Läckberg, Camilla – Eisprinzessin schläft, Die

Das schwedische Fjällbacka ist ein Kaff, wie es im Buche steht. Irgendwo an der ländlich-provinziellen Küste Schwedens gelegen, wo vor allem der Tourismus als Lebensgrundlage dient, seit der Fischfang kein ganz so einträgliches Geschäft mehr darstellt. Klingt alles in allem nicht gerade nach einem Ort, an dem viel passiert – schon gar nicht nach einem Ort, der Stoff für spannende Krimis bietet. Dennoch hat Camilla Läckberg sich gerade ihren Geburtsort Fjällbacka als Handlungsort ihrer Krimis auserkoren. Und das ist durchaus eine kluge Wahl gewesen …

Während des Winters liegt in Fjällbacka der sprichwörtliche Hund begraben. Umso höher schlagen die Wellen, als ein Leichenfund die schwedische Winteridylle trübt. Alexandra Wijkner wird ermordet im gefrorenen Wasser ihrer Badewanne gefunden. Die junge Frau war erfolgreich, reich und schön, doch ihr Ableben gibt allen in Fjällbacka und auch der Polizei Rätsel auf. Wen mochte Alexandra Wijkner sich zum Feind gemacht haben?

Auch Erica Falk stellt sich Fragen wie diese. Erica ist nach Fjällbacka zurückgekehrt, um im Haus ihrer verstorbenen Eltern Klarschiff zu machen und wird dabei in den Mord an ihrer früheren Busenfreundin Alexandra hineingezogen. Gemeinsam mit Kriminalassistent Patrik Hedström sammelt Erica Informationen zu dem Fall, in dem sich so manche sonderbare Verbindung auftut. Eine Spur führt zur Familie des reichen Konservenfabrikanten Lorentz, eine andere zu einem stadtbekannten Säufer. Und was ist mit dem ungeliebten Ehemann der Toten?

Irgendwo hinter all den winzigen Puzzlestückchen, die Erica und Patrik ausgraben, scheint ein altes Geheimnis verborgen zu liegen. Irgendetwas, das vielleicht bis in Alexandras Kindheit in Fjällbacka zurückreicht …

Camilla Läckberg ist mit ihren Krimis in Schweden bislang ziemlich erfolgreich. Über 500.000 verkaufte Bücher sind in einem Land wie Schweden schon ein Wort und dementsprechend wird die Autorin auch von der deutschen Presse gefeiert. Die |Bild am Sonntag| kürt sie gar zu einer „Krimi-Queen“. All das Lob lässt in jedem Fall auf Gutes hoffen, und diese Hoffnungen werden nicht enttäuscht.

Mit Erica Falck und Patrik Hedström schickt Camilla Läckberg ein außerordentlich sympathisches Ermittlerduo ins Rennen. Erica stolpert eher unverhofft in den Fall hinein. Durch Zufall ist sie bei der Entdeckung der Leiche dabei, und da sie früher einmal Alexandras beste Freundin war und nun als Schriftstellerin prädestiniert für die Aufgabe ist, bitten Alexandras Eltern sie darum, den Nachruf für die Zeitung zu schreiben.

Ehe Erica sich versieht, steckt sie auch schon mitten in den Ermittlungen, und da sie nun einmal Schriftstellerin ist, macht sie sich auch gleich ein paar Notizen, um aus der Geschichte um Alexandras Tod später einen Roman entwickeln zu können. Ericas Interesse an dem Fall ist also eher auf persönlichen und schriftstellerischen Interessen begründet. Daraus resultiert auch eine gewisse Unbefangenheit, mit der sie an den Fall herangeht. Sie folgt einfach ihrer Intuition und macht dabei so manche Entdeckung, um die Patrik Hedström sie nur beneiden kann.

Auch Patrik und Erica kennen sich aus früheren Zeit. Im Zuge der Ermittlungen kreuzen sich ihre Lebenswege wieder. Dabei kommen die beiden sich nicht nur beruflich näher. Auch Patrik ist eine äußerst sympathische Figur. Zu lesen, wie die beiden sich vorsichtig einander annähern, ergänzt den Krimi um eine weitere menschliche Facette.

Überhaupt liefert Camilla Läckberg mit „Die Eisprinzessin schläft“ einen Krimi ab, der stets auch immer ein wenig über den Horizont des eigenen Genres hinausschaut. Es trifft genau das zu, was Läckberg ihre Protagonistin Erica über das Schreiben von Krimis sagen lässt: Erica interessiert sich eigentlich weniger für Krimis als vielmehr für die Menschen, die dahinter stecken. Genau das wendet auch Camilla Läckberg an. Sie rückt die Menschen in den Mittelpunkt der Betrachtung, und das hebt sie sehr schön aus der Masse vieler anderer Kriminalautoren heraus. Bei ihr verdient so ziemlich jede Figur eine genauere Betrachtung, auch wenn sie nur marginal Einfluss auf die Handlung nimmt. Da sie dabei auch gleichzeitig beweist, dass sie es vermag, ihren Figuren in die Herzen zu schauen, geht die Rechnung auf. Läckbergs Krimis haben eine unverkennbar menschliche Sicht der Dinge, die einen zusätzlichen Lesegenuss darstellt.

Es ist diese menschliche Sicht der Dinge, die dem Roman auch immer wieder eine positive Note verleiht. Die Autorin krempelt die Vergangenheit ihrer Figuren um und fördert dabei wirklich unschöne und erschütternde Dinge zu Tage, dennoch hat der Roman insgesamt auch eine unverkennbar positive Ausstrahlung.

Damit schafft Camilla Läckberg es (und wenn wir uns schon im Spannungsfeld schwedischer Krimiliteratur bewegen, ist dieser Vergleich wohl unvermeidlich), einen schönen Gegenpol zu den düsteren Krimis zu schaffen, die beispielsweise ein Henning Mankell abliefert. Läckberg braucht den Vergleich mit Mankell nicht zu scheuen, einfach weil die beiden sich letztendlich an entgegengesetzten Punkten des Krimigenres bewegen.

Läckberg schafft in ihrem Plot immer wieder auch Raum für Nebenhandlungen, die der Geschichte zusätzliche Tiefe verleihen. Dabei bettet sie diese Nebenstränge so gut in den Haupthandlungsstrang ein, dass man kaum Kritikpunkte findet – zumal ihr flüssiger und lockerer Erzählstil sein Übriges zum Gelingen beiträgt. Am Ende ergibt die Geschichte ein überzeugendes großes Ganzes. Läckberg hat nicht nur einen Kriminalfall gelöst, sondern auch menschliche Schicksale entblättert. Die Auflösung des Falls gelingt ihr dabei sehr gut und stimmig. Die Motive des Täters werden deutlich nachvollzogen und die losen Enden der Geschichte stimmig zusammengeführt. Handwerklich gibt es daran nichts auszusetzen.

Schön sind auch immer wieder die etwas humorvolleren Töne. So beschreibt Läckberg durch wechselseitige Perspektiven wunderbar Hedströms Chef, der sich einfach absolut unmöglich benimmt, sich dabei aber jederzeit für einen glanzvollen Helden hält. Auch die Betrachtungen von Ericas Verhalten ganz allgemein und speziell gegenüber Patrik geben immer wieder Anlass zum Schmunzeln. Ich musste bei der Lektüre hin und wieder an Bridget Jones denken und war daher auch nicht sonderlich verwundert, als Erica im Laufe des Romans Bridget Jones als ihre Lieblingsheldin nennt. Läckberg schafft es mit diesen humorvollen Zwischentönen und ihrer positiven Grundstimmung, den Krimiplot ganz hervorragend abzurunden.

Bleiben unterm Strich eigentlich keine Wünsche offen. Camilla Läckberg weiß mit ihrem Debütroman „Die Eisprinzessin schläft“ auf ganzer Linie zu überzeugen. Mit Erica Falck und Patrik Hedström hat sie ein wunderbar sympathisches Ermittlerduo geschaffen, dem man gerne bei weiteren Ermittlungen über die Schulter schauen möchte. Die Geschichte ist stimmig erzählt, lässt humorvolle Zwischentöne zu und wirkt trotz der erschütternden Hintergründe des Falls in den Grundzügen ausgesprochen positiv und realitätsnah. Spannend und gleichermaßen unterhaltsam erzählt Läckberg ihre Geschichte und macht dabei wirklich Lust auf mehr. Wie gut, dass mit [„Der Prediger von Fjällbacka“ 2539 bereits ein weiterer Krimi mit Erica und Patrik in den Hauptrollen vorliegt.

http://www.aufbauverlag.de

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