Jones, J. V. – ewige Krone, Die (Der Dornenring 1)

_Originelle Fantasy: Verfluchte Kronen und zeichnende Magier_

Die Magie der Zeichen und Muster, ein mysteriöser Dornenring, eine unbedarfte Heldin, ein böser Eroberer – doch alles wird gut, sofern man erstens gute Freunde hat und zweitens weiß, was man in Wahrheit selbst draufhat. So beginnt das Epos um den Dornenring der britischen Fantasy-Autorin J. V. Jones, die mittlerweile in Kalifornien lebt.

_Handlung_

Das Buch beginnt – nach zwei kurzen Prologen – in unserer Wirklichkeit. Tessa McCamfrey ist seit ihrer Kindheit von Tinnitus geplagt, diesem psychologisch bedingten Pfeifen im Ohr. Auf der Flucht vor Bindung führt sie ihr Weg in die Einsamkeit der kalifornischen Berge. Hier stößt sie auf den Schauplatz eines grausamen Verbrechens. Dort findet sie einen goldenen Dornenring; sie streift ihn sich über, wird gestochen und stante pede in eine andere Wirklichkeit versetzt: in die farbenprächtige Stadt Bay’zell.

Diese Welt befindet sich am Rande des Untergangs. Vor knapp 500 Jahren wurde die Dornenkrone geschaffen, ein magischer Reif, dessen einziger Zweck der Krieg ist. Zusammen mit dem charismatischen Söldner Davis und dem Herrscher Camron ist Tessa dazu ausersehen, die Dornenkrone, die unter einem Bannfluch liegt, zu befreien und damit den wahnsinnigen Eroberer Izgard aufzuhalten.

Doch zuerst einmal muss Tessa lernen, die in ihr verborgenen magischen Kräfte zu erschließen. Sie kann zeichnen und malen. Und bei Bay’zell handelt es sich um eine Welt, in der Bilder und Muster große magische Energie entwickeln: Tessa verfügt über ungeahnte Macht. „Schreiber“ wie sie vermögen mittels farbiger Muster Wissen zu erwerben sowie Gutes und Böses zu erschaffen. Emith, ein alternder Schreibergehilfe, bringt ihr die Grundlagen der Kunst bei. Bald kann sie einfache Muster zeichnen.

Doch das Herumspielen mit Magie hat auch seine Gefahren. In ihrer Lehrlingszeit nähert sich Izgards Eroberungsstreitmacht scheinbar unaufhaltsam dem friedlichen Bay’zell. Izgards Schreiber beschwört mit Hilfe der Macht des verfluchten Dornenrings alles verschlingende Ungeheuer herauf. Tessa sieht sich bald verfolgt und gejagt, ihre Helfer werden zum Teil grausam ermordet.

Es gilt zunächst das Rätsel zu lösen, wie die Dornenkrone vor 500 Jahren an diese Welt gebunden wurde, bevor Tessa darangehen kann, den Bann aufzuheben – und allmählich wird ihr dafür die Zeit reichlich knapp. (Wird fortgesetzt in „Krone aus Blut“.)

_Mein Eindruck_

J. V. Jones‘ Romane sind irgendwie anders. Natürlich wird der Leser bei ihr durchaus spannend unterhalten. Doch sie nimmt die gängigen Versatzstücke moderner High-Fantasy-Erzählungen, um sie neu zu arrangieren und zu werten.

Die zunächst etwas unbedarft wirkende Heldin, die in ihrer Umgebung meist etwas fremd erscheint, verfügt über eine bislang verborgene, entscheidende Gabe – das kennt man ebenso wie den ausgestoßenen Krieger und den zunächst arroganten Herrscher, der sich im Lauf der Handlung zum verantwortungsbewussten Führer entwickelt; auf der Seite der bad guys finden wir den einer dunklen Macht verfallenen Gegner.

Alles kommt zusammen durch die Suche nach den Geheimnissen der Vergangenheit, die zu den schicksalhaften Geschehnissen führen. Diese Suche nach den Rätseln der Vergangenheit wird zur Suche nach der eigenen Identität, nach den verborgenen oder einfach nur ungenutzten Fähigkeiten der Protagonisten.

All dies sind gewohnte Szenarien, und doch ragen Jones‘ Werke aus den Fantasy-Allerlei heraus. Sie legt größeres Gewicht auf die Darstellung der Motivation der Akteure und zeichnet ein zutiefst menschliches Bild ihrer Psychologie. Es gelingt ihr, die Leser zu berühren, sie mitleiden und mittriumphieren zu lassen, ohne die schmerzhaften Wandlungen auf dem Weg zum Triumph herabzuwürdigen. Jones‘ Erzählungen lassen einen am Schluss geschunden und fertig, aber auch glücklich und zufriedengestellt zurück. Mehr kann man wohl von guter Unterhaltung nicht erwarten.

|Originaltitel: The barbed Coil, Part 1, 1997
429 Seiten
Aus dem Englischen übertragen von Rainer Schumacher|
http://www.bastei-luebbe.de