James, Peter – Und morgen bist du tot

_Die „Roy Grace“-Serie:_

01 [„Stirb ewig“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3268
02 [„Stirb schön“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3154
03 [„Nicht tot genug“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5969
04 [„So gut wie tot“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6003
05 _“Und morgen bist du tot“_
06 „Dead like you“ – noch ohne dt. Titel –

Ein Mann, der zum letzten Mal sein Motorrad besteigt. Seine Frau, die im sechsten Monat schwanger ist. Ein junges Mädchen, das dringend eine Spenderleber braucht. Ihre Mutter, die alles dafür tun würde, ihrer Tochter eine solche zu beschaffen. Ihr Vater, der auf einem Baggerschiff arbeitet, das eine Leiche aus einem Abbaugebiet fischt. Ein Unfall, der zu einem endlosen Stau im morgendlichen Berufsverkehr führt. Ein junges rumänisches Mädchen, das auf der Straße lebt und nachts an einem Heizungsrohr schläft. Und Detective Superintendent Roy Grace, der einen gewaltigen Kater hat und fürchten muss, dass seine Freundin Cleo ihm eine Hiobsbotschaft zu überbringen hat. Dies sind die einzelnen Zutaten für den fünften „Roy Grace“-Fall, den ich bereits mit Spannung erwartet hatte.

_Im Mittelpunkt der_ Geschichte steht die schwerkranke Caitlin, die dringend eine neue Leber braucht. Sie ist ein rebellischer Teenager, der seine Mutter oftmals zur Verzweiflung bringt, dennoch würde Lynn Beckett alles für ihre todkranke Tochter tun. Als sie erfahren muss, dass Caitlin dringend eine Leber braucht, um das diesjährige Weihnachtsfest, das bereits kurz bevorsteht, noch zu erleben, bricht für Lynn eine Welt zusammen. Doch dann erhält sie schnell die frohe Botschaft, dass Caitlin einen Teil einer Spenderleber bekommen kann. Sie begleitet ihre Tochter ins Krankenhaus, nur um dort zu erfahren, dass die Leber leider nicht für zwei Spenden reicht und Caitlin das Nachsehen hat. Die Zeit rennt, denn Caitlin geht es immer schlechter und schlechter. Da kommt ihr Freund Luke auf die Idee, sich im Internet nach Transplantationsfirmen umzusehen, über die man ein Organ kaufen kann.

Zur gleichen Zeit arbeitet Caitlins Vater Malcolm auf einem Baggerschiff, das die Leiche eines jungen Mannes zu Tage fördert. Roy Grace wird mit dem Fall beauftragt und erfährt bald, dass dem jungen Mann lebenswichtige Organe entnommen wurden. Handelt es sich um eine Seebestattung, bei der der Leichnam abgetrieben ist? Mysteriös erscheint aber, dass der junge Mann nur wenige Stunden vor seinem Tod noch eine Mahlzeit zu sich genommen hat. Das spricht gegen eine Organspende, da oftmals viele Stunden vergehen, bis die Transplantationsteams vor Ort sind, um die Organe zu entnehmen. Was also ist dem jungen Mann passiert? Als an derselben Stelle kurz darauf zwei weitere Leichen gefunden werden, denen lebenswichtige Organe fehlen, deutet alles auf Organhandel hin. Und da führt die Spur nach Rumänien. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt, denn dort haben die Menschenhändler bereits ihre nächsten Opfer im Visier …

_Wertlose Menschen?_

Wieder einmal schlägt Peter James von Beginn an ein hohes Erzähltempo an. Jedes Kapitel widmet er einem anderen Handlungsstrang und meistens endet ein Kapitel mit einem Cliffhanger, der es in sich hat. Somit fliegt man anfangs über die Seiten, zumal erst spät klar wird, worauf Peter James hinaus will – nämlich auf den Menschenhandel und die Organspende. Er macht klar, wie viele Menschen in Großbritannien sterben müssen, weil nicht rechtzeitig ein passendes Spenderorgan für sie gefunden wurde. In anderen Ländern wie Spanien dagegen muss man der Organspende aktiv widersprechen. Da aber in Großbritannien ein steter Mangel an Spenderorganen besteht, blüht dort der Organhandel. Für zig tausend Pfund können sich verzweifelte Menschen das passende Organ kaufen, das sich die illegalen Transplantationsfirmen von jungen Menschen holen, die sie in Rumänien auf der Straße aufgesammelt und nach England geschleust haben. Liest man über derlei Praktiken, läuft es einem kalt den Rücken hinunter. Ganz neu ist dieses Thema natürlich nicht, doch Peter James schafft eine neue Sicht darauf, indem er uns auf der einen Seite die kranke Caitlin und ihre völlig verzweifelte Mutter vorstellt und auf der anderen Seite die junge Simona, die auf den Straßen Bukarests lebt und nicht mehr viel Hoffnung hat – bis sie eine gut gekleidete deutsche Frau kennen lernt, die ihr eine Zukunft in England verspricht und sie außer Landes bringt. Beide jungen Frauen stellt uns Peter James so vor, dass wir sie beide ins Herz schließen und dadurch in den Zwiespalt kommen, dass wir beiden eine gesunde Zukunft wünschen.

Peter James macht daraus einen Wettlauf mit der Zeit: Caitlin geht es immer schlechter, eine mögliche Transplantation scheitert, weil das Organ doch nicht gut genug ist, um es zu teilen. Stattdessen beschließt Caitlins Mutter Lynn, Kontakt mit einer Transplantationszentrale in Deutschland aufzunehmen und eine Leber zu kaufen – in dem Glauben, dass sie von einem Unfallopfer stamme. Der Leser weiß es aber besser, da er ja bereits Bekanntschaft mit Simona gemacht hat. Diese beginnt von einer Zukunft in England zu träumen – vielleicht als Barkeeperin in einer Cocktailbar? Sie malt sich ihre Zukunft mit ihrem Freund Romeo in England aus und vertraut der deutschen Frau vollkommen, ohne zu ahnen, dass diese nur an Simonas Organen interessiert ist.

Etwas schade fand ich, dass der Spannungsbogen trotz des wichtigen Themas und der dramatischen Geschichte etwas abflacht, da man als Leser ohnehin nicht weiß, ob man mit Caitlin oder mit Simona mitfiebern soll. Beide Mädchen sind einem sympathisch. So versucht die Polizei zwar verzweifelt, Simona zu retten, aber als Leser fiebert man nicht mehr so recht mit, da einem bewusst ist, dass damit Caitlins Hoffnung sterben würde.

_Eine neue Zukunft_

Auch für Detective Superintendent Roy Grace geht es um seine Zukunft: Hat er in den anderen Bänden immer noch intensiv nach seiner Frau Sandy gesucht, die vor etlichen Jahren spurlos verschwunden ist, so beginnt er in diesem Buch, sich von seiner Frau zu lösen. Cleo eröffnet ihm, dass sie ein Kind von ihm erwartet und Grace beschließt, seine Frau nun endlich für tot erklären zu lassen. Doch dann kommt es in München zu einer unerwarteten Begegnung …

Mir gefiel, dass Roy Grace jetzt endlich beginnt, in die Zukunft zu schauen und mit der Vergangenheit abzuschließen. Das Kind, das Cleo und er erwarten, ist endlich der Anstoß, sich von Sandy zu lösen. Dennoch hoffe ich nach wie vor, dass Roy Grace eines Tages erfährt, was mit Sandy geschehen ist, nachdem der Leser nun bereits einen kleinen Einblick in Sandys neues Leben erhalten hat. Doch nach wie vor tappt man weitestgehend im Dunkeln, da Peter James uns bislang nicht verraten hat, aus welchem Grund Sandy damals spurlos verschwunden ist.

In diesem Buch gewinnt auch der unbeliebte Kollege Norman Potting eine sympathische Seite, indem er ehrlich mit Roy Grace über seine unglückliche Ehe spricht und sich tatkräftig in die Ermittlungen stürzt und sehr wichtige Beiträge dazu liefert. Nur Glenn Branson ist nach wie vor der unglückliche Mann, der noch nicht mit seiner gescheiterten Ehe abgeschlossen hat – auch wenn seine Frau nun offensichtlich einen neuen Freund hat.

_Und morgen kommt ein neuer Fall_

Unter dem Strich konnte mich das vorliegende Buch leider nicht ganz überzeugen. Peter James lese ich ausgesprochen gerne, weil er unglaublich packende Bücher schreibt, die oftmals ein ganz neues Licht auf ein Thema werfen bzw. etwas völlig Neues im Thriller-Genre darstellen. Mit dem fünften Fall rund um Detective Superintendent Roy Grace hat James allerdings erstmals nicht viel Innovatives zu bieten. Das Thema Menschenhandel ist zwar sehr brisant, dennoch hat Peter James hier nicht so viel Ideenreichtum bewiesen wie in seinen anderen Roy-Grace-Romanen. Interessant fand ich, dass man in diesem Buch mit beiden Seiten mitfiebert, nur leider führte das auch dazu, dass der Spannungsbogen abflachte, weil man Caitlin durchaus die (illegale) Spenderleber gönnen würde. Ein weiteres Manko des Buches ist, dass man recht schnell die Zusammenhänge ahnt und somit nur noch die Frage im Raum steht, ob Simona und/oder Caitlin gerettet werden können. Große Überraschungen erwarten einen am Ende also nicht mehr. Ich hoffe, dass Peter James in seinem nächsten „Roy Grace“-Fall wieder eine Schippe mehr auflegt, denn, obwohl „Und morgen bist du tot“ durchaus spannend und unterhaltsam war, bin ich doch von Peter James Besseres gewöhnt.

|Hardcover: 528 Seiten
Originaltitel: |Dead Tomorrow|
ISBN-13: 978-3502101970|
http://www.fischerverlage.de/page/scherz

_Peter James bei |Buchwurm.info|:_
[„Mein bis in den Tod“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2493
[„Stirb schön“ (Lesung)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id_book=3680
[„So gut wie tot“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5711

Schreibe einen Kommentar