Kinskofer, Lotte – Schwarzer Schnee

Der eigene Bruder, der Freund – eigentlich glaubt man, diesen Leuten vertrauen zu können und sie genau zu kennen. Doch Vertrauen kann enttäuscht werden, wie Lotte Kinskofer in ihrem Jugendkrimi „Schwarzer Schnee“ aus der „dtv pocket crime“-Reihe zeigt.

Lara kann sich eigentlich nicht beschweren. Ihr Freund Max liebt sie, mit ihren Eltern und ihrem fünfzehnjährigen Bruder kommt sie gut zurecht, doch dann passiert etwas, was ihr Leben auf den Kopf stellt. Simon, ihr Bruder, verschwindet. Er hatte vorher gesagt, er würde bei einem Kumpel übernachten, aber als die Familie Sonntag abend dort anruft, muss sie feststellen, dass er dort nie aufgetaucht ist. Wo ist Simon? Nichts hat darauf hingedeutet, dass er einen Grund hatte, abzuhauen. Oder hat er sich umgebracht?

Tausend Fragen beschäftigen die Familie. Als Lara und Max Simons Zimmer durchforsten, finden sie merkwürdige Computerspiele, Geld, Alkohol – alles, was sie nie im Leben bei Simon vermutet hätten. Anstatt es der Kripo zu verraten, behalten sie es für sich. Lara möchte ihre Eltern nicht noch trauriger machen. Also beginnt sie selbst zu ermitteln, aber das ist gar nicht so leicht. Simon ist wie vom Erdboden verschluckt, niemand scheint ihn gesehen zu haben. Doch dann gibt es eine erste Spur. In einem leer stehenden Haus werden eine Blutspur ihres Bruders und ein Schreibheft von ihm gefunden. Was ist dort passiert? Und lebt ihr Bruder überhaupt noch?

Das Thema, das sich durch die ganze Geschichte zieht, ist, wie man sich in Menschen, die man zu kennen glaubt, täuschen kann. Das beginnt bei Laras Bruder Simon und endet bei Charakteren, bei denen man es gar nicht erwartet hat. Die Autorin baut mit Hilfe unterschiedlicher Personenkonstellation eine wendungsreiche, spannende Handlung auf. Actionszenen sind dabei selten. Vielmehr handelt es sich um einen sehr ruhigen, nachdenklichen Krimi, bei dem nach und nach Missstände ans Tageslicht kommen. Diese Ruhe wird an der einen oder anderen Stelle zu Langeweile, doch insgesamt schlägt sich „Schwarzer Schnee“ recht gut.

Lotte Kinskofer versteht es, ihre Geschichte und die Figuren sehr detailliert und anschaulich darzustellen. Ich-Erzählerin Lara schildert die Ereignisse sehr genau und eindrücklich. Das beginnt bei den Veränderungen, die Simons Verschwinden in ihrer Familie verursachen, bis hin zu der Zusammenarbeit mit der Polizei – sowohl die Handlung als auch die Figuren sind sauber durchdacht. Lara ist ein junges, eher ruhiges Mädchen, mit dem man sich gut identifizieren kann. Die anderen Charaktere haben ebenfalls Ecken und Kanten. Sie sind gut ausgearbeitet und erwecken die Geschichte zum Leben.

Lotte Kinskofers Schreibstil passt zu ihrer Heldin. Er ist ebenfalls ruhig, intelligent, dabei aber auch gewieft. Witzig ist die Geschichte nicht, sondern zumeist sehr ernst. Trotzdem liest sich das Buch schnell und flüssig. Die anschauliche Darstellung von Gefühlen und Gedanken sorgt dafür, dass man sich direkt in Laras Kopf versetzen kann.

„Schwarzer Schnee“ ist damit ein netter Jugendkrimi mit einem starken Fokus auf Personen und zwischenmenschlichen Beziehungen. Er ist anschaulich und lebensnah geschrieben und gefällt durch die authentische Hauptperson.

|270 Seiten, Taschenbuch
ISBN-13: 978-3423782371|
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