James, Peter – So gut wie tot

|“Wenn Ronnie Wilson beim Aufwachen geahnt hätte, dass er in wenigen Stunden tot sein würde, wäre seine Tagesplanung wohl etwas anders ausgefallen.“| So beginnt Peter James seinen vierten Krimi um Detective Superintendent Roy Grace. Wilson nämlich hat am 11. September 2001 vormittags einen Termin in einem der Türme des World Trade Center. Er verspätet sich und wird Zeuge, wie ein Flugzeug in den ersten Turm rast. Doch Wilson hat nur seinen Termin im Kopf, denn sein alter Freund Donald Hatcook soll ihm helfen, da Wilsons Geschäfte nicht gut laufen. Bevor er aber zu seinem Geschäftstermin gehen kann, trifft ein weiteres Flugzeug auf den zweiten Turm. Schlagartig ändert sich Ronnie Wilsons Leben …

Sechs Jahre später flüchtet Abby Dawson vor einer unbekannten Angst. Sie verschanzt sich in ihrer Wohnung und beobachtet die Straße vor dem Haus stets genau, bevor sie es wagt, die Wohnung zu verlassen. Doch an einem Tag im Oktober 2007 ist die Treppe durch Bauarbeiten versperrt und Abby muss den alternden Fahrstuhl nehmen – ein Fehler, wie sich bald herausstellt. Denn mittendrin stürzt er ab, fängt sich, hängt aber nur noch schief in den Seilen. Abby ist in Panik, zudem hat ihr Handy keinen Empfang und der Notruf funktioniert nicht. Als dann von oben ein Poltern zu hören ist, muss sie fürchten, dass jemand auf dem Fahrstuhl steht und zu ihr in die Kabine steigen will.

Ebenfalls im Oktober 2007 will Roy Grace gerade in sein verdientes Wochenende starten, als ein Telefonanruf all seine Pläne zunichte macht. In einem Abwasserkanal wurde eine Leiche entdeckt. Also begibt er sich bei strömendem Regen zum Fundort und steigt in den Kanal hinab. Dort erwartet ihn ein ziemlich verwestes Skelett, an dem noch einige lange blonde Haare haften . genau die Haarfarbe von Graces Ehefrau Sandy, die vor Jahren spurlos verschwunden ist. Weitere Hinweise deuten darauf hin, dass es sich um Sandy handeln könnte . Alter und Geschlecht stimmen überein. Hat Roy Grace nach jahrelanger Suche nun seine Ehefrau wieder gefunden?

Kurz darauf wird in Australien in einem schlammigen Fluss eine weitere Leiche entdeckt – eingesperrt im Kofferraum eines Autos, das am Boden des Flusses liegt. Hängen diese Dinge miteinander zusammen? Und wenn ja, wie?

_Verwirrspiel_

In „So gut wie tot“ führt uns Peter James so lange an der Nase herum wie in keinem anderen Roy-Grace-Krimi. Er präsentiert uns mehrere Charaktere, zwei Frauenleichen auf zwei verschiedenen Kontinenten und Handlungsstränge, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben. Doch natürlich geschieht hier nichts zufällig und alles hängt eng miteinander zusammen. Lange dauert es allerdings, bis wir beginnen zu ahnen, wie die Figuren und Handlungen in Zusammenhang stehen, und auch dann wirft uns Peter James nur einzelne Puzzleteile hin, die wir mühsam zu einem Gesamtbild zusammen setzen müssen. Aber wie schon in seinen anderen Romanen reißt er uns von der ersten Seite an mit. Denn zunächst gilt es natürlich zu klären, wie Ronnie Wilson zu Tode kommt. Als wir ihn am 11. September 2001 vormittags zu den Zwillingstürmen des World Trade Center begleiten, ahnen wir, was geschehen dürfte. Doch dann betritt er die Türme gar nicht. Was also geschieht mit Ronnie Wilson? Wir werden es erfahren, allerdings erst im weiteren Laufe des Buches.

Von Kapitel zu Kapitel wechselt Peter James die Schauplätze und erzeugt dadurch ein rasantes Erzähltempo, besonders bedrohlich wirkt die Fahrstuhlszene mit Abby Dawson, die definitiv große Angst hat, und zwar nicht nur vor dem Absturz des Lifts, sondern auch vor einem anderen Menschen. Denn zwischendurch empfängt sie eine beängstigende SMS, die ihr mitteilt, dass jemand weiß, wo sie sich auffhält – doch wer? Es dauert lange, bis wir erfahren, vor wem und vor was Abby davon läuft, und als wir es erfahren, ist es für Abby fast schon zu spät, denn ihr Widersacher steht bereits vor ihrer Wohnungstür und bald schon mitten in ihrer Wohnung …

Die toten Frauen dagegen bergen zunächst wenig Spannungspotenzial, da sie bereits seit Jahren tot sind und wir sie vermutlich auch gar nicht kennen. Je mehr Informationen wir allerdings über die toten Frauen erhalten, umso vollständiger wird das Bild, das wir uns von den Geschehnissen machen können. Sie spielen natürlich eine ganz wichtige Rolle für den zu klärenden Fall.

_So spannend wie selten_

Peter James hat einfach ein glückliches Händchen für einen (fast) perfekten Spannungsbogen. Langeweile ist bei seinen Büchern ein Fremdwort, und auch bei dem vorliegenden Krimi konnte ich nur eine Durststrecke entdecken, und zwar als Abby Dawson auf ihren Widersacher trifft, um das Leben ihrer Mutter fürchten muss und vor ihrem Widersacher flüchtet. Hier zieht sich die Geschichte ein wenig, aber glücklicherweise zieht Peter James dann irgendwann das Tempo auch wieder an. Faszinierend an seinen Büchern ist, dass James immer etwas Neues einfällt. Meist sind es nicht die klassischen Mordserien, die es aufzuklären gilt, sondern viel komplexere Zusammenhänge bzw. es sind überhaupt keine Morde aufzuklären, wie in James‘ „Stirb ewig“, wo Menschen lediglich durch einen Unfall zu Tode kommen. So hebt sich Peter James immer wieder deutlich vom Durchschnitt ab.

Hinzu kommt die Figur des Detective Superintendent Roy Grace, den wir nun schon zum vierten Mal begleiten dürfen. Dieses Mal jedoch steht er eher im Hintergrund, die anderen handelnden Figuren – allen voran Abby Dawson – erhalten deutlich mehr Gewicht. Doch das schadet Grace überhaupt nicht, allerdings wünsche ich mir schon, im nächsten Buch wieder mehr über den Ermittler zu erfahren. Dieses Mal steht die Suche nach seiner Frau Sandy sehr im Hintergrund. Zwar spukt sie deutlich in seinem Kopf herum, als der Verdacht besteht, dass er sie nun tot im Abwasserkanal gefunden haben könnte, doch natürlich ist es so einfach nicht. Ganz am Ende hält Peter James jedoch noch eine Überraschung für uns parat, die sich gewaschen hat. Das Buch endet mit einem Paukenschlag, der es mir schwer macht, auf den fünften Band zu warten.

_Mehr davon_

Zum vierten Mal hat Peter James mich erfolgreich in seine Roy-Grace-Welt entführt, die ich nur schwer wieder verlassen konnte. Hat man mit einem Buch erstmal begonnen, mag man es nicht mehr zur Seite legen. „So gut wie tot“ reiht sich perfekt in die Roy-Grace-Reihe ein und macht jetzt schon Lust auf den fünften Fall, den der Detective Superintendent hoffentlich bald zu lösen hat!

|Gebundene Ausgabe: 448 Seiten
ISBN-13: 978-3502100713
Originaltitel: |Dead Man’s Footsters

_Peter James auf |Buchwurm.info|:_

[„Stirb ewig“ 3268
[„Stirb schön“ 3154
[„Stirb schön“ 3680 (Lesung)
[„Nicht tot genug“ 4844 (Lesung)
[„Mein bis in den Tod“ 2493
[„Wenn er fällt, dann stirbt er“ 1391

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