Lebbon, Tim – 30 Days of Night. Roman zum Film

_Story_

Barrow, Nordalaska, tiefster Winter: Wie in jedem Jahr laufen die Vorbereitungen für die 30-tägige Dunkelperiode auf Hochtouren. Ein ganzer Monat ohne Sonne steht bevor und treibt den größten Teil der Bevölkerung in den klimatisch freundlicheren Süden, um so Depressionen und dem Gefühl vollkommener Nutzlosigkeit vorzubeugen. Nur ein kleiner Teil der Einwohnerschaft, darunter auch Sheriff Eben Oleson und seine ehemalige Freundin Stella, bleiben in der Ruhe der Nacht zurück, in freudiger Erwartung auf das wiederkehrende Sonnenlicht.

Doch schon in den ersten Stunden der Dunkelheit ereignet sich Merkwürdiges in Barrow; das Stromnetz ist lahmgelegt, Maschinen werden sabotiert, und obendrein entdecken Olseon und seine Leute auch noch die massakrierten Leichen einiger Schlittenhunde. Als schließlich auch die erste Menschenleiche gefunden wird, wächst in Eben das Misstrauen, bis ihm mit einem Mal die fürchterliche Gewissheit kommt, dass seine Heimatstadt von einer äußerst brutalen Vampirhorde überfallen wurde und alles Leben dem Untergang geweiht ist. 30 Tage müssen die Überlebenden in der Finsternis der Nacht durchhalten – 30 Tage voller Schrecken, Angst und Panik!

_Persönlicher Eindruck_

Nach den jüngsten Erfahrungen im Bereich von literarischen Spiel- und Kinoadaptionen ist in mir eine anhaltende Skepsis diesem Metier der Belletristik gegenüber gereift, die sich auch im Vorfeld der Auseinandersetzung mit „30 Days of Night“ nicht verdrängen ließ. Ersten Vorberichten zufolge erwartete den Leser ein äußerst freizügiges Metzelfest, ganz in der Tradition der üblichen Hack-&-Slay-Geschichten aus der Traumfabrik Hollywood, ohne dabei die visuelle Effizienz der Leinwandproduktionen nutzen zu können.

Knapp 300 Seiten später sind derartige Befürchtungen jedoch längst ad acta gelegt; das Buch zum aktuellen Kinowerk von David Slade versetzt die Leserschaft nämlich von der ersten Seite an in diesen prickelnden Zustand, welcher gerade dann nicht mehr loszulassen vermag, wenn man sich bereits als Teil der in diesem Falle ziemlich heftigen Handlung fühlt – und genau dies geschieht in Tim Lebbons Comic- und Filmadaption relativ zügig.

Die Erzählatmosphäre, die der Autor heraufbeschwört, ist schlichtweg brillant, unter anderem herbeigeführt durch kompakte Cliffhanger am Ende der Kapitel, völlig unerwartete Sprünge in den einzelnen Szenarien und dir Strukturierung der Charaktere und ihrer Gemütszustände. Natürlich lässt Lebbon sich dabei nicht unwesentlich von typischen Genre-Standards beeinflussen, gerade was die Darstellung des Bösen betrifft, das im verlassenen Barrow natürlich genau den Nährboden antrifft, den es zur allgemeinen Verbreitung benötigt. Und dennoch ist in „30 Days of Night“ so manches irgendwie anders; das Setting ist in diesem Sinne zwar nicht ungewöhnlich, aber aufgrund der tollen Szenenbeschreibungen auf ganz spezielle Weise besonders. Aber auch die Erzeugung der ganz unterschiedlich strukturierten Spannungsmomente wird nach und nach zur ernsthaften Demonstration schreiberischen Könnens, dokumentiert in der wahrhaftig packenden Flucht der Protagonisten, die in Barrow vor nichts und niemandem mehr sicher sind.

Darüber hinaus hat sich der Autor auch bemüht, die wenigen, gewohnt oberflächlichen Emotionen einigermaßen homogen in die Handlung einzubauen, was ihm auch in vielen Passagen erstaunlich gut gelungen ist. Die Beziehungskiste zwischen Stella und Eben ist hierin zwar nicht inbegriffen, auch wenn sie zum Schluss eine unerwartete Wendung nimmt, sondern vielmehr die einzelnen Schicksale, die in den 30 Tagen während Barrows scheinbarem Untergang auf die Hauptdarsteller zukommen. Freunde, Nachbarn und weitere Nahestehende fallen dem blutrünstigen Akt der Zerstörung chancenlos zum Opfer, und auch wenn dies standardisierte Teilaspekte einer Horror-Geschichte sein mögen, so gehen sie uns in „30 Days of Night“ (vielleicht auch wegen der bewegenden Umschreibung) recht nahe. Und genau dies sind Punkte, die den Roman sowie die gesamte Idee zu diesem Grusel-Schocker außergewöhnlich und faszinierend machen.

In diesem Sinne sei darauf hingewiesen, dass Tim Lebbon entgegen aller Erwartungen keinesfalls bloß ausgelutschte Horror-Klischees bemüht, sondern auf Basis bekannter Genre-Elemente eine durchweg mitreißende, überaus spannende Erzählung inszeniert, deren Unterhaltungswert das gewohnte Niveau derartiger Romane bei weitem übersteigt. Auch ohne die effektreichen Darstellungen auf der Leinwand schafft der Autor es mühelos, diese tödliche Story mit Leben zu füllen und die Leserschaft in Atem zu halten – und das ist definitiv ein ganzes Stück mehr, als man vorab erwarten durfte. Für mich persönlich ist „30 Days of Night“ ein echter Geheimtipp und mitunter einer der besten Romane, die genrespezifisch dieser Tage den Markt füllen. Was bleibt also mehr, als abschließend eine ganz klare Empfehlung auszusprechen …

http://www.30daysofnight.com/
http://www.paninicomics.de

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