Irvine, Ian – Festung der Macht, Die (Die drei Welten 4)

Band 1: [„Der Spiegel der Erinnerung“ 3928
Band 2: [„Das magische Relikt“ 4217
Band 3: [„Der Turm von Katazza“ 4363

Nachdem Mendark, Tallia und Pender einige Mühe damit hatten, ihr Schiff ordentlich auszurüsten, ist es ihnen endlich gelungen, Richtung Norden zu segeln und die Stadt Zile zu erreichen, wo sie in der Großen Bibliothek nach Informationen über den Spiegel suchen wollen. Mendark hofft, auf diese Weise herauszufinden, wohin Tensor mit dem Spiegel geflüchtet ist.

Tensor und seine Aachim haben inzwischen die Nordküste des Kontinents erreicht. Doch nun kann die Gruppe sich nicht einigen, wohin sie sich wenden soll. Da stoßen einige Überlebende aus Shazmak zur Gruppe, und ihre Berichte haben eine äußerst unangenehme Wirkung auf Tensor. Nur widerwillig beugt sich die Gruppe seinem Willen und folgt ihm nach Osten übers Meer.

Auch Shand und Karan sind nach Osten übers Meer geflohen. Und obwohl Karans ohnehin unzuverlässiges Talent in letzter Zeit überhaupt nicht mehr wirkt, spürt sie Llians Gegenwart. Kurzerhand beschließt sie, dass sie unbedingt nach Katazza muss. Doch sie werden immer noch verfolgt.

Yggur ist derweil der Verzweiflung nahe! Nichts funktioniert mehr so, wie es soll. Trotz aller Mühe gelingt es ihm nicht, der Stadt Thurkad Herr zu werden, die ihm verbliebenen Whelm sind aufsässig, und auch seine magischen Kräfte sind nicht mehr das, was sie einmal waren. Yggur verliert zunehmend sein Selbstvertrauen. Und Maigraith, die während der Zeit, in der Faelamor nahezu handlungsunfähig daniederliegt, immer mehr an Selbstvertrauen gewinnt, verliert zunehmend ihre Achtung vor Yggur.

_Neue Charaktere_ tauchen in diesem Band des Zyklus so gut wie keine auf. Nur Nadiril, das Oberhaupt der Großen Bibliothek in Zile, tritt zum ersten Mal als Person in Erscheinung, ein sehr, sehr alter, gebrechlicher Mann mit einem unglaublich wachen Geist und einer nicht allzu guten Meinung von Mendark. Allein deshalb war er mir schon sympathisch. Allerdings beschränkt sich sein Auftritt bisher auf ein kurzes Gastspiel, deshalb blieb die Charakterzeichnung eher skizzenhaft.

Ansonsten sticht lediglich Tensor ein wenig aus dem Gros der Figuren heraus. Sein Verlangen danach, den Spiegel zu benutzen, um sich an Rulke, dem Charon, zu rächen, wird mit der Zeit immer mehr zum Wahn, Tensor selbst immer unberechenbarer. Diese Entwicklung ist zwar nicht unbedingt übermäßig intensiv, aber doch deutlich und nachvollziehbar geraten.

Shand zieht die Aufmerksamkeit des Lesers eher unauffällig auf sich. Schon früh war klar, dass in diesem Mann mehr steckt, als auf den ersten Blick zu erkennen ist. Im Laufe der Handlung entwickelt er immer mehr Fähigkeiten und vor allem immer mehr Wissen, das deutlich zeigt, dass Shand tatsächlich jemand Besonderes, jemand Wichtiges sein muss.

_Damit haben sich die Höhepunkte auch schon wieder fast erschöpft._ Die Handlung erzählt fast ausschließlich von den Schwierigkeiten, unter denen die einzelnen Gruppen sich nach Katazza durchschlagen, wobei Karan und Shand die härteste Tour zu überstehen haben, sowie von der Hilflosigkeit der Aachim Tensors Sturheit gegenüber. Selbst Malien, die sich schon ziemlich früh gegen Tensors Vorhaben ausspricht, ist nicht in der Lage, ernsthaft etwas gegen ihn zu unternehmen. Die Aachim geben in diesem Band trotz ihrer Fähigkeiten – oder vielleicht auch gerade deswegen – eine ziemlich erbärmliche Figur ab.

Die kurze Sequenz, in der die Gâshâd wieder einmal auftauchen und Karan bedrängen, ist auch diesmal nur ein kurzes Zwischenspiel, das letztlich ohne Folgen bleibt und dem Spannungsbogen nicht wirklich auf die Beine hilft. Dasselbe lässt sich von Karans extravaganter Klettertour sagen, die nichts weiter bewirkt, als dass hinterher nicht nur Llian, sondern auch Karan bei Tensor im Turm festsitzt. Abgesehen davon zeigen sich Llian und Karan Tensor gegenüber fast genauso hilflos und erbärmlich wie die Aachim. Nicht ein einziges Mal versuchen sie, die Tür des Turms zu öffnen oder das magische Tor zu zerstören, während Tensor abwesend ist. Sie warten einfach tatenlos, bis Tensor die Katastrophe heraufbeschworen hat. Dieses Verhalten passt zwar gut zu Llian, aber nicht zu der sonst so tatkräftigen Karan.

Selbst der eigentliche Showdown zeichnet sich letzten Endes durch eine eigenartige Tatenlosigkeit aus. Allen Anwesenden ist die ungeheure Gefahr bewusst, die Tensor heraufbeschworen hat, und ebenso die Tatsache, dass sie alle gemeinsam sicherlich die Kraft hätten, diese Gefahr zu bannen. Aber keiner rührt sich. Nicht einmal der Angreifer wird wirklich aktiv. Er steht nur herum und schüchtert alle ein, ehe er flüchtet, ohne eine Geisel mitzunehmen. Irgendwie wirkt das Ganze wie eine große Versammlung von unfähigen Schlafmützen. Was eigentlich der dramatische Paukenschlag des ganzen Buches hätte sein sollen, verpufft nahezu wirkungslos.

Und wer vielleicht gehofft hat, dass er nach Mendarks Besuch in der Großen Bibliothek oder durch Llians Suche im Archiv von Katazza endlich mal ein wenig schlauer würde, der wird ebenfalls enttäuscht. Zwar erwähnt der Autor, dass Tensor Llian bereitwillig auf seine Fragen nach den Historien der Aachim antwortet, ihm sogar ihre Schrift beibringt, dabei bleibt es aber auch schon. Noch immer weiß der Leser nicht, wie und warum es zu dem Krieg zwischen Faelamor und der Charon Yalkara gekommen ist, oder was genau es mit dem Spiegel auf sich hat. Das bruchstückhafte Wissen über die Vergangenheit macht es nicht gerade leichter, die diversen Parteien und ihre Handlungsweise nachzuvollziehen.

Als besonders störend in jeder Hinsicht hat sich auch diesmal wieder ein Unsitte erwiesen, die mir bisher hauptsächlich von |Piper| bekannt war: |Lübbe| hat die Originale aufgeteilt und so aus einem vierbändigen Zyklus einen achtbändigen gemacht. Das hätte mir schon bei der Lektüre von „Das magische Relikt“ auffallen sollen, denn dieser Band fing ganz anders an als der Auszug des ersten Kapitels aus Band zwei des englischen Originals auf der Homepage des Autors. Wirklich unübersehbar aber war es diesmal, wo die Handlung wirklich mittendrin auseinandergerissen wurde und man dem Leser zu Beginn des Folgebandes keinerlei Zeit bleibt, sich wieder in die Geschichte hineinzufinden. Wieder einmal denke ich darüber nach, lieber das englische Original zu lesen.

Wobei ich in diesem speziellen Fall nur wenig Neigung verspüre, überhaupt weiterzulesen. Zwar hat Shand sich inzwischen zu einem echten Sympathieträger und vor allem auch zu einer interessanten und geheimnisvollen Figur entwickelt, deren wahre Identität mich durchaus interessieren würde. Auch mag die Einführung des neuen Gegenspielers durchaus eine Menge neuer Möglichkeiten eröffnen. Andererseits hat der Autor von Anfang an eine Menge Details und Möglichkeiten im Ansatz angelegt und dann nicht weiterentwickelt. Und ich fürchte, meine Neugier darauf, wer Shand nun wirklich ist, reicht nicht aus, um mich weitere tausendsechshundert Seiten mit einer Geschichte herumzuschlagen, die sich hauptsächlich durch ununterbrochene Ortswechsel und die damit verbundenen Reiseschwierigkeiten auszeichnet.

_Ian Irvine_ ist Doktor für Meeresbiologie und hat einen Großteil des südpazifischen Raums bereist. Die Idee zu seinem Drei-Welten-Zyklus entstand bereits während des Studiums. Die damals entstandenen Karten und Skizzen dienten später als Basis für die Ausarbeitung, die inzwischen zwei Tetralogien umfasst und noch weiter ausgebaut werden soll. Abgesehen davon hat Ian Irvine den Öko-Thriller „Human Rite“ geschrieben sowie den Zyklus „Runcible Jones“. Die Übersetzung des dritten Bandes des Drei-Welten-Zyklus erscheint unter den Titeln „Dunkler Mond“ und „Der Fluch des Bettlers“ im April und Mai dieses Jahres.

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