Knizia, Reiner – Medici vs. Strozzi

Reiner Knizias „Medici“ gehörte seinerzeit – zumindest in eingeschworenen Kreisen – zu den Jahresbesten auf der Liste der taktischen Gesellschaftsspiele. Ein Platz in der Auswahlliste zum Spiel des Jahres 1995 war dem damals aktuellen Titel des Doktors sicher, bevor das Spiel später in der Versenkung verschwand. Erst mit der Veröffentlichung der Zwei-Personen-Variante „Medici vs. Strozzi“ wurde der verlorene Schatz wieder ausgegraben, wenngleich die Priorität beim erstgenannten Spiel aus dem Jahr 2006 blieb, welches von |Rio Grande| in den Vertrieb von |Abacus| aufgenommen wurde. Die Frage lautete allerdings: Ist das Ganze in der Runde zu zweit ähnlich attraktiv wie die ungleich üppigere Version?

_Spielidee_

Der Background ist dieses Mal leicht verändert: Die beiden florentinischen Familien kämpfen in einem direkten Duell um ihr Prestige im Handel, der in diesem Fall in drei separaten Umschlaghäfen getätigt wird. Es geht um Geld, vor allem aber auch um Raffinesse beim Ausbooten der jeweils anderen Familie, denn nur derjenige, der in den Häfen Monopole aufbauen kann und somit eine Vormachtstellung erlangt, kann sich langfristig durchsetzen und das Spiel gewinnen – und natürlich auch den finanziellen Vergleich am Ende des Spiels bestehen.

_Ausstattung_

• 3 Häfen
• 6 Handelsschiffe
• 26 Warenplättchen
• 8 Markierungssteine für die Monopole
• 48 Münzen
• 1 Leinenbeutel
• 1 Spielanleitung

Bei der Gestaltung des Spielmaterials hat sich der Designer weitestgehend an zweckdienliche Eigenschaften gehalten. Die Häfen sind eher schlicht gestaltet, die Plättchen kaum spektakulär, und auch die Münzen könnten etwas prunkvoller sein, sollten sie tatsächlich Eindruck schinden wollen. Dies ist zu verkraften, wäre zumindest eine anschauliche Spielübersicht gewährleistet, doch gerade weil sich die vier Handelswaren optisch nicht allzu deutlich voneinander unterscheiden, ist hier schon ein erster entscheidender Kritikpunkt herausgefiltert, der später auch seinen Einfluss auf das Spielgeschehen haben soll. Wirklich herausragend ist die materielle Konzeption folglich nicht, für den recht simplen Spielablauf reicht es aber dennoch.

_Spielvorbereitung_

Vor der Partie werden nun die Häfen präpariert. Jeder Hafen zeigt zwei oder drei Handelswaren in seiner Mitte, aufgeteilt in eine Skala, die in beide Richtungen zeigt. Hier werden später die Marktvorteile der beiden Familien aufgeführt, je nachdem, welchen Ausschlag sie gerade haben. Die Spieler erhalten als Startkapital Münzen im Wert von 300 Einheiten. Das übrige Geld wird bereitgelegt. Anschließend bekommen die Spieler noch ihre Schiffe mit Platz für drei, vier bzw. fünf Handelswaren. Als Letztes werden die Plättchen in den Leinenbeutel befördert, womit das Spiel nun beginnen kann.

_Spielablauf_

„Medici vs. Strozzi“ wird in insgesamt drei Runden ausgetragen, in denen es darum geht, in den jeweiligen Häfen sowohl die teuersten Waren in Beschlag zu nehmen als auch eine Mehrheit zu erzielen, was die Quantität der jeweiligen Waren angeht. Der Startspieler – in der ersten Runde der Medici-, später der Strozzi-Spieler – zieht nun ein Plättchen aus dem Beutel und gegebenenfalls noch ein oder zwei weitere. Anschließend nennt er einen Preis und bestimmt damit die Verkaufssumme für alle gezogenen Plättchen. Der Gegenspieler hat nun die Wahl, ob er das Paket kauft oder ob er es dem Anbieter zum gleichen Preis überlässt. Dieser ist gezwungen, es abzunehmen.

Anschließend werden die Plättchen in eines der Schiffe geladen und mit diesem Schiff vor einen Hafen gesetzt. Jedes beladene Schiff, so gering die Ladung auch sein mag, muss sofort vor einen Hafen gesetzt und darf von dort nicht mehr weggeschoben werden. Nach dem ersten Warenverkauf wechselt der Anbieter Zug für Zug, bis entweder alle Plättchen aus dem Säckchen gezogen sind oder eines der Schiffe voll beladen ist. Taktisch könnte es also von Vorteil sein, sein 3er-Boot mit drei Handelswaren auf Anhieb vollzuladen und den Gegner damit völlig zu überraschen.

Sobald der aktive Teil einer Runde vorüber ist, kommt es zu einer Zwischenwertung. Jeder Spieler zählt nun in jedem Hafen die Wertigkeiten der Plättchen, die sich dort mit den angebotenen Waren decken. Wer hier am besten abschneidet, bekommt Münzen im Wert von 20 Einheiten. Danach werden in allen Häfen die Wertungssteine verschoben. Für jedes Plättchen, das man in einem Hafen abgelegt hat, kann man die Steine in die Richtung seines Schiffes bewegen. Im Zuge dessen wird die Gunst für die jeweilige Ware pro Hafen angezeigt, die Produkt für Produkt weitere zehn Einheiten wert ist. Sobald die Gelder aufgeteilt sind, beginnt nach dem gleichen Schema die nächste Runde.

_Spielende_

Nach der dritten Spielrunde endet das Spiel mit einer Schlusswertung. Wie in den vorherigen Runden wird das Geld nach Gunst und Mehrheiten aufgeteilt. Wer nun das meiste Geld besitzt, hat das Spiel gewonnen.

_Persönlicher Eindruck_

Prinzipiell bietet „Medici vs. Strozzi“ eine sehr angenehme Spieltiefe, da man wirklich Zug für Zug gehörig taktieren muss, um einerseits selber Vorteile auszuschöpfen, gleichzeitig aber nicht ins offene Messer zu rennen. Bei jedem neuen Preisgebot stellt sich wieder die Frage, wie hoch man ansetzt und wie hoch man dabei auch pokert. Will man seinem Gegner beispielsweise sehr viel Bares entlocken, kann es passieren, dass man unverhofft selber zu einem überzogenen Preis kaufen muss. Umgekehrt muss man ab und zu auch schlucken bei der Preisvorstellung des anderen Spielers – aber man muss in den gegebenen Situationen auch kaufen.

Im Grunde genommen ist das Ganze immerzu ein Rechenspiel, welches sich in den entscheidenden Phasen einer jeweiligen Runde immer zuspitzt. Der Glücksfaktor beschränkt sich darauf, welche Plättchen aus dem Beutel gezogen werden, so dass pure Strategen hier, rein theoretisch, definitiv auf ihre Kosten kommen sollten. Aber Theorie und Praxis weichen letzten Endes dann doch ein Stück weit voneinander ab.

Ein nicht zu unterschätzender Einfluss ist die wirklich schlechte Spielübersicht, die unter anderem auf das mäßige, gleichförmige Design der Handelswaren zurückzuführen ist. Außerdem fehlt eine nummerierte Leiste in den Häfen, die beim Kalkulieren eine wichtige Hilfe sein könnte. Somit ist man immer wieder gezwungen, alles erneut durchzuzählen, bevor man endlich mal eine Entscheidung getroffen hat – und das lähmt den Spielfluss ungeheuer. Dadurch wird auch die vermeintliche Tiefe ausgehebelt, da eigentlich alles logisch nachzuvollziehen ist und man bis zuletzt alles so ausrechnen kann, dass man eventuell gar am Ende einen Gleichstand erzwingen kann. Es fehlt hier und dort das spontane Element, das der Zauderei mehr Spannung bringen könnte. Und auch wenn die Sache taktisch sehr clever aufgebaut scheint, ist der Spielspaß nicht in dem Maße ausgereizt, den das Potenzial der Grundidee vorgibt.

Als Spiel für zwei Personen ist „Medici vs. Strozzi“ summa summarum zwar immer noch in Ordnung, aber unbestritten ist es nur ein mäßiger Ableger von Knizias ambitionierterem Projekt „Medici“.

http://www.abacusspiele.de/

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