Kyung Ran, Jo – Feine Kost

_Inhalt_

Ji-won ist eine überragende Köchin. Ihr Chef erkennt ihr Potenzial und schickt sie mehrfach von seinem Restaurant in Seoul aus nach Italien, damit sie vor Ort Eindrücke und Rezepte sammeln kann. Schließlich verliebt sich die junge Frau und plant mit dem attraktiven Architekten Sok-ju eine gemeinsame Zukunft. Sie verlässt das Restaurant und gibt Kochkurse im eigenen Heim. Alles könnte perfekt sein, doch dann ist es ausgerechnet eine ihrer Schülerinnen, in die Sok-ju sich verliebt und für die er sie verlässt.

Ji-won liebt nicht leicht und schnell, sondern ernsthaft und bis an die Schmerzgrenze. Sok-ju hatte einst gesagt, dass er sie liebt, und in ihren Augen kann er das nicht zurücknehmen. Dass er dazu aber ganz offensichtlich doch in der Lage ist, bringt sie völlig aus dem Tritt. Sie schließt ihr Kochstudio, verliert ihren feinen Geschmacksinn und fast den Lebenswillen. Schließlich reißt sie sich zusammen und kehrt zu ihrem alten Arbeitgeber zurück.

Bei allen seinen Eigenheiten und trotz des Misstrauens, das er ihr ihrer obsessiven Liebe wegen entgegenbringt, weiß ihr ehemaliger Chef, was er an ihr hat, und stellt sie wieder ein. Redlich bemüht er sich auf seine schroffe Art, die desolate junge Frau wieder auf die richtigen Gedanken zu bringen. Ji-wons feine Sinne schärfen sich wieder; sie beginnt, all ihre Zeit in der Küche zu verbringen. Mit einem nicht unwesentlichen Schuss Fatalismus kocht sie sich immer näher an die Perfektion, aber auch den Wahn heran. Und schließlich ist ihr klar, was sie zu tun hat: Sie muss Sok-ju ein unfehlbar fantastisches Essen kochen, dann gehört sein Herz wieder ihr. Dafür aber braucht es jede Menge Vorbereitung und ganz bestimmte Ingredienzien …

_Kritik_

Aller Wahrscheinlichkeit nach ist Jo Kyung Ran dem Genuss eines wirklich guten Essens zur Totalität und ohne jede falsche Scham verfallen. Wer eine solche Liebeserklärung an Essen, Zutaten, Kompositionen, an Feinschliff, Aroma, Gerüche, Geschmacksentfaltung schreiben kann, der muss selbst Gourmet sein. Oder über eine so beängstigende Vorstellungsgabe verfügen, dass es der Realität schon nahe kommt.

Es ist pures übertragen-lukullisches Vergnügen, Ji-won über die Seiten zu folgen, und da wir die Geschichte aus ihrer Perspektive hören, bleibt uns nicht einmal ihr Wahn so fern, wie er es eigentlich sollte. Zwar fragt man sich anfangs schon, ob die Protagonistin nicht etwas übertreibt, und auch späterhin kann man sich quasi immer dazu beglückwünschen, dass man anders handeln würde als sie, aber man bleibt doch in einer sehr engen Umlaufbahn um diesen unglücklichen, perfektionistischen, begnadeten Charakter.

Es ist unglaublich spannend, den Weg der jungen Frau nachzuvollziehen und nie zu wissen, ob sie sich auf dem Weg der Besserung befindet oder ob sie gänzlich abgleiten wird. Stille, zarte Situationen wiegen den Leser in Sicherheit, sodass eine überraschend auftretende Stelle von totaler Widerwärtigkeit ihn völlig aus der Bahn wirft.

Sok-ju, der ungetreue Liebhaber, bleibt merkwürdig blass, hat er doch in persona nur eine kleine Rolle in Ji-wons Kampf ums Dasein. Außerdem kann er ja eigentlich nicht der sein, für den sie ihn hielt, denn ihr Traumbild hätte sie nie zu Gunsten einer anderen verlassen. Und so will sich das Bild, das Ji-won gedanklich zeichnet, nicht mit dem decken, das der Mann abgibt, wenn er tatsächlich auftritt.

Eckig und kantig, aber mit verblüffend sanften Facetten treten dagegen der Chef und die beste Freundin der Protagonistin auf: Beide auf ihre Art und Weise beschädigte Persönlichkeiten, befremdlich und liebenswert, so wie die Heldin selbst, wenn sie den Leser gerade nicht zu sehr erschreckt.

_Fazit_

„Feine Kost“ in ein in vielfacher Hinsicht delikates Buch. So sehr man teilweise aufspringen und in die Küche stürzen möchte, um eine Anregung direkt umzusetzen, so sehr kratzt Jo Kyung Ran teilweise an den Ekelrezeptoren. Der Roman vereint Widersprüche in sich, die eigentlich nicht vereinbar sind, überschreitet ohne mit der Wimper zu zucken Grenzen des guten Geschmacks und wirft sich gleichzeitig Verständnis voraussetzend an des Lesers Hals.

Ich habe die Lektüre genossen: Sie fordert, verführt und widert an und ist zu jedem Zeitpunkt kurzweilig. Ein Hammerroman!

|Taschenbuch: 288 Seiten
Originaltital: Hyeo
Aus dem Koreanischen von Kyong-Hae Flügel
ISBN-13: 9783630621852|
[www.randomhouse.de/luchterhand ]http://www.randomhouse.de/luchterhand/index.jsp__
[de.wikipedia.org/wiki/Jo__Kyung-ran]http://de.wikipedia.org/wiki/Jo__Kyung-ran

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