Dominik Irtenkauf versteht es, den verheißungsvollen Untertitel, den sein zweites Buch trägt, mit Leben zu füllen. Seine Literatur ist aus zweierlei Gründen eine Alchemie: Zum einen transformiert sie Sprache, sodass sich die Worte beginnen zu krümmen und zu strecken und schließlich einen farbenfrohen Zoo lebendiger Literaturen ergeben, zum anderen geht es Irtenkauf um eine Erforschung der verborgenen Prägungen seiner Texte. Er kann selbst nicht mit Gewissheit sagen, ob er das, was nun verfasst vor ihm liegt, selbst vollständig entschlüsseln kann. Seine literarische Erforschung des Rätselhaften bleibt unabgeschlossen. Das ist ihm ein wichtiger Zug.
„Worträtsel. Aufgabe in Mensch und Wort“ ist ein unaufgeregtes Buch. Es wirkt nüchtern; es ist keinesfalls bockbeinig, wie Irtenkaufs Vorgänger [„Der Teufel in der Tasche“. 2657 Die vielen Rätsel zwischen den Zeilen kommen völlig ohne subversiven Stachel aus, sie sind eher subtil, aber nicht trocken. Das offene Bekenntnis spricht Irtenkauf auf Novalis. Denn sein rätselhafter Weg führt nach Innen. „Meine ehrliche Absicht liegt in der Bewusstmachung der verschrobenen Wege im eigenen Kopf“, wie es im Nachwort heißt.
Irtenkauf spielt mit verträumter Anmut, keine Frage, doch begegnet sie dem Leser keineswegs in Form romantischer Trunkenheit. Die Erzählungen führen uns in wohlüberlegte Denkfiguren ein: in Erkenntnis- und Entwicklungswege und, wen wundert’s, in Rätsel, deren spürbare Verschlossenheit gerade den Reiz der erzählten Geschichten ausmachen.
Dominik Irtenkauf präsentiert mit „Worträtsel. Aufgabe in Mensch und Wort“ eine Sammlung unterschiedlicher Erzählungen: frühe Werke, aktuelle Werke, alles dabei. Wir erleben eine Expedition, fahren mit dem Taxi durch die nächtliche Stadt, besuchen den Zirkus und unternehmen Reisen in archaische Zeiten. Die Vielfalt ist Programm, das betrifft Form und Inhalt. Irtenkaufs Geschichten zeigen nicht zuletzt, dass der Literat von heute keine Schreibstubenkultur betreibt, sondern sich – wie Irtenkauf betont – mutig unserer komplexen Welt entgegenwirft, die Konfrontation nicht scheut und auch mit nüchternen Worten den Oberflächenbewohnern zu zeigen imstande ist, dass Dreidimensionalität im 21. Jahrhundert nicht aus der Mode gekommen ist.
_Aus dem Inhalt_
Byzantinischer Schlaf
Abziehbild eines Ausgangs
Kubbeln
Nur ein Flügel hat gestreift
Jenseitstraum
Rasender Schwund
Rabenwetter
Verunglückung
Nachwort: Rätsel in Wort und Mensch
http://www.mischwesen-av.de/