Louis, Duane – Blondes Gift

Brünette, rothaarige und schwarzhaarige Frauen haben es doch schon immer irgendwie gewusst: Blondinen sind nicht nur nervige Konkurrenz, wenn es um die männliche Gunst geht, sondern auch sonst nicht ganz koscher. Der Amerikaner Duane Louis bestätigt in seinem Buch „Blondes Gift“ beide Thesen. Die blonde Frau, die sich Kelly White nennt, ist nicht nur unglaublich gutaussehend, sondern auch unglaublich gefährlich, für einige sogar tödlich.

Der Journalist Jack ist nach Philadelphia gereist, um mit dem Scheidungsanwalt seiner Frau zu sprechen. Am Flughafen genehmigt er sich einen Drink und sieht sich plötzlich einer gut bestückten Blondine gegenüber, die standhaft behauptet, sein Bier vergiftet zu haben. Er würde in zwölf Stunden sterben, wenn er nicht bei ihr bleibt, denn nur sie hat das Gegengift. Jack glaubt an einen dummen Scherz, doch als er sein Hotelzimmer erreicht, wird ihm schwindlig und er muss sich heftig übergeben. Anscheinend war doch etwas dran an der Story der blonden Frau. Er kehrt zurück zum Flughafen, um sie aufzutreiben und sie um das Gegengift anzubetteln. Doch das war ein Fehler. Kelly White kettet ihn mit Handschellen an sich und behauptet, keine drei Sekunden alleine in einem Raum verbringen zu können, weil ihr sonst der Kopf explodiert. Angeblich stammt sie aus Irland und hat in einem zwielichtigen Labor gearbeitet, das ihr Nanobausteine ins Blut geschleust hat, die der Überwachung dienen. Diese intelligenten Biester nehmen wahr, wenn kein menschliches Wesen mehr in ihrer Nähe ist und bringen sie dann um. Ohne Frage ist Kellys Geschichte mehr als haarsträubend, doch Jack muss in der schlimmsten Nacht seines Lebens feststellen, dass selbst die haarsträubendsten Geschichten wahr sein können…

„Blondes Gift“ ist eines dieser rasanten, frischen Bücher, die in einer coolen, amerikanischen Stadt – in diesem Fall Philadelphia – spielen und jede Menge skurrile Gestalten beinhalten. Das ist vermutlich der größte Vorwurf, den man Duane Louis machen kann: Wirklich originell ist seine Idee nicht mehr, aber dafür hat er sie gut umgesetzt. Die Handlung ist zwar teilweise etwas grenzwertig, da unrealistisch anmutend, aber sie ist spannend. Man weiß nicht, was als nächstes passiert, geht aber erstmal vom Witzigsten aus, denn Louis strapaziert gerne mal die Lachmuskeln seiner Leser.

Dafür sorgen schon die verschiedenen Hauptpersonen. Während Jack ein etwas stoffeliger Mensch ist, ist der Geheimagent Mike Kowalski das genaue Gegenteil von ihm. Mit scharfem Verstand und in ständiger Bereitschaft zu töten geht er blind den Befehlen nach, die er von seiner Verbindungsoffizierin bekommt. Diese Befehle bestehen in dieser Nacht vor allem darin, die Köpfe von bestimmten Toten einzusammeln oder Kelly White zu jagen. Das gestaltet sich schwieriger als gedacht und Kowalski wünscht sich nichts mehr, als den Kopf des dicken Ed, den er in einer Sporttasche mit sich herumträgt, abliefern zu können und weiterhin Jagd auf versprenkelten Mafiosi zu machen, die seine Verlobte auf dem Gewissen haben.

Louis ist es gelungen, einen Haufen kranker, bizarrer Gestalten in einem Buch zu vereinen. Jede der wichtigen Personen hat dabei nicht nur eine eigene Erzählperspektive, sondern auch eine eigene Persönlichkeit, Geschichten aus der Vergangenheit und Sorgen und Probleme. Kurz gesagt: Jack und Co. können sich sehen lassen. Sie sind gut ausgearbeitet und mittels des offenen, an den Gedanken des jeweiligen Erzählers orientierten Schreibstils kann der Leser sich mit ihnen identifizieren.

In diesem Zusammenhang ist der Humor des Autors sehr wichtig. Er lässt keine Gelegenheit aus, um seinen Charakteren entweder einen schlagfertigen Dialog oder sarkastische Gedanken in den ‚Mund‘ zu legen. Besonders die Gedankenspiele überzeugen, da sie zumeist ein hohes Maß an Selbstironie beinhalten oder die momentane, alles andere als witzige Situation aufs Korn nehmen. Ansonsten verliert Louis keine unnötigen Worte. „Blondes Gift“ legt ein hohes Erzähltempo vor und punktet vor allem durch seinen alltagssprachlichen Humor.

Die Handlung selbst ist sicherlich nicht jedermanns Sache. Manche werden bekritteln, dass sie stellenweise zu abgedreht ist. Alleine schon die Tatsache, dass von Nanobausteinen im Blut die Rede ist, die den Kopf zum Explodieren bringen, sobald man alleine ist, ist sicherlich nicht nur technisch fragwürdig. Außerdem ist „Blondes Gift“ ein Buch, das einen Haufen Geschwisterchen hat, die ähnlicher Machart sind. Dadurch kommt es vor, dass manche Ereignisse zwar nicht unbedingt abgekupfert, aber im Kontext banal wirken. Dass Jack sich auf seiner Flucht in einen zwielichtigen Sexclub begibt, bei dem Anfassen verboten ist und man stattdessen gemeinsam masturbiert, ist beispielsweise nicht sonderlich überraschend. Sex, Drugs and Crime sind schließlich die Hauptzutaten solcher Bücher.

Wer allerdings kein Problem damit hat, sich auf einen vielleicht nicht ganz glaubwürdigen, dafür aber unglaublich amüsanten Roman einzulassen, der wird seine wahre Freude an Duane Louis‘ Buch haben. Der Autor hat viele (wahn-)witzige Ideen verarbeitet, mit entsprechendem Humor gewürzt und mit originellen Charakteren versehen. „Blondes Gift“ ist eine schwarze Hollywoodactionkomödie für das Kino im Kopf.

http://www.heyne.de

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