Ludlum, Robert – Das Osterman-Wochenende

_Mittelmäßiger und überholter Cold War Thriller_

Als John Tanner vom CIA darüber informiert wird, dass seine drei besten Freunde Tremayne, Osterman und Cardone Mitglieder einer vom KGB gesteuerten Spionageorganisation seien, gerät sein Leben aus den Fugen, Alles erscheint im Zwielicht. Im bevorstehenden Treffen am Wochenende, wenn die Ostermans aus L.A. nach New Jersey kommen, soll Tanner als der Agent der CIA fungieren. Und als wäre dies nicht genug, macht die CIA seine drei Freunde durch gezielte Kontakte hypernervös. Es wird diesmal ein sehr explosives Wochenende …

_Der Autor_

Robert Ludlum wurde 1927 in New York City geboren. Nach dem II. Weltkrieg begann er eine Karriere als Schauspieler, die er verfolgte, bis er vierzig wurde, also bis 1967. Er studierte Kunstgeschichte und fing mit dem Schreiben an. 1971 schießt sein erster Thriller „Das Scarlatti-Erbe“, an dem er 18 Monate schrieb, an die Spitze der Bestsellerlisten. Als ähnlich erfolgreich erwiesen sich auch alle weiteren Romane, so etwa „Das Osterman-Wochenende“ (verfilmt), „Die Scorpio-Illusion“ oder „Der Ikarus-Plan“.

Seine Erfahrung als Schauspieler kam ihm zugute: „Man lernt, wie man die Aufmerksamkeit des Publikums behält.“ Seine Bücher wurden in mehr als 30 Sprachen übersetzt und erreichten eine Auflage von mehr als 280 Millionen Exemplaren (Verlagsangabe von Heyne). Zuletzt wurden die drei legendären „Bourne“-Thriller mit Matt Damon höchst erfolgreich verfilmt. Ludlum lebte bis zu seinem Tod am 12. März 2001 mit seiner Frau Mary und seinen Kinder in Florida und Connecticut.

Mehrere Autoren schreiben an den Serien, die Ludlum schuf, weiter. Derzeit befinden sich die Verfilmungen zu „The Matarese Circle“/“Der Matarese-Bund“ (mit Denzel Washington) und „The Chancellor Manuscript“/“Das Kastler-Manuskript“ (mit Leonardo DiCaprio) in der Produktion. Außerdem gibt es seit 2008 das Videospiel „Robert Ludlum’s: Das Bourne-Komplott“ für PlayStation 3 und Xbox360.

1) „Die Bourne-Identität“
2) „Das Bourne-Imperium“
3) „Das Bourne-Ultimatum“
4) [„Das Bourne-Vermächtnis“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5355 (von Eric Lustbader)
5) [„Der Bourne-Betrug“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5537 (von Eric Lustbader)
6) [„Das Bourne-Attentat“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6125 (von Eric Lustbader, 2008)
7) „Die Bourne-Intrige“ (von Eric Lustbader, Veröffentlichung 2009)
8) „The Bourne Objective“ (von Eric Lustbader, Veröffentlichung 2010)

Weitere Reihen: „Der Matarese-Bund“ (zwei Bände); die „Covert ONE“-Reihe (von Ko-Autoren verfasst, die auf unveröffentlichtes Material Ludlums zurückgreifen; bislang sieben Bände, davon wurde „Der Hades-Faktor“ 2006 mit Anjelica Huston, Mira Sorvino, Colm Meaney & Stephen Dorff verfilmt).

_Handlung_

|Sonntagnachmittag|

In Saddle Valley, einem verschlafenen Villenvorort in New Jersey, 25 km von Manhattan entfernt, verläuft die Zeit am Sonntagnachmittag träge. Aber vier Familien registrieren die verstärkte Präsenz von Streifenwagen der Cops. Manche der Familienväter machen sich Gedanken:

1) Richard Tremayne, der Anwalt für Firmenübernahmen, lebt in einem Haifischbecken;
2) Joe Cardione, vormals Cardione, ist Investmentmakler für italienische „Freunde“, die Kontakte zur Unterwelt haben;
3) John Tanner, Nachrichtenchef des Senders Standard Mutual, der seiner Konkurrenz meilenweit voraus ist.

Sie alle freuen sich auf das kommende Wochenende, wenn die Ostermans, Bernie und Leila, aus L.A. einfliegen und sie alle mit ihren Familien eine Party feiern werden.

|Montag|

Unter einem fadenscheinigen Vorwand, der ihm gleich als merkwürdig auffällt, fordert die FCC, die Bundesnachrichtenkommission für die Senderkontrolle, John Tanner auf, drei Schriftstücke vorzulegen – und zwar dalli, noch heute. Oder man entzieht ihm die Sendelizenz. Wütend fliegt Tanner in die Bundeshauptstadt.

Doch statt des erwarteten FCC-Beamten empfängt ihn in leeren Büros ein Agent der Central Intelligence Agency. Dieser Laurence Fassett hat die Rückendeckung des Weißen Hauses. Und er ist fair genug, Tanner die Wahl zu lassen, ob er die Informationen, die ihm jetzt gebe, glauben wolle oder nicht. Es gibt drei Stufen der Offenlegung, die dritte ist unterschriftspflichtig und mit persönlicher Haftung verbunden.

Was Tanner zu hören bekommt, ist unfassbar: Ein Netzwerk von Agenten, die vom KGB gesteuert werden, soll binnen vier Wochen losschlagen, um in einer Welle von Erpressungen die Wirtschaft des Landes in die Knie zu zwingen. Das Netzwerk namens „Omega“ bestehe in Saddle Valley aus den beiden Nachbarn Tanners, Tremayne und Cardone sowie aus den beiden Ostermans. Diese Namen erfährt Tanner erst auf Stufe drei – ein Zurückgehen zu Unschuld und Unwissenheit ist nicht mehr möglich.

Fassett bittet Tanner, als Agent der CIA am kommenden Zusammentreffen der Omega-Organisation teilzunehmen: dem alljährlich stattfindenden Osterman-Wochenende. Aus Angst um seine Familie, aber auch um seine Existenz bei seiner Firma sagt Tanner zu, weniger also, weil er ein Patriot wäre. Dafür ist sein Unglaube noch zu groß. Fassett warnt ihn vor, dass die drei Omega-Leute durch Anrufe und andere Kontakte vor Tanner gewarnt würden, beruhigt ihn aber zugleich, dass Tanner und seine Familie völlig außer Gefahr seien. Nur 50 Meter entfernt seien CIA-Agenten in Bereitschaft: eben jene auffälligen Streifenpolizisten vom Vortag. Mit wackligen Beinen kehrt Tanner zu seiner Familie zurück.

|Dienstag bis Freitag|

Tremayne, Osterman und Cardone erhalten die angekündigten Botschaften, die sie vor Tanner warnen. Aber was hat Tanner vor? Was weiß er? Weiß er von der Sache mit Zurich?

|Mittwoch|

Tanner findet seine Familie nicht zu Hause vor. Statt dessen hängt ein unangenehmer Geruch nach Gas in seiner Garage. Wo können sie nur sein? Nach einer hektischen Suche im Hause rast er los, denn er will nicht mehr auf Fassetts Hilfe zählen. Als er Alice und seine zwei Kinder an einem verlassenen Bahnhof wiederfindet, erwachen sie gerade aus ihrer Betäubung.

Was soll diese Botschaft bedeuten und wer hat sie gesendet? Je mehr Tanner darüber nachdenkt, desto mehr zweifelt er an Fassett und der Kompetenz von dessen Leuten. Denn dieser Übergriff auf seine Familie, hätten diese auf jeden Fall verhindern müssen. Doch Fassett hat andere Sorgen: Einer seiner Männer wurde erschossen. Omega muss Tanner bereits ganz nah sein …

_Mein Eindruck_

Wie auch in den „Jason Bourne“-Thrillern ist der Agent bzw. der Komplize des Spions immer auch ein Schauspieler. Und mit diesem Metier kennt sich der Autor bestens aus. John Tanner ist ein solcher Agentenkomplize, und er spielt seine Akteursrolle recht gut. Allerdings hat er seine Probleme, besonders wenn er mit Alice spricht, seiner Frau und engsten Vertrauten. Aber er hat keine Probleme zu lügen, wenn er mit Cardone, Tremayne und Osterman bzw. deren Frauen spricht.

Tanners neues Doppelleben wird allerdings auf mehrere harte Proben gestellt, und das macht die Spannung dieses Romans aus. Zuerst die Entführung und Betäubung seiner Familie, dann Fassetts ermordeter Kollege, schließlich der tote und geköpfte Hund in Tanners eigenem Badezimmer – da können einem schon die Nerven durchgehen. Aber das ist noch gar nichts, als sich die Tanners und Ostermans in seinem Keller verschanzen müssen, um einen Feuerüberfall zu überstehen!

Immer wieder wird Tanners Haus beschossen, es gibt Attacken auf der Straße – wo ist Fassetts Truppe, wenn man sie braucht?! Doch da liegt eben der Hund begraben. Kann Tanner Fassett wirklich trauen? Als er im CIA-Hauptquartier anruft, weiß man dort nichts von einem Fassett, der für sie arbeiten soll. Hat Fassett Tanner hinters Licht geführt und ist in Wahrheit etwas ganz anderes? Und kann Tanner dem lokalen Polizeichef trauen, von dem Fassetts Mann Jenkins behauptet, er sei nicht in die Omega-Sache eingewiesen?

Wie üblich ist der Held umstellt von zwielichtigen Figuren, auf deren Loyalität er sich nur bedingt verlassen kann – sie könnten alle ebenso schauspielern wie er selbst. Natürlich nicht die eigene Frau oder die eigenen Kinder, aber der Rest. Und dieser Rest ist verdammt groß: Es wird keine weiteren Osterman-Wochenenden mehr geben. Denn nun herrscht ringsum Omega.

|Die Übersetzung|

Heinz Nagel hat diesen Roman ins Deutsche übertragen. Der Text ist leicht verständlich und die deutschen Entsprechungen erscheinen mir durchaus korrekt. Allerdings ging man in den siebziger Jahren bei der Eindeutschung wesentlich weiter als heutzutage, sodass sich weniger ursprünglich englische Bezeichnungen und Namen finden.

Die Druckfehler, die sich seinerzeit in vielen Heyne-Taschenbüchern fanden, sind auch hier zu finden, und nicht zu knapp, aber sie stören den Lesefluss nicht.

_Unterm Strich_

Ich brauchte mehrere Tage für diesen Thriller, der für Ludlum-Verhältnisse recht kurz ist. Allein schon das Setting, das in einem Nobelvorort angesiedelt ist, macht es schwer, sich mit den Figuren zu identifizieren. Dies sind keine Durchschnittsbürger mit Durchschnittssorgen, sondern die wirtschaftliche und bewusstseinsbildende Elite der Vereinigten Staaten. Und nun kommt Omega daher und will sie untergraben, um die USA vom Thron zu stürzen.

Wir befinden uns also wieder mitten im Kalten Krieg, und Omega ist ebenso gesichtslos oder austauschbar wie die Protagonisten. Deshalb erinnert der Plot so sehr an die „Jason Bourne“-Thriller: Es ist eine Schattenwelt, in der jede Identität unsicher ist. Wohl dem also, der der beste und am besten täuschende Schauspieler unter Schauspielern ist. Wird Tanner, der aufrechte Nachrichtenmann, den Test bestehen? Na, und ob, denn sein Job ist es, den Lügen grundsätzlich zu misstrauen und Alternativen in Betracht zu ziehen, die zunächst undenkbar erscheinen.

Leider hat Tanner ein Handicap: Er ist weder ein Mann der Waffe noch der Action. Das macht ihn für heutige Ludlum-Leser wenig geeignet, die so etwas wie einen Prototypen von Jason Bourne erwarten. Selbst im Keller, als er mit seinen Lieben belagert wird, steht ihm keine Feuerwaffe zur Verfügung – heutzutage ein unwahrscheinliches Charakteristikum, denn die Amis sind bis an die Zähne bewaffnet. Tanners Stärke ist das Nachdenken und Kombinieren. Das ist zwar letzten Endes erfolgreich, allerdings wenig unterhaltsam. Dementsprechend zäh kann sich die Lektüre gestalten.

|Taschenbuch: 316 Seiten
Originaltitel: The Osterman Weekend (1972)
Aus dem US-Englischen von Heinz Nagel
ISBN-13: 978-3453012653|

_Robert Ludlum bei |Buchwurm.info|:_
[„Die Paris-Option“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=1068
[„Die Ambler-Warnung“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3493

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