Heller, Jane – geliehene Mann, Der

Amy Sherman arbeitet in einem großen Verlagshaus, besitzt ein nettes Apartment in Manhatten und führt eigentlich ein glückliches Leben – bis sie auf der Straße zufällig ihrer Erzfeindin begegnet. Tara Messer war früher seit Schulzeiten ihre beste Freundin, bis Amy sie vor vier Jahren eines Tages mit ihrem damaligen Verlobten Stuart im Bett erwischte. Die Freundschaft zerbrach auf der Stelle, Stuart und Tara heirateten und Amy blieb verlassen zurück, betrogen von den zwei wichtigsten Menschen in ihrem Leben. Tara moderiert inzwischen eine Radiosendung, während Stuart als Vorstand der familieneigenen Feinkostkette fungiert. Tara sieht nicht nur blendend aus, sondern schwelgt auch noch in Reichtum und offenbar in einer glücklichen Ehe. Um ihrer Rivalin keinen Triumph zu gönnen, erzählt Amy, sie sei mit ihrem Traummann verlobt und heirate demnächst. Da sie davon ausgeht, dass sie Tara nie wieder sehen wird, macht sie sich über ihre Lüge keine weiteren Gedanken.

Leider erfährt Amy kurz darauf, dass ihre Notlüge Folgen nach sich zieht. Ihre Chefin eröffnet ihr, dass ausgerechnet ihr Verlag Taras Lifestyle-Buch „Einfach schön“ mit Tipps zum schöneren Leben herausbringen wird. Amy soll die Promotion dafür übernehmen und alle weiteren Pläne mit Tara abklären. Um ihren Job nicht zu gefährden, lässt sich Amy widerwillig darauf ein. Dabei steht sie aber bald vor einem Problem, denn Tara will unbedingt Amys Verlobten kennen lernen und gleichzeitig die alte Freundschaft wiederbeleben. Für Amy steht fest: Ein Mann muss her und zwar am besten einer, der Tara schwer beeindruckt. Nach und nach scheiden alle Männer in Amys Bekanntenkreis dafür aus. Da erfährt sie per Zufall, dass Tara von Tony Stiles, einem Krimiautor aus Amys Verlag, schwärmt. Tatsächlich ist Tony Stiles sehr attraktiv, beruflich erfolgreich, hat oft mit Amy zu tun und wäre ideal für die Rolle ihres Alibi-Verlobten. Es gibt nur einen Haken – Amy und Tony können sich nicht leiden.

Doch Amy will sich diese Chance nicht entgehen lassen. Sie setzt alles ein, um Tony zu umgarnen und sein Vertrauen zu gewinnen, damit er sich auf das Spiel einlässt. Dabei stellt sich überraschend heraus, dass Tony gar nicht so unsympathisch ist, wie es den Anschein hatte …

Das Prinzip von Jane Hellers Romane funktioniert immer ähnlich: Im Mittelpunkt steht eine Frau zwischen dreißig und vierzig, beruflich erfolgreich, aber Langzeitsingle, die in humorvollem Tonfall von ihrem Leben erzählt und auf überraschenden Umwegen zu ihrem Traummann kommt. Ein Happy-End ist, trotz aller Wirrungen, unvermeidlich, weshalb Jane Hellers Romane sehr vorhersehbar sind. Dass sie trotzdem für gute Unterhaltung sorgen, liegt vor allem an der witzigen und lockeren Präsentation und der auf Sympathie getrimmten Hauptfigur.

|Durchschnittsfrau als Identifikationsfigur|

Wer bereits andere Romane der Autorin gelesen hat, wird bei der Ich-Erzählerin womöglich ein Déjà-vu verspüren. Ihr Hauptziel ist es, die Leserin zu ihrer Verbündeten zu machen und zur Identifikation einzuladen. Aus diesem Grund ist Amy Sherman eine sympathische Frau mit beruflichem Erfolg, aber keine überragende Schönheit und vor allem mit diversen Macken ausgestattet. Sie ist keine perfekte Barbiepuppe wie ihre einstige Freundin Tara, sondern eine natürliche Frau, die ihre Umwelt mit viel Ironie und sich selber mit ebenso viel Eigenhumor betrachtet und kommentiert. Der geneigten Leserin fällt es leicht, sich zu Amy hingezogen zu fühlen, vor allem im Kontrast zu Tara Messer, die geradezu dem Klischee einer Konkurrentin entspricht. Trotz des guten Ausgangs, an dem man nie wirklich Zweifel hat, muss sich Amy im Verlauf der Handlung durch einige Probleme quälen und brenzlige Situationen meistern, von denen man viele aus dem eigenen Leben erkennt. Umso erfrischender ist es, dass Amy mit ihrer trockenen Art diesen Widrigkeiten mit Sarkasmus begegnet, die alles halb so schlimm aussehen lassen. Ob es die aufgetakelte Erzfeindin, die stressige Chefin oder der Klatsch verbreitende Assistent ist, alles wird mit einer ordentlichen Portion Galgenhumor betrachtet, die man sich selber in solchen Lagen herbeizuwünschen pflegt. Dabei darf man nicht vergessen, dass das Thema des Romans den Stoff für ein Drama geboten hätte – Fremdgehen und Betrug von der besten Freundin, Liebeslügen und berufliche Strapazen sind hier auf dem Parkett vereint, allerdings wohlbemerkt immer mit einem Augenzwinkern und schwarzem Humor präsentiert.

|Vorhersehbare Lovestory|

Dennoch reicht dieser Roman in keiner Hinsicht an andere Werke von Jane Heller heran. Einer der Gründe dafür ist, dass die meisten der Vorgänger die altbekannte Lovestory mit Hindernissen mit einer kriminalistischen Handlung kombinierten. Stets gerät dabei die Protagonistin per Zufall in ein Mordkomplott hinein, ermittelt auf eigene Faust, lernt dabei den Mann ihrer Träume kennen und überführt am Ende, nach einem furiosen Showdown, den Mörder. Selten wurden Mörderjagden amüsanter beschrieben als bei Jane Heller, sodass es letztlich fast nebensächlich ist, wer der Täter war, weil man es bedauert, dass seine Festnahme die witzigen Ermittlungen der Ich-Erzählerin beenden. Die Romane aber, in denen Jane Heller diese soliden Pfade verlässt und sich auf die Lovestory allein konzentriert, fallen in ihrem Charme und ihrer Überzeugungskraft deutlich dagegen ab. Das gilt in eingeschränktem Maß für „Fahr zur Hölle, Liebling“ und offensichtlicher für „Wer zuletzt lacht“ und so auch hier. Zwar tangiert auch hier im letzten Drittel ein mögliches Verbrechen die Handlung, doch dieses kriminalistische Element wirkt aufgesetzt und kann keinem Vergleich mit den Killerjagden früherer Werke standhalten. Dieses Prinzip wirkt sich auch negativ auf die Vorhersehbarkeit aus. War es früher nicht so schlimm, dass man den guten Ausgang schon ahnte, weil man immerhin noch rätseln konnte, wer der Täter ist und wer ihm bis zu seiner Ergreifung noch zum Opfer fällt, so ist es hier schon schwerer, sich von der Handlung fesseln zu lassen. Gerade die anfängliche offenkundige Abneigung zwischen Amy und Tony ruft eher Langeweile hervor. Bereits bei der ersten Begegnung der beiden weiß man, dass es letztlich auf eine Beziehung zwischen ihnen hinauslaufen wird. Zunächst sorgen noch die bissigen Wortduelle der beiden für Unterhaltung, aber auch das hat ein Ende, als sich Tony viel zu rasch auf das Verlobungs-Spiel mit Amy einlässt. Dabei legt er auch noch, um die Übertreibung zu vervollständigen, eine solche Bereitwilligkeit an den Tag, dass man sich als Leser fast über diese Konstruktion ärgert. Selbst wenn sich die beiden plötzlich extrem sympathisch finden, ist das noch kein plausibler Grund, damit sich Tony ohne Zögern über Monate hinweg als Verlobter ausgibt – und das auch noch, wo er ihr zuvor erklärte, dass er eine entschiedene Abneigung gegen Lügen besitzt. Zwar treten gegen Ende des Buches noch einmal Schwierigkeiten und Vertrauensprobleme zwischen dem frischgebackenen Pärchen auf, aber auch hier ist klar, dass das Happy-End nur verzögert, nicht verhindert wird.

|Aus Feind wird Freund|

Zu geradlinig verläuft auch die Versöhnung zwischen Amy und Tara. Ein uneingeschränktes Happy-End gibt es hier zwar nicht, aber dafür, dass Amy sich einst zutiefst von ihr verraten fühlte, kommen sich die Frauen wieder sehr nah. Um diese Entwicklung zu unterstützen, findet etwa in der Mitte des Romans ein Perspektivenwechsel statt. Statt Amy erzählt nun Tara aus ihrer Sicht die Dinge, die zu ihrer Ehe mit Stuart geführt haben und wie sie die Wiederbegegnung mit ihrer einst besten Freundin empfunden hat. Der Clou dabei ist, dass Tara natürlich in mancherleih Hinsichten nicht ganz so schuldig ist wie von Amy gedacht und hinter ihrer Fassade so manches Problem lauert, das man angesichts des perfekt inszenierten Barbie-Lebens nicht vermuten würde. Allerdings erwartet man bei einem solchen Perspektivenwechsel beinah zwangsläufig, dass der Erzähler die Dinge anders sieht und man mit einer ganz neuen, gegensätzlichen Sicht konfrontiert wird. Eine echte Überraschung hat Taras Erzählung daher für den Leser kaum zu bieten. Spätestens nach den ersten Seiten hat man begriffen, worauf ihre Darstellung der Ereignisse hinausläuft, sodass der Unterhaltungswert in dieser Phase noch einmal gebremst wird. Die Handlung an sich ist natürlich extrem unrealistisch, was man sich auf jeden Fall schon vor dem Lesen klarmachen muss.

|Lockere Unterhaltung|

Ein Plus dagegen ist wiederum der Schreibstil, der keine weiteren Anforderungen an den Leser stellt. Die Ich-Erzählerin spricht mit lockerer Zunge und wendet sich hin und wieder mit einer rhetorischen Frage sogar direkt an die Leser, angenehmerweise aber ohne damit zu penetrant zu werden. Wenn einem dieser joviale Tonfall zusagt, wird man leicht dazu verführt, das Buch in einem Rutsch herunterzulesen

_Fazit_

Ein leicht zu lesener und mit lockerer Feder geschriebener Frauenroman, der sich mit viel Humor mit dramatischen Themen wie Fremdgehen, Betrug in Freundschaften und problematischen Liebesbeziehungen befasst. Der flüssige Stil sorgt dafür, dass man das Buch innherhalb kurzer Zeit ohne große Konzentration durchlesen kann. Abzüge gibt es allerdings für die Vorhersehbarkeit und die mangelnde Spannung. Alles in allem ein durchschnittlicher Roman der Autorin, die es in ihren Krimis sehr viel besser kann.

_Jane Heller_ wurde 1950 in New York geboren. Sie arbeitete mehrere Jahre lang im Verlagsgeschäft, ehe sie selber zu schreiben begann. Heute lebt sie mit ihrem Ehemann in Florida. Weitere Werke sind u. a.: „Die Putzteufelin“, „Wie Feuer und Wasser“, „Willkommen im Club“ und „Liebe im Preis inbegriffen“.

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