Hennen, Bernhard – Albenmark, Die (Elfenritter 2)

Die |Elfenritter|-Trilogie:
Band 1: [Die Ordensburg 4578
Band 2: _Die Albenmark_
Band 3: Das Fjordland

|Man mag von großen Schlachten in fernen Heidenwäldern hören. Der wirkliche Krieg jedoch wird mitten unter uns ausgetragen. (…) Sie sind unter uns. Und sie sind nicht nur im Schatten. Im Lichte, wo man sie nicht sucht, sind sie am stärksten. (…) Ihre Waffen sind Heimlichkeit und Täuschung. Und das grausamste ihrer Spiele ist die Erschaffung von Wechselbälgern. (…) Blitzschlag, missgebildetes Vieh, ein Hagel aus heiterem Himmel, der die Ernte vernichtet. Das sind ihre Waffen im heimlichen Krieg. Nur ein Fragender, ein Priester, der besonders fest im Glauben ist, kann dann noch Rettung verheißen. (…) So wie die Ritter in der Ferne kämpfen, schlagen sie ihre Schlachten mitten unter uns, und das reinigende Feuer ist ihre Waffe, wenn Seelen verloren scheinen.|

Aus: |Der Heidenhammer|, von Henri Épicier.

Immer noch ist Prinzessin Gishild in der Ordensburg der Neuen Ritterschaft in Valloncour gefangen. Sie hofft auf eine Rettung, die nicht kommt, denn ihre Beschützerin Silwyna starb, bevor sie Nachricht vom Überleben Gishilds ins Fjordland bringen konnte.

Doch auch zartere Bande binden Gishild an die Feinde des Fjordlands: Mit der Zeit erweicht auch ihr hartnäckiger Widerstand, sie lernt ihre Kameraden und Lehrer zu schätzen und zu lieben; insbesondere Luc: Aus Zuneigung entwickelt sich eine tiefe Liebe.

Luc beweist bei einem Unglück erneut seine heilenden Kräfte: Er überlebt eine Wunde, die ihn hätte töten müssen, ohne dass eine Narbe zurückbleibt. Er wird einer Prüfung auf Leben und Tod überantwortet, bei der die geheime Bruderschaft vom Heiligen Blut feststellt, dass seine Gabe tatsächlich diejenige Guillaumes und kein Albenwerk ist. Das Schwert des Primarchen Leon schwebte schon über seinen Nacken, doch nun leistet er Luc Abbitte und führt ihn in die geheime Bruderschaft ein, stärkt das Selbstbewusstsein des Zweiflers Luc, der sich zum glühenden Anhänger Tjureds entwickelt und Gishild nicht in sein Geheimnis einweiht. Doch auch seine Liebe zu Gishild wird nicht nur geduldet, sondern insgeheim gefördert. Immer noch träumt der Orden davon, den Krieg in die Albenmark zu tragen, und Lucs starke Begabung könnte der Schlüssel zum Sieg sein; denn seine heilende Gabe wirkt auf Elfen und andere Albenkinder tödlich, sie ist das hinterhältige Geschenk des elfenhassenden Devanthars an die Blutlinie seines Sohns Guillaume, dem ersten Heiligen der Tjuredkirche.

Nach langen Jahren erst gelangt der Elfenfürst Tiranu unter merkwürdigen Umständen an Hinweise auf den Aufenthaltsort Gishilds. Er findet die letzten von Silwyna in den Stein gekratzten Worte, Gishild und Valloncour. Elfenkönigin Emerelle beauftragt ihn und Ollowain mit einer Rettungsaktion. Doch diese steht unter keinem guten Stern.

Ausgerechnet am Hochzeitstag Gishilds mit Luc greifen die Elfen mit Unterstützung der Adler die Ordensburg an. Doch der verschlagene Honoré hat von ihrem Plan erfahren und stellt ihnen eine Falle. Seine schwarze Schar lauert den Elfen auf, Arkebusiere mit für Elfen tödlichen Bleikugeln stehen bereit. Nur den Primarchen Leon hat er nicht gewarnt, denn er hofft, seine Nachfolge antreten zu können.

Gishild wird vor Lucs Augen entführt, er selbst vom Schwertmeister Ollowain wie ein Schüler entwaffnet, viele seiner Lanzenkameraden und Lehrer werden getötet. Der in der Folge zum Primarchen aufsteigende Honoré wird sein Freund und Vertrauter, und Luc lernt die Elfen zu hassen; seine Zweifel an Tjured sind endgültig beseitigt. Die Spitzel des Primarchen schaffen es, Briefkontakt zwischen den Liebenden herzustellen. Durch geschickte Zensur gelingt es Honoré, Lucs und Gishilds Gefühle zu lenken.

Im Fjordland wird Gishild in eine ihr fremd gewordene Welt geworfen. Viele Jarls geben nur widerstrebend ihre Macht ab, in den Jahren ohne König sind sie selbstherrlich geworden. Nur die Leibwache der Mandriden und ihre Elfenverbündeten halten zu ihr. Gishild kann sich als mutige Kriegerkönigin beweisen, die gute Ausbildung der Ordensritter und das Wissen um ihre Taktiken helfen ihr. Doch viele Traditionen des Nordens erscheinen ihr, die unter den in Sachen Geschlechterrollen viel liberaleren Ordensrittern aufgewachsen ist, mittlerweile rückständig und barbarisch. Sie wird zwangsverheiratet, willigt widerstrebend ein. Doch sie ist stolz und unerbittlich, herrscht an Stelle ihres Königs, gewährt ihm keine Liebe oder Nachkommen.

Dank eines verräterischen Lutins gelingt es den Ordensrittern, eine Seeverbindung zwischen der Menschenwelt und der Albenmark herzustellen. Die Flotte des Blutbaums greift unter Lucs und Honorés Führung überraschend Vahan Calyd an, zur Zeit der jährlichen Krönungszeremonie Emerelles, um mit ihrem Tod das Schicksal des Fjordlands und der Albenmark zu besiegeln.

_Der Autor_

Bernhard Hennen (* 1966) studierte Germanistik, Geschichte sowie Vorderasiatische Altertumskunde und lebt mit seiner Familie in Krefeld. Er machte sich bereits mit seiner |Elfen|-Trilogie („Die Elfen“, „Elfenwinter“, „Elfenlicht“) einen Namen und stürmte mit ihr die Bestsellerlisten. Davor schrieb er DSA-Romane, unter anderem mit Wolfgang Hohlbein. Seine Spezialität ist die Kenntnis nordischer Mythologie, auf deren Grundlage er die Albenmark und ihre Völker erschuf, in die sich allerdings auch einige Kentauren verirrt haben. So sind seine Elfen aufgrund derselben Grundlage denen Tolkiens zwar ähnlich, aber doch anders und sehr differenziert dargestellt.

Mit der |Elfenritter|-Trilogie ändert er den Fokus der Erzählung; aus der Sicht der elfenfeindlichen Ordensritter der Tjuredkirche erzählt er die Geschichte der tragischen Liebe zwischen zwei vermeintlich natürlichen Feinden, Gishild, der Prinzessin des Fjordlands, und Luc, Mitglied einer geheimen Bruderschaft innerhalb des Ordens, die sich dem Tod aller Alben verschworen hat.

_Nicht kleckern, sondern klotzen …_

… hat sich Bernhard Hennen gedacht, als er seine |Elfenritter|-Trilogie fortsetzte. Die Befreiung Gishilds ist eine Schlacht mit epischen Qualitäten. Sie erinnerte mich fast an ein modernes Luftlande-Unternehmen: Adler steigen von zu „Trägern“ umgebauten Elfenschiffen auf, greifen von kleinen Blütenfeen markierte Ziele an und bombardieren mit in der Art von Streubomben abgeworfenen Stahldornen die Ordensritter, während Ollowain und Tiranu sich eine widerspenstige Gishild schnappen. Doch die Befreiung endet tragisch, viele Elfen werden eingekesselt und können nicht mehr entkommen. Man kann sagen, Bernhard Hennen habe die „Brücke von Arnheim“ der Fantasy-Literatur geschaffen.

Das zweite Highlight – für die weniger blutrünstigen Fantasy-Leser – stellt die Rückkehr Gishilds ins Fjordland dar. Sie ist eine Fremde in ihrer eigenen Heimat, in der sich nicht jeder darüber freut, dass sie zurückgekehrt ist. Ihr von Natur aus widerspenstiges Wesen, gepaart mit der Erziehung durch die Ordensritter und für ihr Volk zu modernen Ansichten, schafft ihr viele Feinde, trotz aller militärischen Erfolge beim Kampf um Drusna. Wie sie sich dennoch durchsetzt, ist sehr spannend inszeniert – auch im Fjordland weht ein rauer Wind.

Ebenfalls sehr gelungene Nebenhandlungen sind weitere Streitigkeiten der Neuen Ritterschaft mit dem älteren Orden des Aschenbaums, bei denen Lilianne ihre Gerissenheit erneut unter Beweis stellen kann. In diesem Zusammenhang fallen die Städtenamen „Marcilla“ und „Cadizza“, ebenso die Provinz „Equitania“, die berühmt für ihre Pferdezucht ist. Noch gibt es keine Karte des Fjordlands, aber die Namensgebung legt nahe, dass Hennen sich stark an der realen Europakarte orientiert; in diesem Fall könnte man das Fjordland vermutlich mit Norwegen gleichsetzen. Im Umschlag findet sich diesmal eine schöne Risszeichnung von Lucs Galeere |Nordstern|, bei der sich alle „Bronzeschlangen“ (gleich Kanonen) im Bug befinden, gleich neben dem Pulvermagazin. Bei dieser Bauweise verwundert es, dass eine im Buch explodierende fehlerhafte Kanone nicht gleich das ganze Schiff vernichtet hat. Aber Schwamm drüber, die Risszeichnung ist eine tolle Idee – ich hoffe, in weiteren Bänden mehr davon zu sehen.

Interessant ist in diesem Band der Wandel Lucs: Seine Zweifel schwinden, Honoré zieht ihn auf seine Seite. Dass gerade Honoré wenig honorabel vorgeht – er nimmt den Tod seines Vorgängers als Primarch billigend in Kauf -, warnt den Leser vor dem blinden Vertrauen, das Luc seinem Meister entgegenbringt. Auch hier hatte ich eine Assoziation zu moderner Popkultur: „Star Wars“ lässt grüßen. Honoré wäre demnach der Imperator, Luc analog zu Luke/Anakin Skywalker. Der mit einer nicht verheilenden, schwärenden Wunde geschlagene und dennoch lebende Honoré ist ein knackiger Bösewicht, der raffiniert mit jeder erdenklichen List und Tücke arbeitet. Kaum zu glauben, wie überraschend positiv sich dieser Charakter entwickelt hat; er dürfte noch für viel Kurzweil und ebenso viel Unheil sorgen.

Bei all den Highlights gibt es leider jedoch auch Schatten. Einiges wirkt mir zu arg konstruiert. So wird Luc erneut getestet; hätte man das nicht schon im ersten Teil tun können – wie lange zweifelt man eigentlich noch an seiner Gabe? Hier hätte ich ein Inquisitionstribunal nach den Regeln des Hexenhammers erwartet. Doch was folgt, ist eher simpel und enttäuschend; im selben Moment gewinnt man als Abfallprodukt noch einen Verräter, der den Schlüssel zum Eintritt in die Albenmark darstellt. Primarch Leon befindet in Hochstimmung, in dieser Nacht habe sich alles gefügt. Ja, hier hat sich wirklich alles gefügt: Gishild bettelt für Luc, Luc vertraut der geheimen Bruderschaft und alles läuft bestens. Hier hat Hennen es sich etwas einfach gemacht, andererseits erlaubt diese Schlüsselszene eine flotte Weiterführung der Handlung.

Doch am übelsten stieß mir die Fortsetzung des grausamen „Murmeltiereintopfs“ auf. Silwyna musste sterben, damit Gishild nicht vorzeitig gerettet wird. Nun muss man sie, terminlich passend zur Hochzeit, wieder befreien, zu einem Zeitpunkt, als sie genug Ordensritter geworden ist, um bei der Rückkehr ins Fjordland massiv Probleme zu bekommen. Damit Gishild gerettet wird, findet Fürst Tiranu zufällig Silwynas Rapier bei einem erschlagenen Soldaten. Er nimmt den Kopf der Leiche mit zu der Trollschamanin Skanga, die den Toten befragen soll. Der Zauber geht schief, Skanga schreit Tiranu zu, es sei nicht der Tote, der spricht, sondern ein böser Zauber. Tiranu findet sich in der Menschenwelt wieder, wo die magisch perfekt konservierte Leiche Silwynas auf die in Stein geritzten Worte „Gishild“ und „Valloncour“ deutet. Was soll das denn? Entweder hat hier der Devanthar oder eine andere höhere Macht geschickt manipulierend eingegriffen, oder es handelt sich um einen mit viel Brimborium aufgeblasenen Weg, einen Stichwortgeber zur rechten Zeit wieder ins Spiel zu bringen.

_Fazit_

Trotz der genannten recht konstruiert wirkenden Wendungen ist „Die Albenmark“ durch und durch gelungen. Das liegt vor allem an den starken Charakteren und der zügigen Handlungsführung. Hier gibt es keinen Leerlauf, dafür viele verschiedene Charakterperspektiven und auch eine gehörige Portion Humor. Bernhard Hennen nimmt selbstironisch seine eigenen Charaktere auf die Schippe; so sagt Skanga zu Yulivee: |“Yulivee. Du hast die Seelen der Dschinne befreit, nicht wahr? Ich habe auch gehört, dass du manchmal im Grasmeer des Windlands sitzt und dich mit Schmetterlingen unterhältst. Hast du dir vielleicht einmal irgendwo sehr hart den Kopf gestoßen?“| (S. 199).

Auffallend waren viele Referenzen an die Popkultur in Personenkonstellationen und Handlungsmustern; ich hoffe, diese werden im Folgeband etwas reduziert, denn zu viele davon würden stören und sind bei so starken Charakteren und überzeugender Handlung ohnehin nur das i-Tüpfelchen, und davon reicht eines bekanntlich aus. Nebenher führt Hennen elegant noch ein neues Volk ein, von dem wir im Juli in dem nicht zu dieser Trilogie gehörenden Roman „Elfenlied“ mehr erfahren werden. Leser der |Elfenritter|-Trilogie müssen sich bis Dezember 2008 gedulden, wenn der Abschlussband „Das Fjordland“ erscheinen wird.

http://www.heyne.de
http://www.bernhard-hennen.de/

Die |Elfen|-Trilogie:
Band 1: [Die Elfen 2169
Band 2: [Elfenwinter 2185
Band 3: [Elfenlicht 3505

(Visited 1 times, 1 visits today, 18.791)

Schreibe einen Kommentar