetzungen der „Ulldart“-Reihe und einige SHADOWRUN-Romane, sondern auch die Bestseller „Die Zwerge“ und „Der Krieg der Zwerge“ sowie inzwischen auch „Die Rache der Zwerge“. Damit ist er zu einem der erfolgreichsten Fantasy-Autoren Deutschlands geworden. „Ritus“ ist sein neuester Roman und wird, voraussichtlich im August, mit „Sanctum“ fortgesetzt.

_Mein Eindruck_

Die Geschichte der „Bestie vom Gévaudan“ ist in Frankreich das, was bei den Briten „Jack the Ripper“ ist. Tatsächlich wurden in den 60er Jahren des 18. Jahrhunderts im Süden Frankreichs etliche Menschen, und vor allem Kinder, getötet und bestialisch zerfleischt. Sogar ein Museum ist der Bestie gewidmet, obwohl die Morde niemals aufgeklärt wurden und es bis heute im Dunkeln verborgen liegt, wer oder was die „Bestie vom Gévaudan“ war.

Einigen wird die Story bekannt vorkommen, denn der Film „Pakt der Wölfe“ beschäftigt sich mit der gleichen Legende. Heitz schließt sich der Interpretation des Filmes nicht an, sondern spinnt aus dem Stoff der Geschichte einen spannenden Werwolfroman.

Dadurch, dass er zwei Geschichten aus jeweils verschiedenen Regionen und Zeitepochen erzählt, einmal im frühneuzeitlichen Frankreich und einmal im Nordost-Europa des 21. Jahrhunderts, wird die Lektüre extrem kurzweilig, denn die Geschichten bilden einen interessanten Kontrast: Klassischer Horror trifft auf schnelle durchgestylte Action, frühneuzeitlich religiös geprägtes Denken auf wissenschaftlich rationales Kalkül.

So hat Eric die Werwolfjagd schon beinahe perfektioniert, weshalb ihm auch dementsprechend viele Wandelwesen zum Opfer fallen, ganz im Gegensatz zu Jean, der lange Zeit vergeblich versucht, die Bestie zu stellen. Durch den Zeitsprung, der mit jedem Kapitel erfolgt, ist eine enorme Abwechslung geboten, die den Leser an das Buch fesselt. Zudem verkommt „Ritus“ nicht zu einem reinen Zähne-und Klauen-Gemetzel, denn der Horror ist gut dosiert.

Desweiteren schafft es Heitz, nicht nur seinen Protagonisten eine Persönlichkeit einzuhauchen, sondern auch die Nebencharaktere sind liebenswert gestaltet. Da wären etwa der Moldawier Malesky, die Äbtissin Gregoria oder die Wolfsforscherin Lena zu nennen, die alle ihren ganz eigenen Charme haben und weit davon entfernt sind, bloße Stichwortgeber zu sein, wie es so oft in actionlastigen Romanen vorkommt. Auch die vermeintlichen Protagonisten sind alles andere als stromlinienförmige Superhelden, denn die beiden haben so ihre ganz eigenen Probleme und Macken, so dass besonders Jean mit extremen persönlichen und ethischen Problemen konfrontiert wird und daran zu zerbrechen droht. Selbst die Werwesen sind nicht nur dumme Fressmaschinen, sondern intelligent, gerissen und mit einer eigenen Persönlichkeit ausgestattet.

Die Orte, an denen die Handlung spielt, sind sehr plastisch und anschaulich beschrieben. Hier ist besonders die Szene zu nennen, in der Eric mit seinem Porsche Cayenne durch den Englischen Garten in München rast: Durch die genaue Beschreibung, wo er sich gerade befindet und welche Punkte des Gartens er passiert, hat man Gefühl, auf dem Beifahrersitz zu sitzen, zumal die Szene auch noch ziemlich witzig ausgestaltet ist.

Sowohl positiv als auch negativ schlägt zu Buche, dass sich Heitz mit den Werwolfsmythen aus der ganzen Welt auseinander gesetzt hat. Positiv deshalb, weil er es sich so ermöglicht hat, nicht nur den wölfischen Archetyp zu benutzen. Negativ, weil er davon leider nur wenig Gebrauch macht. Zwar kommen auch Werschakale vor, doch ist der Unterschied zwischen einem Wolf und einem Schakal nicht so groß, dass er als exotisch zu bezeichnen wäre. Heitz regt die Phantasie an, welche verschiedenen Wandelwesen es noch geben könnte, doch befriedigt er sie dann nicht. Man wird sozusagen angefüttert und dann nicht zufrieden gestellt, so dass man gespannt sein darf, ob in der Fortsetzung „Sanctum“ noch einige exotische Wandelwesen auftauchen.

Etwas merkwürdig mag der Schluss des Romans anmuten, da der Leser fast komplett im Ungewissen gelassen wird, was speziell den ungeduldigen Konsumenten bitter aufstoßen dürfte, denn aufgeklärt wird nur wenig. Doch muss man hier berücksichtigen, dass von Anfang an klar war, dass „Ritus“ als zweiteiliger Roman konzipiert worden ist, der erst in „Sanctum“ seinen Abschluss findet. Wer also wirklich so neugierig ist, dass ihn so etwas stören könnte, sollte lieber noch warten, bis „Sanctum“ erschienen ist, und dann beide Romane hintereinander lesen.

Störend sind die zahlreichen Rechtschreib- und Grammatikfehler, hier hätte man seitens des Lektorats/Korrektorats wirklich mehr Sorgfalt erwarten können, denn solche Fehler sind für den Leser besonders ärgerlich und behindern den Lesefluss. Ausdrücklich lobenswert ist die ansprechende Umschlaggestaltung, in düsterer unheimlicher Optik, mit roten hervorstehenden Lettern, die den Buchtitel darstellen, und einem skelettartigen Baum im Hintergrund. Das passt einfach!

_Fazit:_ Es gibt wenige wirklich gute Werwolfromane. „Ritus“ zählt auf jeden Fall zu den „Perlen“ dieses Genres: Klassischer Horror, stylische Action, zwei verschiedene Geschichtsepochen, wirklich interessante Charaktere und die Interpretation eines wahren Hintergrundes machen ihn zu einem wahren Lesevergnügen, auf dessen Fortsetzung man gespannt sein darf.

Home

|Markus Heitz bei Buchwurm.info|:

[Interview mit Markus Heitz]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=56
[Schatten über Ulldart 381 (Die Dunkle Zeit 1)
[Trügerischer Friede 1732 (Ulldart – Zeit des Neuen 1)
[05:58 1056 (Shadowrun)
[Die Rache der Zwerge 1958
[Die dritte Expedition 2098

Schreibe einen Kommentar