Köstering, Bernd – Goetheruh

_Inhalt:_

Hendrik Wilmut, frankfurter Literaturdozent und Goethe-Kenner, wird von seinem Cousin Benno in seinen ehemaligen Heimatort Weimar gerufen. Benno hatte am Telefon nichts sagen wollen, und Hendrik ist tatsächlich neugierig. Was ihn erwartet, ahnt er allerdings nicht, und er ist wie vor den Kopf geschlagen, als er erfährt, dass im Goethehaus Diebstähle stattgefunden haben. Offensichtlich ging der Täter sehr planvoll vor, da es sich bei den gestohlenen Stücken nur um Originale handelt.

Nach jedem Diebstahl lässt der Dieb Benno, der für die Stadt Weimar tätig ist, ein Zitat aus einem Werk Goethes zukommen – zeitlich und zu den Umständen des Diebstahls so passend, dass es der reine Hohn für die Männer ist, die ihn jagen.
Hendrik soll mit seinem Wissen über Goethe weiterhelfen: Welche Stellen genau sind es, die der Unbekannte zitiert? Und gibt es nähere Zusammenhänge mit den Beutestücken?

Schnell wird klar, dass die Diebstähle nicht beim normalen alltäglichen Publikumsverkehr entwendet worden sein können. Das Goethe-begeisterte Phantom verfügt also über Mittel und Wege, die nicht jedem zugänglich sind.
Hendrik ist entsetzt über die Entweihung seines Lieblingsmuseums und stürzt sich mit Feuereifer in die Arbeit. Er kommt dem Dieb geistig relativ nahe, befindet er sich doch in einer ähnlichen Umlaufbahn um den letzten Universalgelehrten wie der Kriminelle. Doch je mehr der Dozent erfährt, desto unheimlicher wird ihm der Fall. So vieles, was der Unbekannte tut, erscheint ihm falsch und blasphemisch.

Und als wäre das alles nicht schon genug, muss er sich nun auch noch lebensumwälzenden Fragen stellen, die teils mit seiner Jugendfreundin Hanna und teils mit seiner Arbeit zusammenhängen…

_Kritik:_

Köstering führt seine Leser nach Weimar und zeichnet ein liebevoll-detailreiches Bild des Goethe-Hauses und der Umgebung. Durch Hendriks Recherche und die Ränke des Diebes erfährt der Leser nebenher jede Menge über Goethe als Dichter, als Menschen und als Mythos. Zahlreiche Zitate des großen Mannes vermitteln seine geistige Nähe in seiner einstigen Heimatstadt. Das ist schön gelungen und macht Spaß zu lesen.

Allerdings krankt „Goetheruh“ an Längen. Jeder, aber auch jeder Schritt, jeder Gedanke, jeder Schwindelanfall, jede Regung Hendrik Wilmuts wird mit einem Wortschwall geschildert und lassen den Dozenten und zivilen Polizeiberater als echten Leisetreter erscheinen. Natürlich ist er nicht der Mann fürs Grobe, natürlich wurde er als Gehirn zur Sonderkommission gebeten, aber man kann es auch übertreiben. An Stelle seiner Jugendliebe Hanna beispielsweise wäre die Unterzeichnete längst durchgedreht. In Hendriks Kopf liegen Dinge immer wundervoll klar dar, wie es scheint, aber an der Umsetzung hapert es offensichtlich, wenn nicht mehrere Tage Anlaufzeit vorhanden sind.

Zumindest kam es mir so vor – vielleicht liegt es aber auch nur daran, dass kaum etwas der Phantasie des Lesers überlassen bleibt, weil alles ausformuliert wird. So etwas nimmt natürlich Zeit in Anspruch. Weniger wäre in diesem Fall einfach mehr gewesen, hätte dem Roman etwas mehr Tempo und Spannung verleihen können.

_Fazit:_

„Goetheruh“ ist grundsätzlich für jeden Literaturfan empfehlenswert. Die Anspielungen auf Goethe selbst sind liebevoll ausgearbeitet und zeugen von emsiger Vorarbeit und einem profunden Wissen seitens Köstering. Auch die Details aus dem medizinisch-psychologischen Bereich zeugen von akribischer Recherche.

Wem allerdings die Verbundenheit zum alten Meister fehlt, der wird mit diesem Krimi sicherlich seine Probleme bekommen. Auf Grund seiner Sperrigkeit und der Tatsache, dass Köstering durch Beschreibungen und Introspektion immer wieder die Bremse zieht, wenn sein Fall Fahrt aufnimmt. Allerdings ist „Goetheruh“ Bernd Kösterings Krimi-Erstling. Bisher schrieb er Fach- und Sachbücher. Bestimmt ist die Umstellung von Tatsachenschilderung zu Fiktion, Reiz und Lockung von Andeutungen und Tempo nicht ganz einfach.

Da diverse Grundlagen viel versprechen und Übung bekanntlich den Meister macht, lohnt es sich wohl also dennoch, ein weiteres Auge auf Kösterings Werke zu haben. Vielleicht verlieren sich diese kleinen Makel im Laufe der Zeit.

|Broschiert: 374 Seiten
ISBN-13: 978-3839210451|
[www.gmeiner-verlag.de]http://www.gmeiner-verlag.de

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