Henn, Dirk – Alhambra – Das Würfelspiel

_Der Klassiker im neuen Gewand_

Seit nunmehr knapp vier Jahren begeistert Dirk Henns Spiel des Jahres 2003, „Der Palast von Alhambra“, Brettspielfans auf der ganzen Welt. Dabei gingen die Meinungen bezüglich der Preisverleihung damals noch recht weit auseinander. Während einige sich regelrecht echauffierten, dass der Titel von |Queen Games| mit dem Kritikerpreis versehen wurde, waren andere hingegen absolut überzeugt davon, dass man die richtige Wahl getroffen hat. Nun, mit etwas Distanz, zeigt sich, dass die Jury richtig lag. „Alhambra“ hat sich international durchgesetzt, ist mittlerweile gleich viermal erweitert worden und hat in Form von „Die Gärten von Alhambra“ sogar noch ein kleines Schwesterchen bekommen.

Für Dirk Henn war die Spielwelt der Kalifen jedoch noch lange nicht ausgereizt. Pünktlich zur vergangenen Essener Messe präsentierte er sein neuestes Produkt aus der Erfolgsreihe, „Alhambra – Das Würfelspiel“. Hm, ein Würfelspiel? Glück statt Taktik? Auch hier waren die Bedenken zunächst wieder groß – doch einmal mehr belehrte Henn die Skeptiker eines Besseren und baute das Konzept des Basisspiels um einige entscheidende Schritte aus. So gehört sich das für eine gelungene Spielvariante!

_Spielmaterial_

• 1 Spielplan
• 8 weiße und 1 schwarzer Würfel
• 26 Bonus-Chips
• 1 Startspieler-Chip
• 1 achteckiger Kalifenstein
• 30 achteckige Setzsteine
• 36 Gebäudesteine
• 1 Würfelbecher aus Leder
• 1 zusätzliches Turmplättchen (für die Alcazaba-Variante)

_Spielidee_

Die Idee hinter dem Würfelspiel zu „Alhambra“ ist leicht erklärt. Es geht wieder darum, möglichst viele der sechs verschiedenen Gebäudetypen in seinen Besitz zu bringen und bei drei verschiedenen Wertungen möglichst viele Siegpunkte einzuheimsen. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass man die Gebäude nun nicht mehr für unterschiedliche Währungen kaufen muss, sondern sie mit Hilfe von acht Gebäudewürfeln erwürfelt. Das Prinzip ist dabei ähnlich wie beim Würfelspielklassiker „Kniffel“. Die besten Chancen bei der Verteilung der sechs Gebäudetypen hat derjenige, der die meisten Symbole einer Gebäudeart in seinen drei Würfen erzielt.

Allerdings gibt es nun auch noch zwei verschiedene Spielvarianten, nämlich das Grundwürfelspiel sowie die Alcazaba-Variante, die jedoch nur mit dem Grundspiel „Der Palast von Alhambra“ zu spielen ist. In beiden Spielen ist das Ziel das gleiche, nur der Weg dorthin ist jeweils ein anderer. Was genau dahinter steckt und wie die beiden Fassungen funktionieren, soll nun im Folgenden etwas ausführlicher erklärt werden.

_Das Grundwürfelspiel_

|1.) Vorbereitung|

Vor jeder Partie wird der Spielplan mit der Vorderseite nach oben in die Mitte des Tisches gelegt. Anschließend erhält jeder Spieler sechs Gebäudesteine und abhängig von der Spielerzahl zwischen drei und fünf Setzsteine in seiner Farbe. Den Zählstein legt man auf die Startposition der Siegpunktleiste. Die Bonus-Chips mit der dunklen Rückseite werden heraussortiert und für die letzte Runde bereitgelegt. Die übrigen Chips werden verdeckt gemischt und mit Stapeln zu jeweils fünf Chips neben das Spielfeld gelegt. Der Startspieler wird ausgelost und erhält als Erster den Kalifenstein. Jetzt beginnt der Würfelspaß!

|2.) Spielverlauf|

„Alhambra – Das Würfelspiel“ wird in genau fünf Runden gespielt; die Dauer einer Runde ist dabei abhängig davon, wie viele Setzsteine im Spiel sind. Sobald alle auf dem Plan verteilt sind, ist eine Runde zu Ende. Nach der ersten, dritten und letzten Runde kommt es dabei zu einer Wertung, in der Zwischen- und Endstände ermittelt werden.

Vor einer Runde werden jedes Mal die Bonus-Chips neu platziert. Mit dem schwarzen Würfel wird zunächst ermittelt, auf welchem freien Feld der Startspieler-Chip abgelegt wird. Anschließend nimmt man dann einen der zuvor präparierten Chip-Stapel und legt die Chips auf die übrigen Felder jeweils unter einer Gebäudeart aus. In der letzten Runde verwendet man dann statt der ’normalen‘ Chips die dunkel markierten.

Beginnend mit dem Startspieler darf jeder Spieler nun während seines Spielzugs genau dreimal würfeln, und zwar mit allen acht weißen Würfeln. Vergleichbar wie beim „Kniffel“-Spiel kann er dabei beliebig viele Würfel rauslegen oder wieder zurück in den Becher packen. Die Würfel, die nach dem dritten Wurf ausliegen, sind entscheidend. Nun wählt der Spieler eine erwürfelte Gebäudeart aus und platziert einen Setzstein auf das Feld mit der entsprechenden Anzahl der gewürfelten Gebäudesymbole dieser Gebäudeart. Für jede Anzahl gibt es pro Gebäude genau drei Felder, die jedoch unterschiedlich angeordnet sind. Der Spieler, der beispielsweise als Erster sechs Gärten gewürfelt hat, ist demjenigen, der später in dieser Runde dieselbe Zahl erreicht hat, in der Endabrechnung überlegen, weil er dieses Ergebnis als erster erzielt hat. Daher ist auch der Posten des Startspielers, speziell bei mehr als drei Spielern, äußerst lukrativ. Nachdem er nun seinen Setzstein ausgelegt hat, wird reihum weitergespielt und gewürfelt, bis jeder seine Setzsteine positioniert hat.

Nach einer Runde wird dann das Gesamtergebnis festgehalten. Bei allen Gebäuden darf der Spieler mit dem jeweils besten Würfelpasch dieser Gebäudeart nun zwei Felder vorwärts ziehen. Der Zweitbeste – das kann auch derselbe Spieler sein – zieht indes ein Feld voran. Außerdem erhält der Zweitplatzierte neben dem Gebäudepunkt auch noch den Bonus-Chip, der in der entsprechenden Spalte liegt.

|3.) Bonus-Chips|

Die Bonus-Chips, die man nach jeder Runde erhalten kann, sind für den Spielverlauf nicht zu unterschätzen. Zum Beispiel gibt es hier wertvolle Chips, die einem bei jeder noch ausstehenden Wertung bis zu drei Siegpunkte verschaffen. Weiterhin kann man das Würfelergebnis entweder noch mit einem zusätzlichen schwarzen Würfel verstärken oder sogar einen ganzen Wurf annullieren. Auch auf die Gebäude- und Setzsteine können die Chips eine Auswirkung haben; so kann man den Chip zum Beispiel einsetzen, um bei einer anderen Gebäudeart ein Feld zurückzuziehen, dafür aber anderweitig ein Feld vorrücken und sich so bei lukrativeren Gebäudepunkten Möglichkeiten verschaffen. Die letzte Möglichkeit, die einem die Chips bieten, besteht darin, bei einem später erzielten Gleichstand dennoch an die erste Position zu rücken, wohingegen man sich im Normalfall hinten anreihen muss. Manchmal ist es also gar nicht mal so schlecht, nach einer Runde nur den zweiten Platz zu erreichen …

|4.) Wertung|

Nach der ersten, dritten und fünften Runde werden die Gebäudepunkte und eventuell erhaltene Bonus-Chips gewertet. Die Punkteverteilung funktioniert dabei genauso wie beim Standard-„Alhambra“. Der Spieler mit den meisten Gebäudepunkten bekommt in der ersten Wertung Siegpunkte für die entsprechende Gebäudeart, in der zweiten Wertung wird hierbei auch der zweitbeste gewertet, und in der letzten Wertung kommen sogar drei Spieler zum Zuge. Die Gesamtpunktzahl wird ebenfalls wie gehabt auf der Siegpunktleiste festgehalten.

|5.) Spielende|

Nach der dritten Wertung endet das Spiel. Die letzten Siegpunkte werden abgerechnet und der Sieger ermittelt. Dies ist natürlich derjenige, der zum Ende auf der Siegpunktleiste die Nase vorn hat.

_Die Alcazaba-Variante_

In der zweiten Spielvariante des Würfelspiels stellt Autor Dirk Henn wieder den direkten Bezug zur Basisversion des Spiels her und ermöglicht eine wirklich sinnige Kombination. Im Vergleich zum eigentlichen Grundspiel hat Henn hier auch wieder verstärkt Wert auf die taktische Komponente gelegt und das Spielprinzip von „Der Palast von Alhambra“ im Grunde genommen vollständig übernommen. Der einzige Unterschied: Statt die Gebäude auf dem Bazar zu kaufen, muss man sie nun erwürfeln.

|1.) Vorbereitung|

Für die Kombination der beiden Titel benötigt man noch einiges Zusatzmaterial aus der Schachtel von „Der Palast von Alhambra“. Ergänzt wird das Spiel nun um alle 54 Gebäudeplättchen, den Stoffbeutel zum Nachziehen sowie pro Spieler ein Startbrunnen-Plättchen und ein Reservefeld. Außerdem wird noch das zusätzliche Turmplättchen gebraucht.

Vor der Partie werden nun die Gebäudeplättchen farblich sortiert. Anschließend bildet man insgesamt fünf Stapel mit jeweils einem Plättchen jeder Gebäudeart. Die übrigen Plättchen werden in den Beutel gelegt und darin noch einmal gut durchgemischt. Die Setzsteine und der Siegpunktstein werden ausgehändigt, Letzterer auf die Startposition der Leiste gelegt. Zu beachten ist hier auch noch, dass „Alcazuaba“ auf der Rückseite des Spielplans gespielt wird. Nun wird nur noch der Startspieler ermittelt, und das Spiel kann beginnen.

|2.) Spielablauf|

Die Spielrunden verlaufen in der zweiten Variante genauso wie auch beim Grundspiel. Die Spieler würfeln mit den weißen Würfeln die Gebäude aus und platzieren ihre Setzsteine dem Ergebnis entsprechend auf den Feldern der Gebäude. Dieses Mal sind die Gebäude jedoch ganz anders verteilt. Vor jeder Runde werden nämlich jetzt fünf Gebäudeplättchen aus dem Beutel gezogen und zusammen mit einem der eben sortierten Nachziehstapel auf die Gebäudefelder auf dem Spielplan ausgelegt. Nachdem nun gewürfelt wurde, darf sich der Spieler mit dem besten Ergebnis als Erster ein Gebäudeplättchen aussuchen, usw. Sollten keine weiteren Gebäude mehr ausliegen, hat man das Nachsehen und geht leer aus. Nun aber der Clou: Man nimmt die Plättchen nun an sich und legt sie um seinen Startbrunnen herum aus, ganz genau so wie bei „Der Palast von Alhambra“. Die Stadtmauerregeln von sind dabei natürlich auch zu beachten. Außerdem besteht auch während einer Runde die Möglichkeit, seine Alhambra umzubauen. Dies kann man genau dann realisieren, wenn man in einem Spielzug erst zweimal gewürfelt hat und sich entscheidet, dies einem eventuell schlechten Würfelergebnis vorzuziehen. Anders gesagt: Ein Umbau kostet einen Setzstein. Weiterhin kann man auch ein Gebäude, das wegen der Mauerregeln nicht angelegt werden kann, zunächst in sein Reservefeld legen und zu einem späteren Zeitpunkt zum selben Preis in seine Alhambra stellen.

|3.) Wertung|

Das Prinzip der Wertungen verändert sich ebenfalls nicht. Es gibt drei Wertungen nach den Runden eins, drei und fünf, wobei dieses Mal zusätzlich zu den Gebäuden auch noch die Länge der Stadtmauer gewertet wird.

|4.) Spielende|

Auch hier gilt: Nach drei Wertungen, also nach fünf Runden ist das Spiel zu Ende; der Spieler mit den meisten Siegpunkten gewinnt.

_Meine Meinung_

Kaum zu fassen, was Dirk Henn aus seiner Alhambra-Welt noch so alles hervorzaubert. Nachdem es dem Autor bislang im Jahrestakt gelungen war, jeweils eine Erweiterung zum Basisspiel zu kreieren, hat er nun andere Wege beschritten, um „Der Palast von Alhambra“ zu erweitern und dabei einmal mehr mitten ins Schwarze getroffen. Interessant ist bei „Alhambra – Das Würfelspiel“ vor allem, dass das Spiel in zwei unterschiedliche Varianten aufgeteilt ist. Einmal die etwas besser ausgestattete „Kniffel“-Version, bei der das Glück größtenteils ausschlaggebend ist, und zum anderen die für Strategie- und „Alhambra“-Fans sicherlich interessantere Alcazaba-Fassung, die man übrigens aufgrund des imaginären dritten Spielers auch wunderbar zu zweit spielen kann.

Henn hat in der letztgenannten Version einige willkommene neue Facetten ins grundlegende Spielprinzip integriert, ohne dabei das Prinzip selber stark zu verändern. Fans des einstigen Spiels des Jahres werden sich hier zum Beispiel sicherlich sofort zurecht finden, weil es auch hier darum geht, seine Alhambra gleichmäßig zu erweitern und ganz genau zu planen, bei welcher Gebäudeart man am besten als nächstes sein Würfelglück versucht. Die Strategie, einfach mal zu würfeln und dann zu sehen, was man daraus macht, funktioniert hier deshalb auch nicht. Die Befürchtung, „Alhambra – Das Würfelspiel“ sei zu stark an „Kniffel“ orientiert, bestätigt sich aus eben jenen Gründen schließlich auch nicht, denn es geht hier um mehr als nur darum, möglichst viele Symbole einer Gebäudeart zu würfeln. Möglicherweise ist es nämlich völlig unnütz, die Maximalzahl von acht Serails zu werfen, wenn sie einem in einer späteren Wertung eh nichts mehr bringen. Allerdings wird das taktische Vorgehen wiederum dadurch erschwert, dass man sich sein Würfelresultat ja nun auch nicht wünschen kann und man auch nur eine begrenzte Anzahl von Setzsteinen hat, so dass eine gezielte Planung dringende Voraussetzung für Ambitionen zum Sieg ist.

Entscheidend ist indes, dass einem das Würfelspiel echt eine Menge Spaß bringt. Ob nun das Glück oder doch die bessere Taktik entscheidet (in der Regel ist Letzteres der Fall), das Spiel ist immer bis zum Ende spannend, weil man mit zwei oder drei unglücklichen Würfeln schnell wieder von der Siegerstraße verdrängt werden kann und ein Sieg erst dann sicher ist, wenn man den letzten Stein bewegt hat. Zudem gefällt einfach die vertraute Umgebung, in der man sich als erprobter Spieler sofort wieder heimisch fühlt und der einst ausgelösten Sucht schnell wieder verfällt. Richtig lohnenswert ist das Ganze allerdings erst, wenn man auch schon im Besitz von „Der Palast von Alhambra“ ist. Erst dann kann man sämtliche Möglichkeiten ausreizen, und erst dann wird einem auch bewusst, welch überraschend großes Potenzial sich mal wieder hinter diesem neuen „Alhambra“-Produkt verbirgt. Da kann man jetzt schon wieder gespannt sein, was Henn sich als nächstes ausdenkt. Dieses tolle Würfelspiel muss er erst einmal übertreffen!

http://www.queen-games.de

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