Eric Van Lustbader – Okami. Ein Nicholas-Linnear-Thriller

Verhängnisvolles Vietnam

Tief verborgen im vietnamesischen Dschungel liegt Floating City, eine verbotene Stadt, die von Drogendealern, Waffenhändlern und Mördern beherrscht wird. Der Kopf des Verbrecher-Imperiums ist Rock, ein amerikanischer Vietnam-Veteran. Seine schärfste Waffe ist Torch, eine handgestartete Atomrakete. Nur ein einziger Mann kann Torch unschädlich machen, und dreimal darf man raten, wer das sein könnte: Nicholas Linnear, der Held aus „Der Ninja“ und „Der Kaisho“.

Der Autor

Eric Van Lustbader, geboren 1946, ist der Autor zahlreicher Fernost-Thriller und Fantasyromane. Er lebt auf Long Island bei New York City und ist mit der SF- und Fantasylektorin Victoria Schochet verheiratet. Sein erster Roman „Sunset Warrior“ (1977) lässt sich als Science-Fiction bezeichnen, doch gleich danach begann Lustbader (das „Van“ in seinem Namen ist ein Vorname, kein holländisches Adelsprädikat!), zur Fantasy umzuschwenken. Der Dai-San-Zyklus gehört dem Genre der |Sword & Sorcery| an und besteht aus folgenden Romanen:

Sunset Warrior (Ronin); Shallows of Night (Dolman); Dai-San; Beaneath an Opal Moon (Moichi); Beyond the Sea of Night (Der Drachensee).

1980 begann Lustbader mit großem Erfolg seine Martial-Arts-&-Spionage-Thriller in Fernost anzusiedeln, zunächst mit Nicholas Linnear als Hauptfigur, später mit Detective Lieutenant Lew Croaker: The Ninja; The Miko; White Ninja; The Kaisho usw. Zur China-Maroc-Sequenz gehören: Jian; Shan; Black Heart; French Kiss; Angel Eyes und Black Blade. Manche dieser Geschichten umfassen auch das Auftreten von Zauberkraft, was ihnen einen angemessenen Schuss Mystik beimengt.

Ab 2003 erschien bei uns die Kundala-Trilogie: „Der Ring der Drachen“, „Das Tor der Tränen“ und „Der dunkle Orden“. Da diese Fantasy ebenfalls in einem orientalisch anmutenden Fantasyreich angesiedelt ist, kehrt der Autor zu seinen Wurzeln zurück, allerdings viel weiser und trickreicher. Kürzlich hat er noch einmal eine Wendung vollzogen und schreibt nun die Thriller seines verstorbenen Kollegen Robert Ludlum fort, so etwa „Die Bourne-Verschwörung“. Zuletzt erschien 2007 der Mystery-Thriller [„Testamentum“ 3967 in der Art von Dan Browns „The Da Vinci Code“.

Der Kaisho“ bildet den Auftakt zu den Romanen „Okami“ und „Schwarzer Clan„, die alle bei |Heyne| erschienen sind.

|Bibliographie:|

The Bourne Betrayal (2007)
The Testament (2006)
The Bourne Legacy (2004)
The Cage Of Nine Banestones / Misstress of the Pearl (The Pearl 3, 2003)
Art Kills (2002)
The Veil Of One Thousand Tears (The Pearl 2, 2002)
The Ring Of Five Dragons (The Pearl 1, 2001)
Pale Saint (1999)
Dark Homecoming (1997)
Dragons on the Sea of Night (Sunset Warrior 5, 1997)
Second Skin (Nicholas Linnear 6, 1995)
Floating City (Nicholas Linnear 5, 1994)
The Kaisho (Nicholas Linnear 4, 1993)
Black Blade (1993)
Angel Eyes (1991)
White Ninja (Nicholas Linnear 3, 1990)
French Kiss (1989)
Zero (1988)
Shan (China Maroc 2, 1986)
Jian (China Maroc 1, 1985)
The Miko (Nicholas Linnear 2, 1984)
Black Heart (1983)
Sirens (1982)
The Ninja (Nicholas Linnear 1, 1980)
Beneath an Opal Moon (Sunset Warrior 4, 1980)
Dai-San (Sunset Warrior 3, 1978)
Shallows of Night (Sunset Warrior 2, 1978)
The Sunset Warrior (Sunset Warrior 1, 1977)

Eric Van Lustbader auf Buchwurm.info:

[„Testamentum“
[„Der Ring der Drachen“
[„Der dunkle Orden“
[„Der Ninja“
[„Der Weiße Ninja“
[„Schwarzes Schwert“
[„Drachensee“
Und viele mehr.

Handlung

Vietnam / Kioto

Als Nicholas Linnear in Saigon eintrifft, nimmt er die Spur auf, die von seinem getöteten Geschäftsführer Vincent Tinh nach Floating City führt, der autonomen Verbrecherhochburg im Bergland von Vietnam. Die von den Verbrechern Rock und Michael Leonforte geführte Siedlung ist möglicherweise im Begriff, eine neuartige Atomwaffe namens Torch 315 herzustellen oder in die Hände zu bekommen, um sie an Terroristen in aller Welt zu verhökern. Doch schon sein erster Kontaktmann findet einen vorzeitigen Tod, denn wer auch immer sich mit Floating City befasst, ist unerwünscht. Sein zweiter Kontaktmann ist eine junge Frau, die sich Bay nennt und ihn zu einem Treffen mit dem russischen Atomwissenschaftler führen will.

Dies soll in dem von einem Tunnelnetzwerk durchzogenen Gebiet von Cu Chi vor Saigons Toren stattfinden, doch der Feind hat auch jetzt einen Riegel vorgeschoben. Nach einem höchst unerfreulichen Ausflug in die von Ratten und Skeletten toter GIs behausten Tunnel des Vietcong laufen sie in die Falle, die ihnen der Polizeichef Saigons Kiet gestellt hat. Er erschießt Bay vor Nicholas‘ Augen und nimmt diesen ebenfalls ins Visier.

Erst als er Nicholas im Haus Tachi Shidare abliefert und Nick seine ehemalige Assistentin Seiko Ito darin sieht, fühlt sich Nick wieder halbwegs sicher. Doch was hat ein Yakuza wie Tachi Shidare an Seikos Seite zu suchen und was will er in Floating City? Nick weiß nicht, dass Shidare nach Saigon entsandt worden ist, um Nick zu töten. Shidares Auftragsgeber sind die „godaishu“, die internationale Verbrecherorganisation, die sich aus einem inneren Yakuza-Zirkel, Mafiabossen wie den Leonfortes und Topleuten in den US-Geheimdiensten („Alices Spiegel“, siehe „Der Kaisho“) zusammensetzt. Da sind noch viele Rechnungen offen, aber auch die Tatsache, dass Nick den abgesetzten Kaisho Mikio Okami, den Boss aller Yakuza-Bosse, beschützt hat, wird gegen Nick angeführt.

Als sich Nicks erotische Beziehung zu Seiko ebenso vertieft hat wie seine Freundschaft zu Shidare, erfahren sie in Tokio von einem Yakuza-Unterlord, wo Abramanov in Kioto war, bevor er nach Vietnam weiterflog. In dem abgelegenen Schrein in den Bergen machen sie den einzigen Flüchtling ausfindig, der jemals aus Floating City fliehen konnte. Doch Niigata ist eine wandelnde Leiche, verstrahlt von den radioaktiven Strahlen, die bei der Herstellung des Rohstoffs für Torch 315 entstehen. Von ihm erfahren sie Näheres über die Waffe, ihre Herkunft, dass Abramanov sie in Floating City unter vielen Menschenopfern herstellt und dass sie am 15. März (3/15) getestet werden soll – in wenigen Tagen!

Tokio

Im inneren Zirkel der japanischen godaishu bahnen sich dramatische Konflikte an. Der Chefminister des allmächtigen Ministeriums für Internationalen Handel und Industrie (MITI), Ushiba, ist sterbenskrank: Magenkrebs. Er bereut zunehmend, dass er zugestimmt hat, den Kaisho abzusetzen. Mikio Okami ist untergetaucht, doch seine Yakuza-Bosse gehen sich nun gegeneinander an die Kehle.

Einer nach dem anderen fällt dem inneren Zwist zum Opfer. Doch wer steckt dahinter? Als sich Tetsuo Akinaga als Drahtzieher offenbart und Ushiba von sich abhängig macht, zieht Ushiba den einzigen ehrenhaften Ausweg vor, den es für ihn noch gibt: rituellen Selbstmord, Seppuku. Aber nicht, ohne vorher noch seinem Freund, dem Staatsanwalt Tanaka Gin, belastendes Material über Akinaga in die Hand zu spielen.

New York / Washington / London

Nicholas‘ guter Freund aus alten Tagen, der Ex-Polizist Lew Croaker, ist ebenfalls im Bilde über die Entwicklung im Fall Torch 315. Er schnüffelt in den Angelegenheiten von „Alices Spiegel“ herum. Der Kopf dieser Geheimorganisation, Johnny Leonforte alias Leon Waxman, ist zwar inzwischen tot, aber es gibt natürlich einen Nachfolger: Senator Dedalus, der dem Justizministerium nahesteht.

Als Croaker seine Geliebte, die Mafiakönigin Margerite DeCamillo Goldoni, beschattet, stößt er sowohl auf deren Schwester Celeste, die den Kaisho kennt, als auch auf eine geheimnisvolle Frau namens Vesper Arkham. Diese ist eine chamäleonhafte Verwandlungskünstlerin, die sich, als Gärtner getarnt, sogar auf dem Landgut von Senator Dedalus umtut. Auf welcher Seite steht diese Frau? Croaker geht auf Nummer sicher und zählt sie zu seinen Feinden.

In London verliert er kurz ihre Spur, doch als er Celeste hier sieht, folgt er dieser – und stößt auf keinen anderen anderen als Okami, den Kaisho. Doch in der gleichen Sekunde entdeckt er einen von Caesare Leonfortes Killern und schaltet diesen aus. Schon ist Okami fort. Leonforte ist der Mafiaherrscher der US-Westküste und hat es auf Margarites Imperium abgesehen. Was will sein Killer hier in London? Beschattet er Croaker? Wenig später schlagen Leonfortes Leute erneut zu.

Als er wieder in den USA ist und Vesper verfolgt, erfährt er von einem Geheimlabor, das an dem gleichen Sprengstoff arbeitet, den Abramanov für Torch 315 verwendet. Der leitende Wissenschaftler ist der gleiche, mit dem Abramanov in Verbindung stand. Will sich Senator Dedalus etwa ebenfalls Torch unter den Nagel reißen? Dann sollte sich der Rest der Welt warm anziehen. Croaker beschließt, sich diesen Atomwissenschaftler mal genauer anzusehen. Doch er hat nicht mit Vespers Auftauchen gerechnet …

Saigon

Nicholas erfährt von Seikos Vater, einem Unternehmer, wie man nach Floating City hineinkommt. Unverhofft sieht er seine Jugendliebe Koei, eine Yakuzatochter, wieder und liebt sie heftig – in einem Schuppen voller Giftschlangen. Dann macht er sich mit dem Polizeichef Kiet auf den Weg nach Floating City auf. Nur noch 24 Stunden, bis Torch gezündet wird! Dumm nur, dass er dort bereits erwartet wird …

Mein Eindruck

Wer jetzt nichts von der Handlung verstanden hat, dem sei dringend die Lektüre von „Der Kaisho“ oder meiner detaillierten Besprechung dazu empfohlen. „Okami“ ist der Mittelteil der gleichnamigen Trilogie von Fernost-Thrillern, die mit „Der Kaisho“ beginnt und von „Schwarzer Clan“ abgeschlossen wird. Linnears Kampf gegen die „godaishu“-Organisation erinnert an Herakles‘ Auseinandersetzung mit der vielköpfigen Hydraschlange. Schlägt man einen Kopf ab (Johnny Leonforte), wächst ein neuer nach (Senator Dedalus).

Wiedergänger

Doch immerhin gelingt es Linnear zusammen mit Croaker und der mysteriösen Vesper Arkham (ein wie von Lovecraft erfundener Name), die Leonfortes auszuschalten. Und wenn nun auch noch Floating City vernichtet wird, sieht die Sache für Linnear & Co. schon wesentlich besser aus. Sollte man meinen. Leider kommt in „Schwarzer Clan“ alles ganz anders, denn wieder einmal muss Nicholas eine böse Überraschung erleben. Der regelmäßige Lustbader-Leser kann inzwischen Wetten darauf abschließen, dass in jedem Roman mindestens ein für tot Gehaltener wieder zu unheiligem Leben erwacht. Mal taucht dieser Wiedergänger bei den Guten auf, meist aber leider auf der Seite der Bösen. Auch eine Art Hydrasymptom.

Die Horrorwaffe

Mit der Atomwaffe Torch 315 sind die Schurken um den Waffenhändler Rock, einen Vietnamveteranen, und Mick Leonforte, einen Drogenbaron, kurz davor, eine schreckliche Waffe für Terroristen und Tyrannen in aller Welt in die Hand zu bekommen. Das für die portable, per Panzerfaust abgefeuerte Atomrakete Torch nötige Uranelement 114m soll gemäß der Erfindung des Autors nicht nur viel empfindlicher und somit reaktionsfreudiger als Uran-235, sondern noch weitaus giftiger als Plutonium sein. (Der Autor hat sich diesbezüglich von einem Fachmann beraten lassen, wie den Danksagungen zu entnehmen ist. Aber es ist anzunehmen, dass er sich einige dichterische Freiheiten genommen hat)

Tyrannenmord

Wie die Figur des armen Niigata beweist, reichen schon wenige Moleküle von 114m, um einen Menschen tödlich zu verstrahlen. Wie viel verheerender wäre dann die Wirkung, wenn Torch auf eine Großstadt wie London abgefeuert würde? Denn in London hält sich Mikio Okami, der abgesetzte Kaisho, auf, und die japanischen Mitglieder der „godaishu“ haben ihn ins Visier genommen. Nicholas Linnear und seine Freunde haben also noch einen guten Grund mehr, um die Waffe namens Torch 315 unschädlich zu machen.

Dass die Zahl 315 nach amerikanischer Schreibweise (zuerst der Monat, dann der Tag, vgl. 9/11) auf die Iden des März, also den 15.3., hinweist, ließe sich als Verweis auf das bekannte Datum verstehen, an dem Julius Caesar im Senat von Rom ermordet wurde. Setzt der Autor auf einen poetischen Kontext zwischen Okami und Caesar? Warum nicht, sind doch beide ins Visier von Mördern geraten.

Die Tunnelstadt

Eine der unheimlichsten und gruseligsten Szenen, die ich je in einem Lustbader-Roman gefunden habe, spielt in der unterirdischen Tunnelstadt Cu Chi. Die Vietnamesin Bay erzählt Linnear von den grauenerregenden Vorgängen, die sich hier unten abspielten. Die Tunnelstadt ist auf vielen Ebenen angelegt, und ihre Gänge reichen bis an die kambodschanische Grenze, also in damals neutrales Gebiet.

Der Vietcong nutzte Cu Chi zur buchstäblichen Unterwanderung der Stellungen der 25. US-Division. Die wunderte sich, warum jeden Morgen einige von ihren Angehörigen im Schlaf erstochen worden waren. Als die Amis endlich auf die Tunnel stießen, versuchten sie alles, um den Vietcong dort zu bekämpfen, so etwa mit Schäferhunden. Das ist der Grund, warum Bay und Nick nicht nur auf die Skelette von Vietcong und GIs stoßen, sondern auch auf die von Hunden.

Interessanterweise gestaltet der Autor für Croakers Flucht aus dem Geheimlabor eine Szenerie wie in der Tunnelstadt. Croaker, der Atomwissenschaftler und Vesper Arkham müssen durch die Belüftungsschächte fliehen, um nicht von Senator Dedalus erwischt zu werden. Sie haben nämlich ein wichtiges Geheimnis aufgedeckt, das mit Torch 315 zu tun hat. Die Flucht durch die Tunnel ist angemessen klaustrophobisch und endet für den Wissenschaftler tödlich. Dumm auch, dass Dedalus schon am Ausgang wartet. Da lässt sich Croaker eine äußerst riskante List einfallen, um Dedalus auszutricksen.

Erotik

Als sich Bay und Nick ihrer nassen Kleider entledigen, ist dies nur eine von vielen erotischen Szenen, die sich – wie in der ganzen Kaisho-Trilogie – in „Okami“ finden. Nick ist zwar nicht der Einzige, dem die Frauen zugetan sind, aber er hat bei weitem die meisten Abenteuer mit dem anderen Geschlecht zu bestehen. Nach dem Tod seiner Frau Justine kann er sich aber nur unter Gewissensbissen mit Seiko, seiner zwielichtigen Assistentin, und Koei, seiner Jugendliebe, der Liebe hingeben.

Die beste Szene in dieser Hinsicht zweifellos jene, als Koei, die früher immer so spröde war, sich Nick in einem Schuppen hingibt, der mit Käfigen voller Giftschlangen vollgestopft ist. Als die Schlangen die steigende Körperwärme der Liebenden mit ihren feinen Sinnesorganen bemerken, werden sie richtig wild und zischen in ihren Käfigen. Man kann sich die Kobras und Klapperschlangen lebhaft vorstellen, und dass es Nick mit Koei auf dem Boden dieses zum Leben erwachten Schuppens treibt, dürfte unter die Rubrik „Mutprobe aus Leidenschaft“ fallen.

(Welche Symbolik in dieser Szene steckt, darüber kann jeder selbst spekulieren, aber sie ist dem Autor sicher nicht entgangen.) Leider spielt Koei erst wieder in Band 3, „Schwarzer Clan“, eine tragende Rolle. Manchmal wirken die Auftritte dieser Damen etwas willkürlich herbeigeführt, nach dem Motto: Jetzt wär’s mal wieder an der Zeit für eine deftige Sexszene. Damit täte man den Damen allerdings wohl Unrecht.

Kyborg

Wie oben schon angedeutet, versucht Croaker, Senator Dedalus auszutricksen. Dazu setzt er seine künstliche Hand aus rostfreiem Edelstahl und Polycarbonat ein, die er wie eine echte Hand bewegen kann – japanische Wertarbeit. Um seinen Gegner zusätzlich zu überraschen, kann er auf gedanklichen Befehl hin aus den Fingerspitzen stählerne Klingen ausfahren, die eine tödliche Waffe darstellen. Wer sich also mit Croaker in den Clinch begeben will, sollte mindestens eine kugelsichere Weste tragen.

Croakers Hand verleiht ihm die einschlägigen Science-Fiction-Aspekte des Terminators, eines KYBernetischen ORGanismus. Nicht so sehr die Reaktion der meist männlichen Gegner Croakers ist interessant, sondern die der nicht kämpfenden weiblichen Figuren. Margarite ist davon fasziniert und nennt Croaker ihren „Robert Mitchum“, während ihre magersüchtige Tochter Francine die Metallhand ebenfalls bewundert und endlich jemanden findet, dem sie wie einem richtigen Vater vertrauen kann. Denn Francines echter Vater Tony DeCamillo schlägt ja seine Frau Margarite bekanntlich. Der Kyborg Croaker flößt seinen Gegnern Schrecken ein, seinen Freunden und Schützlingen aber Vertrauen. So ist es auch in „Terminator 2“ der Fall.

Die Übersetzung

Einer der ärgerlichen Aspekte dieses Buches sind die unglaublich vielen Druckfehler des Textes. In der ersten Hälfte des Buches vergeht kaum eine Seite ohne Flüchtigkeitsfehler, in der zweiten Hälfte bessert sich diese Rate erheblich, um dann gegen Schluss wieder zu steigen. Einige Beispiele gefällig? Auf Seite 25 heißt es „vernehmliche“ statt „vornehmliche (also „vorrangige“) Begleiterscheinungen“. „Vernehmlich“ jedoch bedeutet so viel wie „laut“ oder „merklich“.

Auf Seite 137 fehlt im letzten Absatz das Wörtchen „dass“. Ab Seite 202 wird die Liberaldemokratische Partei Japans, die LDP, konstant falsch abgekürzt, nämlich mit LPD, so als wäre sie eine Partei Deutschlands. Auf Seite 299 müsste es im letzten Satz „überlegen“ statt „überleben“ heißen. Und so weiter und so fort. Ich könnte die Liste beliebig fortsetzen.

Offensichtlich rächt sich hier die Abschaffung der traditionsreichen Institution des Korrektors. Dies geschah nicht nur bei |Heyne|, sondern bei allen Taschenbuchverlagen aus Kostengründen, denn die steigenden Preise für Papier und Übersetzer fraßen die Gewinnmarge zunehmend auf. Die Entwicklung hat bis heute nicht aufgehört, und nur sehr wenige Verlage arbeiten mit Gewinn.

Unterm Strich

Der Mittelteil der Kaisho-Trilogie ist noch wesentlich actiongelandener als der erste, „Der Kaisho“. Der Vorteil dieses Bandes: Die Fundamente wurden alle schon im ersten Band gelegt, so dass sich nun Figuren wie Okami, Celeste, Margerite, Croaker usw. alle wie Marionetten an einem Faden zu neuen Schand- und Heldentaten führen lassen. Für mich standen dabei stets Nick und Croaker im Vordergrund, doch auch der japanische Handlungsstrang um Ushiba ist nicht zu verachten, denn er betont die spezifisch japanische Komponente der Verbrecherorganisation „godaishu“.

„Okami“ spielt zu einem beträchtlichen Teil in Vietnam, und der Autor beeindruckte mich einmal mehr durch seine weitreichende Ortskenntnis. Er hat sich aber auch über die Geschichte des Landes bis ins Mittelalter hinein schlau gemacht und erlaubt sich aufgrund dessen ein Werturteil über die Bewohner dieses Landes, das man einem weniger kompetenten Autor nicht durchgehen lassen würde.

Schade fand ich, dass Nick und Michael Leonforte in diesem Band anders als erwartet nicht als Kontrahenten aufeinandertreffen. Vielmehr scheint Mick Nicholas zur Flucht aus Floating City zu verhelfen und auf diese Weise seinen ebenso kriminellen Partner Rock zu verraten. Nur dass Rock schon ziemlich durchgeknallt ist und nicht davor zurückschreckt, die Atomrakete Forch auf Nicholas im eigenen Lager abzufeuern … Mick und Nicholas treffen also erst im Abschlussband „Schwarzer Clan“ aufeinander.

Taschenbuch: 524 Seiten
Originaltitel: Floating City, 1994
Aus dem US-Englischen von Joannis Stefanidis.
ISBN-13: 978-3453082823

www.heyne.de

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