Karpyshyn, Drew – Mass Effect 1: Die Offenbarung

_Story_

Erst seit wenigen Jahren ist die Menschheit Teil der interstellaren Völkergemeinde, kann ihren Einfluss dort jedoch noch nicht geltend machen. Die ihnen entgegengebrachte Skepsis fällt den Menschen auch zur Last, als eine Forschungsbasis an der Grenze des kolonialisierten Weltraums auf Sidon völlig unerwartet angegriffen wird. Commander David Anderson und eine waghalsige Einsatztruppe können die Feinde zwar stellen und vernichten, jedoch erhebt sich rasch der Verdacht, jemand habe die Allianz kurz vor dem Attentat an eine noch unbekannte Macht verraten.

Andersons Spur führt zur technisch begabten Wissenschaftlerin Kahlee Sanders, die genau 24 Stunden vor der Eskalation aus der Station geflüchtet war und somit zur Hauptverdächtigen avanciert ist. Doch Sanders, deren Familienstammbaum eine bedeutende Persönlichkeit innerhalb der Allianz hervorbringt, hat mit dem Anschlag nichts zu schaffen und trat lediglich die Flucht an, da ihr die wahren Motive der Wissenschaft auf Sidon offenbar wurden.

Unter der Führung des genialen Dr. Quian wurde verbotenerweise an der Entstehung künstlicher Intelligenz experimentiert, und Sanders sah sich gezwungen, dies den Behörden zu melden. Nun jedoch, da sich die Ereignisse überschlagen, brutale Kopfgeldjäger die Szenerie säumen und die Verschwörung um die Forschung Quians verheerende Ausmaße nimmt, ist sie auf den Schutz Andersons angewiesen. Doch auf den kompromisslosen Söldner warten in diesem riesigen Haifischbecken noch weitaus größere Gefahren …

_Persönlicher Eindruck_

In „Die Offenbarung“ erzählt Drew Karpyshyn die offizielle Vorgeschichte zum erfolgreichen Science-Fiction-Rollenspiel-Shooter „Mass Effect“, der unter Videogamern bereits jetzt als angehender Klassiker gehandelt wird. Und ähnlich wie in der Konsolenschlacht, so gibt sich auch der Roman ziemlich brutal, sowohl was die Action als auch die Darstellung so manchen Gemetzels anbelangt. Doch ist der hieraus gezogene Effekt letztendlich größer als die Überzeugungskraft der temporeichen Handlung?

Nun, diese Frage galt es in diesem knapp 300 Seiten starken Paperback zu ermitteln, dies jedoch mit überraschend positiven Resultaten. Sind Adaptionen von Videospiel-Storys zumeist eher laue Aufgüsse mit deutlichem Schwerpunkt auf der actionlastigen, spannungsarmen Handlung, kann sich der erste Band zu „Mass Effect“ einer wendungsreichen, flotten und bisweilen auch ziemlich spannenden Geschichte rühmen. Zwar sind die Charaktere im weitesten Sinne austauschbar und der Plot nicht so fesselnd wie die Werke der Science-Fiction-Elite, jedoch stimmen die Atmosphäre und abgesehen von der teils überzogenen Brutalität auch der Inhalt.

Der wesentliche Pluspunkt der Story ist allerdings der Aufbau der völlig neuen Welten, die Autor Karpyshyn hier kreiert. Mit viel Liebe zum Detail schafft er ein ziemlich umfassendes Konstrukt, umschifft dabei geschickt Logikfehler, verstrickt sich trotz komplexer Darstellungen nie in Widersprüche und lässt ganz nebenbei auch noch genügend Freiräume, um die Entwicklung von Handlung und Charakteren zuzulassen und zu forcieren. Lediglich manche Beziehungsgeflechte sind ein wenig verwirrend bzw. nicht ganz so harmonisch ausstaffiert. Stellenweise lässt der Autor diesbezüglich einige interessante Teilstränge fallen, so etwa die Verbindung zwischen Jon Grissom und Kahlee Sanders sowie den Effekt, den diese für die Erzählung hat. Gerade in solchen Passagen schleicht sich der Eindruck ein, als würde reichlich Potenzial verschenkt, bloß um über die gesamte Distanz das hohe Tempo zu halten. Letzteres entwickelt sich aufgrund der rasanten Action und der zahlreich eingewobenen Breaks jedoch wie von selbst. Es geht regelrecht Schlag auf Schlag, man hüpft ständig zwischen den Szenarien, kann aber trotzdem leicht den Überblick behalten, da Karpyshyn insgesamt doch eine sehr gradlinige Struktur bevorzugt.

Diese hohe Geschwindigkeit gepaart mit den vielschichtigen Inhalten der Storyline sowie dem überzeugenden Spannungsaufbau machen „Die Offenbarung“ schließlich zu einem der wenigen Romane aus dem Konsolenbereich, die das Prädikat ‚wirklich lesenswert‘ verdienen. Und da siedelt sich der Auftakt zu „Mass Effect“ gerade einmal unter einem Dutzend qualitativ vergleichbarer Bücher an!

|288 Seiten|
http://www.paninicomics.de/mass-effect-s10514.html
http://masseffect.bioware.com/
http://www.masseffect-game.de/

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