Lorentz, Iny – Juliregen

_Die |Trettin|-Trilogie:_

Band 1: „Dezembersturm“
Band 2: „Aprilwetter“
Band 3: _“Juliregen“_

_Die Ostpreußen-Saga_

Nach dem Erfolg der „Wanderhure“-Serie wagte sich das Münchener Autorenpaar Iny Klocke und Elmar Wohlrath anno 2009 an eine weitere zusammenhängende Story, die über mehrere Romane verteilt werden sollte. Die sogenannte „Trettin-Trilogie“ beschreibt die Geschichte von Lore und Fridolin, die in den harten Zeiten des gesellschaftlichen Umbruchs im späten 19. Jahrhundert zueinander gefunden und schließlich auch geheiratet haben. Diese Ereignisse werden in den beiden Bänden „Dezembersturm“ und „Aprilgewitter“ geschildert und landeten jeweils auf den einschlägigen Bestseller-Listen. Mit „Juliregen“ folgt nun das Ende der Geschichte und gleichzeitig eines der besseren Bücher von Iny Lorentz – ganz gleich, dass der legendäre Vierteiler, der dieser Trilogie vorausgegangen ist, erwartungsgemäß unerreicht bleibt.

_Story:_

Nach allen Querelen und Hindernissen, die Fridolin und Lore in ihrer jungen Partnerschaft bereits bewältigt haben, scheint das frisch vermählte Paar nun endgültig seinen Frieden gefunden zu haben. Gemeinsam mit ihren beiden Kindern beziehen sie in Berlin ein neues Herrenhaus, um dort die Leidenschaft ihrer Ehe zu genießen. Doch der Schein trügt, und neue Umstände beeinflussen die Harmonie, die sich die beiden über viele Jahre geschaffen haben. Fridolin geht als Teilhaber einer Bank pleite, als sie einem Betrüger auf den Leim geht. Den Trettins bleibt lediglich die Flucht nach vorne: Der Bankier sieht sich gezwungen, das Gut des Gauners zu übernehmen und mit seiner Familie aufs Land zu ziehen, um den Schaden auszugleichen und die Verluste möglichst gering zu halten. Außerdem winkt ihnen auf diesem Weg wieder ein engerer Kontakt zu Lores Freundin Nathalia, deren Anwesen ganz in der Nähe liegt, und von der sich die junge Familie in den schweren Zeiten Unterstützung erhofft.

Die jüngsten Machenschaften bringen den hinterlistigen Ottwald von Trettin auf den Plan, der sich einen Teil des großen Kuchens erhofft und den finanziellen Schaden der Familie für sich nutzen möchte. Doch Friodlin durchschaut seine Pläne und verwehrt ihm jedwede Zusage. Dies will der gewiefte Ottwald nicht auf sich sitzen lassen. Im Verbund mit seiner kreativen Mutter Malwine schmiedet er einige finstere Pläne, um den Trettins endgültig den Ruin zu bringen und Lore und Nathalia ein für allemal ins Unglück zu stürzen …

_Persönlicher Eindruck:_

Obschon „Juliregen“ im Grunde genommen Teil einer größeren Saga ist, gewährt das Lorentz-Pärchen seinen Lesern im Abschluss des dreiteiligen Epos sofortigen Zugang zur Story und schafft direkt die notwendige Unabhängigkeit, die den Roman auch als eigenständiges Werk funktionieren lässt. Zwar ist es hilfreich, den steinigen Weg von Fridolin und Lore miterlebt zu haben und ihre individuellen Schicksale im Hinterkopf zu haben, doch zum näheren Verständnis der Ereignisse in „Juliregen“ trägt dieses Vorwissen nur insofern bei, dass man die kurzen Rückblicke in die Vergangenheit der Eheleute schneller deuten kann. Diese Überlegung ist durchaus unterstützenswert, da sie zu einer sehr konzentrierten, fokussierten Arbeit führt und Lorentz nicht den Blick fürs Wesentliche verlieren lässt – und das Wesentliche ist in diesem Fall die Fehde zwischen Ottwald und Fridolin auf der einen sowie die ungesunde finanzielle Situation der Familie auf der anderen Seite.

Die Autoren greifen hierbei vor allem die gesellschaftlichen Verhältnisse des späten 19. Jahrhunderts punktgenau auf und beschreiben den Umschwung, in dem sich Wirtschaft und Industrie in dieser Zeit befinden. Die Zeit des Fortschritts hat auch die ländlichen Gutssitze eingeholt und zwingen die Protagonisten zum ständigen Umdenken, um ihren Stand und ihre Position auch weiterhin aufrechterhalten zu können. Und die Gefahr, diese Unabhängigkeit aufgeben zu müssen, den Luxus und die Lebensqualität aufs Spiel zu setzen, und dies wohlgemerkt auch noch aus einer Ungerechtigkeit heraus, dies ist das zentrale Thema des Buches und wird von den zwischenmenschlichen Elementen, einer Menge Verzweiflung und einer dezent angedeuteten Kriminalstory noch übergreifend weitergeführt.

Schade ist allerdings, dass die beiden Autoren diese guten Ansätze nicht mehr so konsequent wie noch zuvor auf die Charakterzeichnungen übertragen. Sieht man mal von der sehr lebhaften, für die damalige Zeit schon fast revolutionär auftretenden Nathalia ab, bleiben die tragenden Säulen des Romans zumeist blass. Fridolin, der zwischen gesunder Aggression, Zweckoptimismus und der nimmer endenden Hoffnung angetrieben wird, mag zwar ebenfalls etwas Positives ausstrahlen, bleibt im Grunde genommen aber in seiner Präsentation zu durchschnittlich und allerweltstauglich, als dass hier Akzente gesetzt werden könnten – und gerade von seiner Person, die in „Juliregen“ der Aktivposten der Story ist, muss man einfach mehr erwarten können. Doch letzten Endes steht er sich hier mit seiner Gattin leich, die im Prinzip nur eine untergeordnete Rolle spielt, auch wenn sie die entscheidenden Situationen der Handlung sehr intensiv erlebt und vor allem in den Schlusssequenzen imminent bedeutsam ist.

Dieser nicht mehr ganz so kleine Makel überträgt sich dann auch auf die Erzählatmosphäre; die Ansätze und der Grundstock der Erzählung sind lobenswert, die Umsetzung der einzelnen Entwicklungsschritte ebenfalls. Doch zu häufig gerät man an den Punkt, wo die Figuren ebenso austauschbar werden wie die inhaltlichen Fortschritte – und genau hier verliert „Juliregen“ dann einen Teil jenes Reizes, der vor allem in den ersten Kapiteln noch so schwerwiegend ist.

Als historischer Roman ist der Abschluss der Trilogie sicherlich den Genuss wert, vor allem wegen der feinen Verschmelzung von fiktiven und realen Elementen. Doch bei einer Autorenvereinigung wie dieser, von der man eben schon so manchen großen Moment vors Auge bekommen hat, erwartet man irgendwie ein bisschen mehr als eine Geschichte, die leicht über dem Durchschnitt liegt. Doch diesem Anspruch wird „Juliregen“ letzten Endes nur stellenweise gerecht!

|Broschiert: 704 Seiten
ISBN-13: 978-3426504154|
[www.droemer-knaur.de]http://www.droemer-knaur.de

_Iny Lorentz bei |Buchwurm.info|:_
[„Die Kastratin“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=980
[„Die Ketzerbraut“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7226
[„Die Reliquie“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3766

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