James, Rebecca – Wahrheit über Alice, Die

_Inhalt_

Katherine ist ein stilles Mädchen ohne Freunde. Das ist sie nicht immer gewesen, doch seit eine Katastrophe über ihr Leben hereingebrochen ist, hat sie sich völlig verändert. Sie will niemanden kennen, schleicht wie ein Geist durch ihre Schule. Und nichts könnte sie mehr überraschen als eine Einladung zum Geburtstag von Alice. Ausgerechnet von Alice, dem schönen, exaltierten Mädchen aus ihrer Klasse! Alice wird achtzehn und scheint besonders viel Wert auf Katherines Anwesenheit zu legen. Widerstrebend gibt das Mädchen nach und erlebt zum ersten Mal seit dem schrecklichen Tag einen schönen Abend.

Sie klammert sich bald an die neue Freundschaft, auch wenn sie Alice manchmal nicht einzuschätzen weiß. Warum schlägt die Freundin manchmal so vollkommen über die Stränge? Was für ein Fatalismus treibt sie in diesen besonderen Situationen an? Warum ist sie so gemein zu ihrem Freund, der ein toller Mensch ist und ihr offensichtlich zu Füßen liegt? Warum kann sie es nicht ertragen, wenn sie nicht im Mittelpunkt steht? Und warum vergibt man ihr immer wieder, egal, was sie tut?

Katherine möchte an Alice‘ Güte glauben und findet stets neue Entschuldigungen für sie. Und doch beschleicht sie im Laufe der Zeit die Vermutung, dass sie selbst nicht die Einzige ist, die ein Geheimnis mit sich herumträgt.

Nach dem einen oder anderen Hieb unter die Gürtellinie beschließt Katherine instinktiv, eine neue, schöne Entwicklung lieber für sich zu behalten, damit sie unter Alice‘ unberechenbarem Temperament nicht etwa zerdrückt wird, ehe sie wirklich zu wachsen beginnen konnte. Was diese Entscheidung allerdings für Auswirkungen haben soll, kann sie nicht vorausahnen. Und über all dem Befremdlichen liegt drückend der Schatten der trostlosen Vergangenheit …

_Kritik_

Wenn der Prolog nicht wäre, der etwas viel Schwerwiegenderes andeutet, könnte man sich glatt auf den ersten Seiten fragen, ob man hier in einem Teenie-Roman gelandet ist. Siebzehnjährige hat Schwierigkeiten, soso, aha. Na, das wird bestimmt vergehen auf der Party, von der die Rede ist.

Nur nach und nach erfährt man, dass die Schwierigkeiten, in denen Katherine steckt, etwas härterer Tobak sind als der Durchschnitt: Ihre Schwester ist tot, liest man, ermordet, ihre Eltern verzweifelt, ihr Leben aus dem Gleichgewicht.

Beim Erzählen springt die Autorin zwischen den verschiedenen Abschnitten hin und her, fügt Puzzleteilchen zusammen aus der Jetzt-Zeit, der Alice-Zeit und der Katastrophen-Zeit. Quälend langsam nur erblüht eine Blume des Bösen, wenn man erfährt, was geschehen ist.

Die Oberflächlichkeit der ersten Kapitel, in denen Katherine vor der Welt ihre wunde Seele zu verstecken versucht, das Treiben der Jugendlichen, ihre Partys, der Alkohol, die Liebeleien – all das bietet einen faszinierenden Kontrast zu den gefährlichen Untiefen der jungen Mädchenfreundschaft und zu dem Dunkel, das in Katherine lauert und darauf wartet, zuzuschlagen, wenn sie glücklich zu sein versucht. Da man weiß, dass Katherine keine unbelastete Siebzehnjährige ist, passt sie nicht so recht in das Bild der Normalität, die um sie herum brodelt; der Eindruck des Mädchens vor diesem Hintergrund ist auf verstörende Weise schräg, ihre Anpassungsversuche herzzerreißend.

Fast schon wirkt es passend, dass auch Alice einen leichten seelischen Hau zu haben scheint, doch die unmerkliche Erleichterung darüber wandelt sich sehr schnell in etwas ganz anderes. Die verschiedenen Stufen der Entwicklung, die Katherine durchläuft, sind nachvollziehbar gestaltet; dass man um ihr Verhängnis weiß, macht eine ganz besondere Tragik aus.

_Fazit_

„Die Wahrheit über Alice“ ist extrem spannend geschrieben und geht an die Schmerzgrenzen, aber nicht, ohne immer irgendwo einen kleinen Hoffnungsschimmer aufzuzeigen.

Rebecca James hat eine belastete, unsichere und doch starke Protagonistin erschaffen und ein Geflecht aus einerseits eiskalten und andererseits wärmenden Fäden erschaffen, an denen das Mädchen sich entlang hangeln muss.

„Roman“, weiß der Umschlag. „Thriller“ trifft es besser. Wenn es den Leser erst einmal gepackt hat, legt er dieses Buch nicht mehr aus der Hand. Lesen!

|Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
Originaltitel: The Thruth about Alice
Deutsch von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann
ISBN-13: 9783805250030|
[Rowohlt Verlag / Wunderlich]http://www.rowohlt.de/sixcms/list.php?page=ro_fl_verlagsseiten&sv[title]=wunderlich
[www.rebeccajamesbooks.com]http://www.rebeccajamesbooks.com

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