Kenner, Julie – Dämonen zum Frühstück (Die unglaublichen Abenteuer der Kate Connor 1)

Seit den Präsidentschaftswahlen in den USA im vergangenen Jahr kann auch jeder Bundesbürger etwas mit dem Begriff Soccer Mom anfangen. Eine Soccer Mom fährt mit ihrem riesigen Van die Kinder zur Schule, geht bei Wal-Mart einkaufen, holt die Kinder wieder ab, fährt sie zum Fußball, Ballett oder Kino und dazwischen macht sie den Haushalt und ist ihrem Ehemann eine treusorgende Ehefrau. Das klingt zunächst weder spannend noch nach dem Stoff für einen Roman, und doch hat sich Julie Kenner in „Dämonen zum Frühstück“ genau solch einer Soccer Mom angenommen.

Nun gut, es sollte vielleicht noch erwähnt werden, dass die Protagonistin des Romans, die zweifache Mutter Kate Connor, früher mal für die Forza – die Dämonenabteilung des Vatikan – Untote und Dämonen zur Strecke gebracht hat. Aber das ist schon seit Jahren vorbei. Mittlerweile ist sie mit dem Juristen Stuart verheiratet und hat zwei Kinder, eins im Teenager- und eins im Windelalter. Tatsächlich ist zu Beginn des Romans ihr größtes Problem eine Dinnerparty, die ihr Mann ihr kurzfristig aufs Auge drückt. Stuart will nämlich als Bezirksrichter kandidieren und muss dafür natürlich viele Hände schütteln. Dazu gehört selbstverständlich auch, dass Horden von Politikern in Kates Haus einfallen und sie ihnen Delikatessen und teuren Wein auftischt, während sie gepflegte Konversation betreibt und die perfekte Ehefrau spielt. Für die meisten Frauen wäre schon diese Aufgabe Stress pur, doch Kates Situation verschlechtert sich schlagartig, als frühmorgens ein Dämon durch ihr Küchenfenster springt und sie zu töten versucht.

Plötzlich sieht sich Kate also mit mehreren Problemen konfrontiert: Sie war einst in das Städtchen San Diablo gezogen, weil es dort eben keine Dämonenaktivität gab. Wo kommt also plötzlich dieser Dämon her und was will er von ihr? Wie kann sie die Leiche verschwinden lassen? Und schafft sie es noch rechtzeitig, die Party vorzubereiten?

Julie Kenners Romanidee klingt zunächst spannend und kurzweilig: Was würde wohl passieren, wenn jemand wie die allseits bekannte Buffy Summers die Vampirjagd aufgibt und stattdessen sesshaft wird – so ganz klassisch mit Kind und Kegel? Und was passiert, wenn ihr altes Leben dann doch wieder an die Türe klopft? Dieser Clash der Kulturen könnte sich durchaus faszinierend gestalten, und doch schafft es Kenner nicht ganz, den Bogen zwischen humoristischer Frauenliteratur und fetziger Dämonenjagd zu schlagen.

Kenner schreibt ihre Kate Connor – die ihre Geschichte in der Ich-Form erzählt – flott und frei von der Leber weg. Das soll natürlich spritzig wirken und dem Leser den ein oder anderen Lacher entlocken. Nur leider traut Kenner ihrer Leserschaft nicht über den Weg. Jede ironische Bemerkung erklärt sie dem Leser groß und breit, was natürlich den Witz im Keim erstickt. Und ihr kurzweiliger Erzählstil führt hauptsächlich dazu, dass sie von einem Thema zum nächsten springt, in der Regel mit in Klammern gesetzten Einschüben, die auch schon mal eine halbe Seite in Anspruch nehmen können. Das nimmt das Tempo aus der Erzählung und nervt nach einer Weile nur noch.

Apropos nerven: Wer schon immer mal einen Roman über den Tagesablauf einer Hausfrau mit zwei Kindern lesen wollte, der ist bei „Dämonen zum Frühstück“ an der richtigen Adresse. Wer aber auf einen spannenden Roman hofft, in dem wenigstens zwischenzeitlich dämonisch die Post abgeht, der wird sich bei der Lektüre schnell langweilen. Kenner interessiert sich offensichtlich mehr fürs Hausfrauliche als fürs Dämonenjagende in Kate Connors Charakter. Wir erfahren nämlich ganz viel über Partys, Delikatessgeschäfte, pubertierende Mädchen, die Windeln eines Zweijährigen, Kates beste Freundin und darüber, dass deren Mann (der im Übrigen nie im Roman auftaucht) eine Affäre hat. Wir lernen was über Kindererziehung und wie man Leute verköstigt, wenn man nicht kochen kann. Wir begleiten Kate dabei, wie sie Todesängste aussteht, als sie ihren Sohn das erste Mal in den Kindergarten bringt, und steigen in die politische Karriere ihres Mannes ein. Wir erfahren dagegen ganz wenig über den Vatikan und dessen Geheimorganisation Forza oder Dämonen im Allgemeinen und Besonderen. Obwohl Kenner mehrmals von „Dämonen niederer und höherer Ordnung“ spricht, sieht sie sich nie bemüßigt, diese Begriffe wenigstens skizzenhaft auszuführen. So sind die Dämonen zwar irgendwie da, bleiben aber unerklärt – eine eigene Mythologie macht Kenner nicht auf.

Damit gibt es in „Dämonen zum Frühstück“ zwar ganz viel „Desperate Housewives“, aber ganz wenig „Buffy“, ganz viel amerikanische Alltagskultur, aber ganz wenig Dämonenjagd. Der Plot um den Oberdämon, der nach irgendeiner unbekannten Reliquie sucht, bleibt dünn und uninspiriert und die Auflösung am Schluss erweist sich kaum als überraschend. Überhaupt besteht Kates Dämonenjagd hauptsächlich darin, dass sie im verstaubten Kirchenarchiv sitzt und nach etwas sucht, von dem sie nicht weiß, was es ist. Diese Recherche-Szenen wiederholen sich, ohne dass sie den Plot voranbringen. Das wirkt auf Dauer ermüdend.

Genauso ermüdend sind die männlichen Charaktere, die Kenner einbaut. Kates Mann Stuart ist praktisch nie da (er arbeitet schließlich hart an seiner politischen Karriere), und da man die beiden selten zusammen als Eltern oder Ehepartner sieht, kann man nicht nachvollziehen, was Kate an ihm findet. Larson, der Kate als |alimentatore| (bei „Buffy“ würde man ihn Wächter nennen) vom Vatikan an die Seite gestellt wurde, zieht sich ebenfalls ständig aus der Affäre und taucht im Roman hauptsächlich auf, um Kate zu erklären, dass er keine Zeit hat und ins Gericht zurück muss (im Hauptberuf ist er Richter). Die einzige rühmliche Ausnahme ist der Karatetrainer Cutter, bei dem sich Kate kurzentschlossen anmeldet, um wieder in Form zu kommen. Cutter ist witzig und schlagfertig, definitiv eine Bereicherung für den Roman.

„Dämonen zum Frühstück“ ist ein Roman für Hausfrauen, die sich ein wenig mehr Action in ihrem Alltag wünschen. Wollte man Kenner hehre moralische Absichten unterstellen, so könnte man den Roman als ein Plädoyer dafür lesen, dass Mütter zurück in den Beruf sollten und es nicht verwerflich ist, sein Kind in eine Betreuung zu geben. Tatsächlich lässt Kenner Kates beste Freundin an einer Stelle sagen: „Du bist jetzt nicht mehr nur Hausfrau und Mutter. Kate Connor, du hast jetzt einen Job, der dich tagsüber beschäftigt.“ Eine solche Message ist natürlich zu begrüßen, doch scheint es, dass Kate Connor Probleme mit ihrem neuen „Job“ hat. Sie kann sich nicht recht trennen von ihrem Hausfrauendasein. Im Arbeitsleben ist sie jedenfalls noch lange nicht angekommen, und so mäandert der Roman irgendwo zwischen Küche und Waschmaschine und lässt dabei große Höhepunkte vermissen.

|Originaltitel: Carpe Demon
Übersetzung von Mechthild Barth
411 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-453-53283-0|
http://www.heyne.de

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