Hohlbein, Wolfgang / Lüftner, Kai – Kevin von Locksley

_Kampf gegen Sheriff und Zauberer_

Mittelalter in England. Eines Tages taucht ein seltsamer junger Mann in den Wäldern um Nottingham auf. Er nennt sich Kevin von Locksley und behauptet, der leibhaftige Halbbruder des legendären Robin Hood zu sein. Niemand glaubt ihm, doch Kevin kann seine Behauptung mit Brief und Siegel belegen – und er weiß etwas, was sonst niemand im Lande weiß: Der tapfere König Richard Löwenherz soll Opfer einer großen Verschwörung werden. (Verlagsinfo)

Der Verlag empfiehlt das Hörbuch ab zehn Jahren.

_Der Autor_

Wolfgang Hohlbein, geboren 1953 in Weimar, hat sich seit Anfang der Achtzigerjahre einen wachsenden Leserkreis in Fantasy, Horror und Science-Fiction erobert und ist so zu einem der erfolgreichsten deutschen Autoren geworden (Auflage: 35 Millionen Bücher laut |Focus| 40/2006). Zuweilen schreibt er zusammen mit seiner Frau Heike an einem Buch. Er lebt mit ihr und einem Heer von Katzen in seinem Haus in Neuss.

|Wolfgang Hohlbein auf Buchwurm.info| (Auswahl):

[„Anubis“ 2826
[„Horus“ 4079
[„Das Paulus-Evangelium“ 2630
[„Das Paulus-Evangelium“ 4007 (Hörbuch)
[„Von Hexen und Drachen. Das große Wolfgang-Hohlbein-Buch“ 3470
[„Das Blut der Templer“ 3235
[„Fluch der Karibik 2 – Dead Man’s Chest“ 2717
[„Die Zauberin von Märchenmond“ 2053
[„Märchenmond“ 1882
[„Hagen von Tronje“ 1860 (Hörbuch)
[„Feuer“ 816
[„Dunkel“ 552 (Hörbuch)
[„Dunkel“ 69
[„Der Hexer von Salem“ 249
[„Die Spur des Hexers“ 4081 (Der Hexer von Salem 1)
[„Der Seelenfresser“ 4141 (Der Hexer von Salem 2)
[„Engel des Bösen“ 4206 (Der Hexer von Salem 3)
[„Der achtarmige Tod“ 4353 (Der Hexer von Salem 4)
[„Intruder“ 144 (Hörbuch)

_Der Sprecher_

Timmo Niesner begann bereits im Teenageralter beim Fernsehen. Es folgten viele weitere TV-Rollen. Er ist die deutsche Synchronstimme von Elijah Wood, des Frodo in Peter Jacksons Verfilmung von „Der Herr der Ringe“, und vielen weiteren Schauspielern. (abgewandelte Verlagsinfo)

Bei diesem Hörbuch handelt es sich um die inszenierte Lesung der bearbeiteten (= gekürzten) Textfassung. Für Redaktion und Regie zeichnete Kai Lüftner verantwortlich, die Musik trugen Andy Matern, Dicky Hank und Dennis Kassel bei. Hank und Kassel besorgten auch die Inszenierung. Die Aufnahme leitete Lars Ullrich.

_Handlung_

Kevin schleicht mit seinem Freund Arnulf, dem Wikinger, und vier weiteren Gefährten durch den Sherwood Forest. Man schreib das Jahr 1190, und König Richard Löwenherz befindet sich auf dem Kreuzzug im Heiligen Land. Seit seiner Abreise sind die Zeiten unsicher geworden, und Kevin ist nur ein ungebildeter Bauernjunge aus der nordirischen Grafschaft Ulster. Der Fünfzehnjährige und seine Freunde sind lieber vorsichtig, denn sie haben die Spuren von acht Pferden gefunden. Doch wo sind die Reiter? Auf einer Lichtung rasten sie und Kevin ergreift die Gelegenheit, an einem Bach zu trinken. Dort findet er im Wasser eine goldene Münze. Arnulf meint, sie wurde offenbar von den Reitern verloren, die zuvor hier durchkamen.

Wenig später stoßen sie vorsichtig auf einen Trupp von Männern, die offensichtlich auf etwas warten. Sie sehen aus wie die rebellischen Waldbewohner und Räuber, vor denen sie der letzte Bauer gewarnt hat. Sie liegen allem Anschein in einem Hinterhalt. Sie haben es auf die Reiter abgesehen, die nun in sich Sicht kommen. Der vorderste Reiter trägt das gleiche Wappen, einen Greifen, das auch Kevin als seines anerkennt: das seines Vaters, des Earl of Locksley!

Arnulf brüllt los, um die Reiter zu warnen, und schon geht der Kampf los. Kevin, der ungeübte Schwertkämpfer, macht dabei keine sonderlich gute Figur. Arnulf muss ihm das Leben retten. Der Reiter mit dem Greifenwappen ist Robin von Locksley, und als er hört, dass Kevin sein Halbbruder aus Ulster sein soll, lach er erst einmal. Dann lädt er alle auf Locksley Castle ein. Die Burg ist heruntergekommen, die Mauern werden ausgebessert. Als Kevin ihm jenen Brief zeigt, der seine Abstammung beglaubigen soll, wischt Robin auch diesen beiseite. Doch er glaubt schließlich Arnulf, der schwört, dass Kevin tatsächlich der uneheliche Sohn des Grafen sei. Die Mutter, eine Bäuerin aus Ulster, die den verletzten Grafen und Arnulf gesundpflegte, ist vor einem Jahr gestorben.

Nachdem dies geregelt ist, hofft Kevin auf die Öffnung der Pforten des Paradieses, doch was er bekommt, sind nur eine zugige Kammer und jede Menge Arbeit. Drei Tage später nähern sich zehn Reiter der Burg. Es ist Guy von Gisborne, der junge und ziemlich hochnäsige Neffe des Sheriffs von Nottingham. Der Reiter neben ihm ist ein dunkelhäutiger Maure, und Robin nennt ihn einen Hexenmeister, obwohl er selbst nicht an Zauberei glaubt. Guy überbringt eine Einladung, die eine Beleidigung beinhaltet: Der Sheriff will seine Verlobung mit Lady Marian aus Darwin verkünden, doch Lady Marian ist bereits Robin versprochen, den sie innig liebt. Aber Marian ist die Kusine des Königs und benötigt zur Heirat dessen Erlaubnis.

Am Abend eilt Robin allein zu Marian, und Kevin macht sich Sorgen um seinen Bruder. Nach einem warnenden Traum macht er sich auf eine verrückte Suche. Doch natürlich verirrt er sich im Handumdrehen im nächtlichen Sherwood Forest. Zufällig stößt er auf den maurischen „Hexenmeister“ und stutzt. Wie seltsam – der Mann scheint mit rotäugigen Wölfen zu sprechen, und als der Mann ihn entdeckt, glühen auch seine Augen rot! Nur das Eingreifen unbekannter Männer rettet Kevin vor drei Wölfen, die der Maure auf ihn hetzt.

Der Anführer der Männer ist ein wahrer Riese, doch er trägt den Spitznamen „Little“ John, und seine Waffe ist ein riesiger Knüppel. Kevins Schutzlügen werden sofort entlarvt, als Johns Gefährte Will sagt, dass er Kevin auf Burg Locksley gesehen habe. Das gibt Kevin zu, und obendrein sagt er aus Trotz, er habe ja sogar ihren Hinterhalt gegen Robin, seinen Bruder, vereitelt. Die Waldbewohner reagieren verwundert. In ihrem Dorf aus Laubhütten bereden sie die Sache weiter. Sie wissen von keinem Hinterhalt. Will ihnen jemand ein Verbrechen in die Schuhe schieben? Little John hasst den Sheriff, der ihm und seinen Gefährten das Land gestohlen hat. Während Robin ihn ab und zu jagen lässt, sind Gisbornes Männer ständig hinter den Waldbewohnern her.

Nach seiner Rückkehr in die Burg erzählt Kevin von seinen Erlebnissen. Da stürzt ein Bediensteter mit der Nachricht herein, dass Guy von Gisborne Jagd auf einen der Rebellen aus dem Wald mache. Robin reitet mit Kevin, Arnulf und einigen Bewaffneten los, um den Neffen des Sheriffs von seinem Land zu vertreiben. Das Aufeinandertreffen zeitigt jedoch verhängnisvolle Folgen. Robin wird vor Gericht zitiert …

_Mein Eindruck_

An der Heldenlegende des Robin Hood haben etliche Autoren mitgeschrieben, und heute kennt jedes Kind Robin Hood. Erste Erwähnung des wohltätigen Rächers findet sich bereits in Texten des 14. Jahrhunderts. Demnach versteckte sich der entrechtete ehemalige Bauer im ausgedehnten Sherwood Forest, nachdem ihm der Sheriff von Nottingham sein Land gestohlen hatte. Robin wurde zum Geächteten und sann auf Rache. Zum adligen Erben von Locksley wurde er erst später, und dann erst war er auf einer sozialen Ebene, um Lady Marian den Hof zu machen.

Wer den Kevin-Costner-Film kennt, der kennt auch die Handlung ungefähr, so etwa die Entführung Lady Marians durch den Sheriff. Nur dass bei Hohlbein ein paar Dinge verdreht werden, und zwar deshalb, weil es hier erst durch die geschilderten Auseinandersetzungen dazu kommt, dass Robin von Locksley zu Robin Hood wird. Und Robin hat keineswegs einen Sarazenen als Begleiter, sondern einen solchen als Widersacher.

Wer jetzt einen historischen Actionroman erwartet, der liegt nicht ganz verkehrt, aber es ist nur die halbe Wahrheit. Wie so oft bei Hohlbein muss noch irgendein magischer Aspekt hinzukommen, damit sich das Buch auch als Fantasy verkaufen lässt. Dieses Element bringt der Schwarzmagier Hassan ein. Allein schon die Szene, in der er mit Wölfen spricht, stellt Kevin die Nackenhaare auf. Später wird es noch viel gruseliger.

Die Ironie der Erzählung will es, dass nicht Hassan für den Urheber der Magie gehalten wird, sondern Kevin. Der weiß zunächst nicht, wieso die Leute vor ihm angstvoll zurückweichen. Sie ahnen nur, dass ein namenloses Grauen sie erfüllt, als ob der Leibhaftige unter ihnen wandeln würde. Folgerichtig wird Kevin als Schwarzmagier und Satansjünger von eben jenem heuchlerischen Sheriff angeklagt, der sich der Dienste eines Hexers bedient. (Man erinnere sich an das gleiche Motiv im Film mit Costner.)

Später gelingt es Kevin in einem kühnen Schachzug, diese Angst vor seiner Magie gegen den Feind einzusetzen, aber die Sache hat einen Haken: Angst wirkt nach beiden Seiten, also auch auf die Freunde. Erst nach vielen Erklärungen und den Appellen Robins zur Vernunft lassen sich die einfachen Bauern und Waldläufer Little Johns beruhigen. Aber wer weiß schon, was von dem jungen Kevin noch zu erwarten ist …

_Die Inszenierung_

Bei diesem Hörbuch handelt es sich um eine inszenierte Lesung, wie sie in dieser |Wellenreiter|-Reihe öfters auftaucht. Das ist für ein junges Publikum einfach unterhaltsamer als eine pure Textlesung.

|Der Sprecher|

Der Sprecher erzählt alle Vorgänge aus dem Blickwinkel der Hauptfigur Kevin. Da dieser ein 15-jähriger Junge ist, wirkt die jugendliche Stimmlage des Sprechers sehr passend. Und dies ist die deutsche Stimme Elijah „Frodo“ Woods, dürfte also jedem vertraut sein, der Peter Jacksons „Herr der Ringe“-Verfilmung gesehen hat (und das waren ja nicht wenige). Doch Kevin ist kein zweiter Frodo, sondern ein junger Mann, der auf Kämpfe brennt, um seinen König, den geliebten Richard Löwenherz, zu schützen. Allein bei dessen Namen ist Kevin begeistert, umso mehr, als Robin der Freund des Königs zu sein scheint.

Aber Kevin lernt auch die Liebe kennen, in Gestalt von Lady Marians Zofe Susan. Hilflos stammelt angesichts der betörenden jungen Frau, die ihm das Hirn verknotet. Aber auch Marian hat es faustdick hinter den Ohren, und mit wiederholtem Flüstern verhilft sie dem vom Sheriff eingekerkerten Kevin zur Freiheit.

Die Schurken haben entweder sehr verschlagene Stimmen wie Guy von Gisborne oder sehr autoritäre wie etwa der Sheriff. Dieser verpackt seine Grausamkeit mitunter hinter huldvoller Aufmerksamkeit. Arnuld und Little John treten mit tiefen Stimmen auf, wie es sich für große, gestandene Männer vom Wikingerformat geziemt. Leider spricht der Maure Hassan fast nie, und wenn, dann mit einem schweren orientalischen Akzent, der wohl andeuten soll, dass er Maure ist (nicht notwendigerweise Araber, denn Mauren gab es auch in Spanien).

|Musik und Geräusche|

Schon beim ersten Kampf hören wir Schwerter klirren, aber so gedämpft im Hintergrund, dass der Vortrag im Vordergrund nicht überdeckt oder gestört wird. Auf Burg Locksley beispielsweise sind zudem Stimmen, Pferdehufe, Hämmern und viele andere Geräusche zu hören, aber ebenfalls gedämpft im Hintergrund. Dieses Gestaltungsprinzip gilt für alle Geräusche, insbesondere für die Massenszenen und die Kämpfe. Man darf sich also keinen Film-Sound darunter vorstellen.

Die Musik tut ebenfalls nichts, um auf sich aufmerksam zu machen, sondern beeinflusst die Gefühle des Zuhörers unterschwellig. So unterstreichen beispielsweise majestätische Akkorde das Thema der Herrschaft, als Kevin erstmals Locksley Castle betritt.

Ein wiederkehrendes Musikmotiv ist mehr ein sehr tiefer Sound: Mit diesem Klang wird immer wieder der Auftritt des maurischen Hexers Hassan verknüpft, so dass der dadurch konditionierte Zuhörer schon ohne Namen weiß, wer nun gleich auftritt. Um anzuzeigen, dass die Magie des Hexers auf die Menschen wirkt, hat die Tonregie einen undefinierbaren Sound eingesetzt, der sowohl das Element des Unheimlichen wie auch des Mystischen in sich vereint.

|Das Booklet|

Das Booklet listet zunächst die Mitarbeiter an dieser Produktion auf, beschreibt dann aber kurz die Legende des Robin Hood. Schließlich stellt der Text Hohlbeins Fortschreibung der Legende mit Robins Halbbruder Kevin vor. Auf der letzten Seite kündigt der Verlag die Fortsetzung an, „Kevins Reise“, die ebenfalls von Timmo Niesner gelesen wird. Sie soll im Juni 2008 erscheinen.

_Unterm Strich_

Der Roman erzählt die Vorgeschichte, wie es dazu kam, dass aus Robin von Locksley, dem rechtmäßigen Erben und Freund des Königs, ein Geächteter und Rebell im Sherwood Forest wurde. Diese Wandlung erlebt sein frei erfundener Halbbruder Kevin mit, der zwar nicht auf den Kopf gefallen ist, aber als Bauerntrampel noch einiges über die Wege der Welt lernen muss – und wo bei einem Schwert vorne ist.

Dass Kevin auch die Freuden und Qualen der Liebe kennenlernt, gehört natürlich zu den Abenteuern eines 15-Jährigen hinzu. Und als man jemanden braucht, um König Richard Löwenherz vor dem Mordkomplott des Sheriffs zu warnen, auf wen fällt da die Wahl? Erraten. Diese Geschehnisse werden in der Fortsetzung „Kevins Reise“ erzählt, die im Juni 2008 als Hörbuch folgt.

Der Sprecher trägt einen großen Teil dazu bei, dass die ungewöhnlich actionreiche Handlung wirklich Spaß macht und den Hörer mit Action, Magie und Humor unterhält. Die Musik und die Geräusche stören seinen Vortrag nicht, sondern unterstützen die Emotionalität der Szenen und vermitteln mit gedämpften Hintergrundgeräuschen einen realistischeren Eindruck. Das werden vor allem junge Hörer unterhaltsamer finden als einen puren Vortrag.

Leider hat dieser Aufwand – und vielleicht auch der Autor – auch einen Preis, und für die zwei CDs muss man knapp 15 Euro hinblättern. Aber es lohnt sich.

Fazit: Volltreffer.

|Originalveröffentlichung 1994
145 Minuten auf 2 CDs|
http://www.wellenreiter.la
http://www.luebbe-audio.de