Kammerer, Iris – Tribun, Der (Tribun 1)

Das Hermannsdenkmal im Teutoburger Wald, südwestlich von Detmold, erinnert an den Cheruskerfürsten Arminius und die legendäre Schlacht im Teutoburger Wald im Jahre 9 n. Chr., wo Arminius/Hermann viele germanische Stämme vereinigte und drei Legionen des römischen Senators Publius Quinctilius Varus vollständig vernichtete.

Germanien wurde von dem römischen Erobern nie vollständig besetzt. In verschiedenen Feldzügen wurde dennoch so mancher Stammesfürst unterworfen oder beugte sich freiwillig der militärischen römischen Macht, doch untereinander waren sie einander niemals einig.

Arminius konnte die Römer nur besiegen, weil er aufgrund seiner Erziehung ein römischer Bürger und Tribun wurde, also ein hoher Offizier, der die Schwachstellen, die Taktik und das persönliche Vertrauen von Varus kannte und nutzte. Dieser Freiheitsheld führte ein Doppelleben, und schließlich führte genau das zu seinem unausweichlichen Schicksal.

„Der Tribun“ von Iris Kammerer widmet sich diesem Thema und den Leben und Kämpfen der Römer in Germanien.

_Die Geschichte_

Germanien, 9 n. Chr. Der adlige, junge römische Tribun Gaius Cinna ist zusammen mit drei Legionen des römischen Senators und Statthalters Varus in Germanien stationiert. Es herrscht kein Frieden in dieser von Rom weit entfernten Provinz. Immer wieder gibt es Unruhen und kleinere Aufstände, die von der römischen Besatzung mit brutaler Härte beendet werden. Aber auch die verschiedenen Stämme in Germanien sind sich, wie es sich den Römern darstellt, nicht einig.

Doch es gibt Gerüchte um einen möglichen Aufstand unter den germanischen Stämmen, die für die römische Besatzung und deren Familien eine Gefahr darstellen.

Tribun Gaius Cinna bekommt von seinen Vorgesetzen die Order, den Statthalter Varus aufzusuchen, um ihn vor der drohenden Gefahr zu warnen. Doch es ist bereits zu spät; auch die Germanen haben Spione unter den römischen Hilfstruppen. Cinna wird verraten und findet sich schwer verletzt als Geisel eines cheruskischen Fürsten wieder.

Inzwischen werden die drei Legionen des Varus vom römisch erzogenen und militärisch ausgebildeten Arminius vollständig vernichtet und Cinna bleibt allein gelassen und wahrscheinlich von seiner Familie für tot gehalten auf sich selbst gestellt zurück.

Die Situation für Cinna erscheint ausweglos; seiner Würde und Ehre beraubt, fristet er von nun an ein Sklavendasein. Trotzdem wird er von der Familie des Cheruskischen Fürsten menschlich, beinahe schon nett behandelt. Vor allem die junge Tochter Sunja weckt seine Aufmerksamkeit, und trotz aller Vorbehalte und Vorurteile verlieben sie sich ineinander.

Mit der Zeit lernt der sehr eingebildete und hochnäsige Cinna das Leben, das Denken und Handeln des germanischen Stammes kennen, der doch unter den Römern nur als ungebildetes Barbarenvolk gilt. Langsam erwachen Sympathien in ihm, und er findet Freunde und Anteilnahme in der Gefangenschaft.

Doch als Arminius die Auslieferung von Cinna verlangt, um ihn zu verhören und ggf. ihren Göttern zu opfern, spitzt sich die Situation weiter zu. Er begreift, dass der germanische Aufstand einen wahren Flächenbrand auslösen könnte, dass es weitere Übergriffe auf die römische Besatzung geben könnte und vielleicht auch auf das inzwischen befriedete Gallien.

Die einzige Lösung liegt in der Flucht, aber Cinna kennt das Gebiet nicht, und der nächste römische Vorposten ist aufgrund der Lage nicht bekannt …

_Kritik_

„Der Tribun“ ist unheimlich gut recherchiert. Basierend auf erforschten geschichtlichen Fakten, spiegelt der Roman das Leben und Wirken der Römer und Germanen in der Zeit 9 n. Chr. wider. Auch die schwierige politische Lage der teilweise verfeindeten germanischen Stämme wird dem historisch interessierten Leser glaubhaft und korrekt erklärt.

Mit viel Liebe zum Detail entwickelt sich die Geschichte um den Tribun, der ein Sklave wurde. Mitfühlend und spannend wird seine Gefangenschaft erzählt; aus dem ehemals adligen und arroganten römischen Befehlshaber wird ein offener und sensibler Charakter, der zwischen beiden Welten lebt.

Iris Kammerer kann wahrlich gut erzählen und schweift dabei nicht wie viele andere Autorinnen in fast schon klischeehaft romantische Ausführungen ab. Ihre Charakterstudien und ihr Wissen rund um diese Epoche und ihre Kultur wissen zu beeindrucken. Auch den Nebencharakteren wird viel Raum gegeben, sich zu erklären und zu beweisen, so dass die Handlung nicht an Spannung verliert.

Historische Romane sollen in erste Linie natürlich unterhalten, aber trotzdem bleibt immer die Erwartungshaltung, dass diese auch Wissen um die jeweilige Epoche vermitteln sollten. Dem „Tribun“ von Iris Kammerer gelingt beides in grandioser Weise.

Die historischen Personen und Schauplätze sind sorgfältig recherchiert wiedergegeben worden. Im Anhang des Romans befinden sich u. a. eine Zeittafel sowie ein Personenregister; auch die geographischen Bezeichnungen werden erklärt, so dass der Leser einen ausgesprochenes gutes Bild von Germanien unter römischer Herrschaft erhält.
Auch die Auseinandersetzungen zwischen den Römern und den Germanen werden spannend erzählt, genauso wie die innenpolitische Lage im römischen Imperium, was ein weiterer Pluspunkt für den Roman ist.

Für zartbesaitete Gemüter ist die Geschichte sicherlich nicht unbedingt geeignet. Die Misshandlungen und die Folter, die Cinna in der Gefangenschaft erdulden muss, sind gewalttätig, aber durchaus nachvollziehnar aus Sicht der Germanen. Die Autorin verzichtet auf überzeichnete Actioneinlagen, aber auch auf romantische Liebesszenen. Mit dem Romandebüt „Der Tribun“, dem ersten Roman einer Trilogie, hat sie ein sehr lehrreiches und interessantes historisches Epos geschaffen.

_Die Autorin_

1963 wurde Iris Kammerer in Krefeld geboren. Sie studierte Klassische Philologie, Philosophie und Literaturwissenschaften in München und Marburg. Sie arbeitet als Redakteurin, Texterin und Beraterin in Marburg, wo auch ihre Familie wohnt. Ihr Romandebüt „Der Tribun“ ist der Auftakt zu einer historischen Trilogie um den römischen Offizier Gaius Cinna.

Taschenbuch, 592 Seiten
Originalausgabe
http://www.heyne.de
http://www.iris-kammerer.de/

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