Solange das Volk zurückdenken kann, herrscht der mechanische König über die Hauptstadt Marinth und das gesamte Reich. Er gilt als der freundlichste König überhaupt, muss aber jedes Jahr während der Schlüsselzeremonie mit dem Königsschlüssel neu aufgezogen werden, damit er für ein weiteres Jahr funktioniert und das Land regieren kann.
Vela, die Tochter des Königsmechanikers, darf jedes Jahr zur Schlüsselzeremonie ihren Vater in Marinth besuchen und freut sich immer wieder darüber, dass sie bei der Schlüsselzeremonie dabei sein kann. Doch dieses Mal soll alles anders laufen, denn während der Schlüsselzeremonie in diesem Jahr ereignet sich etwas Schreckliches: Ein riesiger Vogel greift sich den Königsschlüssel, bevor der mechanische König neu aufgezogen werden kann, und fliegt mit seiner Beute davon! Und als wäre das Unheil nicht schon groß genug, kommt es für Vela noch schlimmer: Da ihr Vater der Königsmechaniker und für den Schlüssel verantwortlich ist, wird dieser wegen des verlorenen Königsschlüssels in den Kerker geworfen und soll ein Jahr später hingerichtet werden. So verlangt es das Gesetz, und nur der mechanische König ist dazu in der Lage, ihren Vater zu begnadigen. Da dieser aber nun nicht mehr funktioniert und der Königsschlüssel für immer verloren zu sein scheint, sieht es schlecht aus für Velas Vater.
Da die bei einem speziellen Turnier auserwählten Ritter, die den Königsschlüssel wieder auftreiben sollen, nichts anderes im Kopf haben, als sich in einem Gasthaus die Birne vollaufen zu lassen und Spaß zu haben, weiß Vela, dass sie die Sache selbst in die Hand nehmen muss, wenn sie ihren Vater retten will. Sie macht sich auf den Weg, um den Königsschlüssel zu suchen, und erlebt zusammen mit dem sprechenden Bären Urs, der gerne ein Ritter wäre, und dem Jungen Cephei viele erfreuliche und unerfreuliche Abenteuer …
_Eindrücke:_
Durch den Klappentext waren meine Erwartungen an „Der Königsschlüssel“ ziemlich groß. Der Klappentext versprach eine Story, die sich wesentlich von den sonstigen Geschichten im Fantasy-Genre abheben und mal etwas ganz anderes sein würde als das, was man sonst so in die Hände bekommt. Etwas Außergewöhnliches eben. Doch diese Erwartung wurde leider enttäuscht.
Die Sache mit dem mechanischen König, der jedes Jahr aufgezogen werden muss, damit er wieder für ein weiteres Jahr regieren kann, ist interessant und wirklich mal was Neues – das war es dann aber leider auch an neuen Ideen. Ansonsten verfolgt die Story das typische Held(in)-zieht-los-um-das-ganze-Königreich-zu-retten-Schema, nach dem sich schon so viele Bücher aus dem Fantasy-Genre richten. Der Protagonist (in diesem Fall: die Protagonistin), dem man anfangs nicht allzu viel zutrauen würde und der in manchen Fällen sogar noch ein halbes Kind ist, zieht los, besteht beinahe mit links die aufregendsten Abenteuer und kämpft sich quer durch das Land, um einen Gegenstand wiederzubeschaffen, der das ganze Königreich retten soll. Dabei erhält der Protagonist von dem ein oder anderen Begleiter Beistand gegen einen (angeblich) übermächtigen Gegner. Kommt das bekannt vor?
Wahrscheinlich, doch da heutzutage sehr viele Fantasybücher eben diesem Schema folgen und es nicht mehr ganz so leicht ist, etwas zu schaffen, das mal etwas Neues ist |und| der breiten Masse gefällt, sollte man die solcherart aufgebauten Geschichten fairerweise nicht zu hart kritisieren. Was man allerdings erwarten kann, ist, dass der Autor aus einer altbekannten Struktur wie dieser etwas macht, das vielleicht nicht komplett neu, allerdings mit ein paar guten Ideen, einer liebevollen und tiefgehenden Charaktergestaltung, einem fesselnden Erzählstil und anderen Mitteln angereichert ist, damit das Buch den Leser trotzdem fesseln kann und gut unterhält. Das ist Boris Koch mit „Der Königsschlüssel“ allerdings nur bedingt gelungen.
Beispielsweise konnten die Charaktere mich nicht wirklich überzeugen. Sie besitzen allesamt sehr wenig Tiefgang und wirken sehr oberflächlich. Zudem fiel es mir schwer, zu den Charakteren und auch zu der Protagonistin Sympathie aufzubauen, da ich sie hauptsächlich als nervend empfand. Vela fand ich in dieser Hinsicht am schlimmsten, da sie ziemlich zickig und pubertär auftritt. Ebenso wenig ansprechend fand ich Cephei. Von den drei Hauptcharakteren fand ich noch Urs, den sprechenden Bär, am sympathischsten, der kommt allerdings nur in einem Teil der Geschichte vor und ist trotz allem immer noch zu oberflächlich geraten.
Dann kommt noch hinzu, dass keines der Abenteuer und keine der Gefahren, auf die Vela und ihre Begleiter treffen, wirklich so bedrohlich sind, dass man sie nicht mit links bestehen oder überwinden könnte. Alles, was im ersten Moment furchtbar gefährlich zu sein scheint, stellt sich letztendlich als nicht ganz so bedrohlich heraus (da ja letztendlich nie wirklich etwas passiert), und für jedes Problem, das sich bei ihrer Reise auftut, lässt sich auch innerhalb kürzester Zeit eine Lösung finden, welche die Gefährten wieder weiterbringt. Auch der Dieb des Königsschlüssels, der übermächtig und böse sein soll, ist letztendlich gar nicht so ein Schlimmfinger, und auch hier passiert im Endeffekt wieder nichts, das für Vela und ihre Freunde eine ernsthafte Gefahr bedeutete. Das macht die Lektüre an manchen Stellen etwas langweilig, da nie wirkliche Spannung aufkommen kann. Schließlich weiß man immer, dass die drei sowieso ohne ernsthaften Schaden davonkommen werden.
Womit ich auch schon beim nächsten Punkt wäre. Die Geschichte ist an einigen Stellen, insbesondere was das Ende anbelangt, ziemlich vorhersehbar, was der ihr noch zusätzlich Spannung nimmt, da man sich immer schon im Voraus denken kann, was ungefähr als Nächstes passiert.
Bei „Der Königsschlüssel“ handelt es sich wider Erwarten um ein Jugendbuch (obwohl |Heyne| es als Fantasy einordnet, während die auf dem Cover ungenannte Ko-Autorin Kathleen Weise das Werk selbst sogar als Kinderbuch ab 10 Jahren einstuft), und das merkt man der Geschichte leider auch an. Der Schreibstil ist ziemlich einfach gestrickt, was zwar an sich nichts Negatives ist, aber trotzdem hat er mir einfach nicht gefallen. An einigen Stellen fand ich ihn zu schlicht geformt und ebenso nervig wie die Charaktere.
Allerdings ist nicht alles an „Der Königsschlüssel“ Zeitvergeudung. Einige Stellen im Buch waren wirklich gut gemacht und auch interessant zu lesen. Nur schade eben, dass das nicht bei der kompletten Geschichte der Fall ist.
_Fazit:_
Alles in allem hat mir „Der Königsschlüssel“ leider nicht gefallen. Die Charaktere sind zu flach, die Grundgeschichte ist altbekannt und an den meisten Stellen fehlte mir die Spannung. Allerdings kann ich mir vorstellen, dass Jugendliche oder noch jüngere Leser, die noch nicht allzu viele Bücher aus dem Fantasy-Genre kennen, eher mit dem vorliegenden Roman etwas anzufangen wissen.
_Der Autor:_
Boris Koch wurde 1973 geboren und wuchs auf dem Land im bayerischen Schwaben, südlich von Augsburg, auf. Er studierte Alte Geschichte und Neuere Deutsche Literatur in München und lebt heute als freier Autor in Berlin. Zu seinen Werken gehören unter anderem der All-Age-Roman „Der Drachenflüsterer“ und „Gebissen“.
|400 Seiten, gebundenes Buch im Pappband
ISBN-13: 978-3-453-52534-4|
http://www.boriskoch.de
http://www.kathleenweise.de
http://www.heyne.de
_Boris Koch auf |Buchwurm.info|:_
[„Interview mit Boris Koch“]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=91
[„StirnhirnhinterZimmer“ 4957
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