Huff, Tanya – Blutlinien (Blood Ties 3)

_Blood Ties_
[„Blutzoll“ 5714
[„Blutspur“ 5715

Tanya Huff ist nicht nur eine unglaublich unterhaltsame und kurzweilige Schriftstellerin, sie hat auch einen sehr subtilen Sinn für Humor. Eine derartige Eigenschaft wirkt sich eigentlich auf jeden Roman günstig aus, doch die Tatsache, dass Huff Urban Fantasy schreibt, macht die Sache noch sympathischer. Und so nimmt sie weder sich selbst, noch ihre fünfteilige Blut-Reihe bierernst. Man kann beim Lesen praktisch spüren, wie die Autorin einem von Zeit zu Zeit verschwörerisch zuzwinkert.

Schließlich passiert es nicht alle Tage, dass man in einer Romanreihe auf einen Vampir trifft, der nicht nur der uneheliche Sohn von Heinrich VIII ist, sondern der auch noch im Toronto der 1990er Jahre lebt und sich seine Brötchen mit dem Verfassen rühriger Liebesschnulzen verdient. Sein momentanes Projekt nennt sich „Geißeln der Liebesmüh“, doch wird er im Verlauf der Romanhandlung von „Blutlinien“ kaum Gelegenheit dazu bekommen, es zu beenden. Vampir Henry Fitzroy plagt sich nämlich mit seinen ganz eigenen Geißeln der Liebesmüh in Form der forschen Vicki Nelson. Vicki ist ihres Zeichens Ex-Cop und Privatdektivin. Zur Zeit teilt sie Henrys Bett – wenn sie nicht gerade mit ihrem besten Freund Mike Celluci den Matratzentango tanzt. Die beiden Männer finden es alles andere als perfekt, die Geliebte teilen zu müssen, doch Vicki ist auf dem Ohr, das für monogame Lebensführung zuständig ist, praktischer Weise taub. Und so bilden Vicki, Mike und Henry eine irgendwie funktionierende, aber nicht ganz rund laufende Dreiecksbeziehung.

Vicki hat sich auf übernatürliche Kriminalfälle spezialisiert – wohl irgendwie naheliegend, wenn man mit einem Vampir schläft. Und so ist es auch kaum überraschend, dass sie sich plötzlich in einen Fall um eine ägyptische Mumie verwickelt sieht, die zwar nicht gerade die Weltherrschaft übernehmen will, aber trotzdem zumindest vorhat, Toronto politisch zu unterwandern.

Dabei fängt alles ganz normal an: Im Museum wird ein Sarkopharg angeliefert. Doch als die Wissenschaftler ihn öffnen, um die Mumie zu untersuchen, sterben nacheinander eine Reinigungskraft und dann der Kurator der ägyptischen Sammlung an Herzversagen. Die Mumie verschwindet (im Anzug des Kurators) und macht es sich in diesem Jahrtausend bequem, während sie den Mitarbeitern des Museums die Erinnerungen verwirrt, weswegen diese plötzlich überzeugt sind, dass der Sarkopharg von Anfang an leer war.

Detective-Seargant Mike Celluci lässt sich jedoch nicht so schnell ins Boxhorn jagen. Ihm erscheint die ganze Sache leicht fischig, doch da sein Vorgesetzter ihn von dem Fall abzieht, heuert er Vicki an, um weitere Ermittlungen anzustellen.

Gleichzeitig träumt Henry tagsüber ständig von einer hell strahlenden Sonne. Als Vampir hält er das für kein besonders gutes Zeichen und befürchtet nun, dass er kurz vor dem Wahnsinn oder dem Selbstmord steht. Vollkommen verunsichert wendet er sich an Vicki, die ihn beaufsichtigen soll, damit er auch ja nichts Unüberlegtes tut (wie zum Beispiel ein ausgiebiges Sonnenbad zu nehmen).

Im ersten Roman der Reihe, „Blutzoll“, präsentierte uns Huff neben dem Vampir einen bösen Dämon, den es zu besiegen galt. Im zweiten Teil, „Blutspur“, ging es dann um Werwölfe. Und nun, im dritten Teil, sind die Mumien dran – das Triumvirat der klassischen Horrorliteratur ist perfekt. Dabei schafft es Huff durchaus, dem ausgeleierten Charakter der wiederauferstandenen Mumie doch noch eine frische und spannende Seite abzugewinnen. Tawfik, wie sich die Mumie nennt, ist keineswegs ein hirnloses, in Klopapier eingewickeltes Monster, das mit leicht steifen Schritten und leerem Blick durch die Handlung schreitet. Tawfik ist ein tragender Charakter, dessen Präsenz schon dadurch unterstrichen wird, dass mit ihm – und nicht etwa mit Vicki Nelson, der eigentlichen Protagonistin der Reihe – der Roman beginnt. Huff erzählt teilweise aus Tawfiks Perspektive und macht so die Beweggründe und Handlungsmotive einer 3000 Jahre alten Mumie durchaus verständlich und nachvollziehbar.

Und doch muss die machthungrige Mumie natürlich gestoppt werden. Dabei gibt es allerlei Verwicklungen und ausweglose Situationen. Abgesehen vom offensichtlichen Krimiplot lebt der Roman hier vor allem von der Dynamik zwischen Vicki, Henry und Mike. Die beiden Männer liefern sich Wortgefechte, wann immer es ihnen möglich ist. Und Vicki, stur und emanzipiert, ist auch nicht auf den Mund gefallen.

„Blutlinien“ bietet für jeden Geschmack etwas. Der Vampirfan bekommt einen sympatischen und faszinierenden Vampir, in dessen illustre Vergangenheit Huff auch gern einmal eintaucht, wenn die Handlung es erlaubt. Für Liebhaber tougher Dämonenjägerinnen gibt es Vicki, die in ihrer unsentimentalen und unromantischen Art einen wunderbaren Gegensatz zu Henry bildet. Abgerundet wird der Cocktail durch Mike, der mit seinem gekränkten Mannesstolz Sympathiepunkte sammelt und der zupacken kann, wenn mal Not am Mann ist.

Und so ist Tanya Huff auch mit dem dritten Roman der Blut-Reihe ein spannender und actiongeladener Pageturner gelungen. Wer große Mengen Blut und großkalibrige Waffen sucht, wird hier nicht fündig werden. Dafür bietet Huff allen anderen einen pfiffigen Plot und unglaublich liebenswerte Charaktere in einem straff durchkomponierten Roman ohne Längen. Und nachdem man die letzte Seite umgeblättert hat und gierig nach dem Folgeband „Blutpakt“ greift, fragt man sich zwangsläufig, welchen Topos der Horrorliteratur Huff als nächstes aufgreift, um ihm eine Verjüngungskur zu verpassen. Frankensteins Monster wäre zum Beispiel eine nahe liegende Wahl!

|Broschiert: 400 Seiten
ISBN-13: 978-3802581922
Originaltitel: Blood Lines
Übersetzt von Dorothee Danzmann|

http://www.Egmont-Lyx.de
http://www.bloodtiestv.com

_Tanya Huff auf |Buchwurm.info|:_

[„Blutzoll“ 123 (frühere Ausgabe)
[„Blutlinien“ 407
[„Hotel Elysium“ 1481 (Die Chroniken der Hüter I)
[„Auf Teufel komm raus“ 1995 (Die Chroniken der Hüter II)
[„Hüte sich wer kann“ 2545 (Die Chroniken der Hüter III)