Yann Krehl / Christian Nauck / Sven Strangmeyer / Kai Meyer – Muschelmagie (Wellenläufer, Band I)

Geschenkt: Bestseller in Ultrakurzform

In der Karibik des 18. Jahrhunderts werden nach einem Erdbeben Kinder mit einem besonderen Talent geboren: Sie können über Wasser gehen. Offenbar wurden magische Energien freigesetzt. Doch neben diesen „Quappen“ kommen nun auch andere Wesen zum Vorschein: Klabauter und anderes gieriges Gesocks. Vierzehn Jahre später sind nur noch zwei Quappen übrig: Jolly und Munk. Sie finden sich in einem furiosen Abenteuer wieder. (gekürzte Verlagsinfo)

Die Autoren

Die Adaption des Buchtextes von Kai Meyer (s. u.) stammt von Yann Krehl, die Zeichnungen steuerte Christian Nauck bei, die Farbe kommt von Sven Strangmeyer.

Der Zeichner Christian „Mana“ Nauck lebt und arbeitet in Berlin. Nach einer Ausbildung zum Mediengestalter ist er seit 2004 als selbständiger Comiczeichner und Illustrator tätig. Er hat bereits diverse Werke veröffentlicht, u. a. den Titel „Berlin, Berlin: Zoe – Chaos Tage“ (|Ehapa Comic Collection|) in Zusammenarbeit mit dem Autor Dirk Bertram. In seinem neuesten Werk „Die Wellenläufer“ überträgt er mit seinen Kollegen (s. o.) Kai Meyers Bestsellervorlage ins Medium Comic. (Verlagsinfo)

Kai Meyer, Jahrgang 1969, studierte Film, Philosophie und Germanistik und arbeitete als Redakteur. Er schrieb schon in jungen Jahren und lieferte u. a. ein paar Jerry-Cotton-Abenteuer. Sein erster großer Erfolg war „Die Geisterseher“, eine historische „Akte X“. Seit 1996 ist er freier Schriftsteller und Drehbuchautor. Bisher sind rund 40 Romane von ihm erschienen. Selbst Kritiker waren von seinem historischen Mystery-Thriller „Die Alchimistin“ begeistert, später folgten „Die fließende Königin“ und „Göttin der Wüste“. Bei |Loewe| erschien mit den „Wasserläufern“ ein Jugend-Fantasyzyklus. „Frostfeuer“ aus dem Jahr 2005 ist eigenständiger Jugendroman. Das Buch wurde mit dem internationalen Buchpreis CORINE ausgezeichnet.

Der Wellenläufer-Zyklus, der sich allein in Deutschland 250.000 Mal verkauft hat, besteht aus den drei Bänden:

1) Die Wellenläufer
2) Die Muschelmagier
3) Die Wasserweber

Handlung

Die vierzehnjährige Jolly ist eine so genannte Wellenläuferin. Dank der Magischen Energien des Erdbebens, das vor ihrer Geburt die Karibikstadt Port Royal vernichtete, hat die Quappe die – wie sie meint – einzigartige Fähigkeit, übers Wasser zu gehen. Sie ist nach dem Tod ihrer Eltern bei den Leuten des Piraten Bannon aufgewachsen. Klar, dass sie ihrem Ziehvater bei seinen „Geschäften“ hilft. Gerade wirft sie Kanister voll giftigen Schlafgases an Bord einer spanischen Galeone, auf die es die Freibeuter abgesehen haben. Schon bald ist das Schiff erobert. Da gibt es eine üble Überraschung …

Jolly entkommt der Gefahr im Innern der Galionsfigur, die sie wie ein schwimmender Sarg an die Gestade einer scheinbar einsamen Insel trägt. Dort findet der vierzehnjährige Junge Munk die Schlafende und pflegt sie mit seiner Mutter gesund. Munk zeigt dem Mädchen die Insel. Neben seiner Mutter arbeiten nur sein Vater und eine Reihe von Arbeitsgeistern hier, um den Boden zu bestellen. Sie haben sich vor der Rache des Piratenkaisers verstecken müssen und wähnen sich in Sicherheit. Jolly klärt Munk darüber auf, dass mittlerweile ein anderer Typ an der Macht sei. Munk zeigt ihr dafür seine Fähigkeit der Muschelmagie. Sie entdecken, dass sie beide Quappen sind.

Als der Geisterhändler mal wieder zu Besuch ist, lehnt Munks Vater den Kauf weiterer Geister ab. Der Einäugige, der von zwei Papageien begleitet wird (man denke an Wotan / Odin), warnt die Kinder vor drohender Gefahr. In der Mitte des Atlantiks habe sich ein Mahlstrom aufgetan, aus dem allerlei finsteres Gesocks an die Oberfläche dränge. Die Klabauter, grünhäutige Froschechsen, kennt Jolly schon.

Als die beiden dem Geisterhändler heimlich folgen, weil sie ihm nicht trauen, müssen sie erfahren, dass der Piratenkaiser im Bunde mit magischen Kräften stehe und eine vernichtende Gefahr auf Munks Insel losgelassen habe: einen Acherus. Als die beiden Kinder zurück zur Insel laufen – Wellenlaufen macht Boote ziemlich überflüssig, nicht wahr? – finden sie dort nur Verwüstung und Tod vor. Dann kracht ein riesiges Ungeheuer aus dem Dschungel. Es scheint etwas zu suchen: Munk!

Ob wohl Muschelmagie gegen das Monster helfen kann?

Mein Eindruck

Ein Comic aus deutschen Landen – eigentlich nichts Ungewöhnliches. Und dann gleich zu einem Jugendbuch-Bestseller. Da kann eigentlich nichts schief gehen, sollte man meinen. Aber ein paar Dinge lassen einen doch stutzig werden. Zum Beispiel sind die Augen der beiden Hauptfiguren recht häufig ziemlich leer – nur auf Großaufnahmen füllen Pupillen die Augen der Figuren aus.

Und was sollen die beiden schwarzen Punkte auf Jollys Nasenrücken bedeuten? Man könnte fast meinen, sie sei ein Vogel und nehme durch diese „Löcher“ Witterung auf. Sie ist die einzige Frau, die diese Löcher aufweist. Nehmen wir mal an, es handle sich um zwei sehr große, äh, Sommersprossen.

Gleich am Anfang fragte ich mich, ob Kai Meyer oder der Texter besonders viel von Piraterie verstehen. Die Piraten freuen sich nämlich, dass das Munitionsdepot ihres Gegners in der Seeschlacht in die Luft fliegt. So weit, so gut. Doch die Explosion müsste das Schiff demolieren – dennoch wollen die Piraten lieber dieses Schiff übernehmen als das alte zu behalten, das völlig in Ordnung ist!

Der Sinn dieses unseemännischen Verhaltens offenbart sich wenig später: Der gekaperte Spanier ist eine Falle für die Piraten. Und die kann natürlich nur funktionieren, solange die Piraten noch an Bord sind, wenn sie zuschnappt. Die Unlogik ist also nur der Handlungsstruktur zu verdanken. Na, dann sag ich schon mal „Herzlichen Dank für die Handlung!“

Die Rückblenden, die eigentlich sehr viel erklären müssten, werden vom Comic sehr kurz ausgeführt – in gerade mal fünf Bildern. Sie sollen erklären, wie es zum Ausbruch der Magie und der Entstehung der Quappen kam. Es bleibt bei Vermutungen bezüglich der Magie. Dass es nur noch zwei überlebende Wellenläufer gibt, wird mit der Verfolgung durch die diversen Kolonialherren erklärt, die mit diesen Wesen Experimente anstellten. Das ergibt keinen Sinn, denn warum sollten diese Leute wertvolle Wesen opfern, wenn diese ihnen einen militärischen oder sonstigen Gewinn versprechen? Eine Verfolgung durch die Kirche zwecks „Teufelsaustreibung“ o. ä. würde mehr Sinn ergeben, doch davon ist keine Rede.

Wenn der Logik schon der Laufpass gegeben wird, so sollte man doch wenigstens Humor in all dem Schrecken und der Magie erhoffen können. Wenn man unter „Humor“ geworfene Messer und entflohene Diebe, die Riesen in die Eier treten, versteht, so gibt es jede Menge Humor. Ich verspürte plötzlich große Lust, als Ausgleich Johnny Depp in „Der Fluch der Karibik“ anzusehen. Captain Jack Sparrow ist nämlich wirklich lustig. Und kommt im Sommer wieder.

Unterm Strich

„Muschelmagie“ ist lediglich der erste Comicband zu „Die Wellenläufer“, liefert also nur einen ersten Teil der Handlung. Dennoch kosten die 48 Seiten so viel wie ein gutes Taschenbuch: 9 Euronen. Das finde ich unverhältnismäßig viel. Dieser Forderung steht leider kein so tolles Produkt gegenüber, dass ich es empfehlen könnte. Und eine Empfehlung für das Buch ist die Unlogik der hier präsentierten Handlung auch nicht gerade.

Taschenbuch: 48 Seiten
www.egmont-comic-collection.de