MacAlister, Katie – Küsst du noch oder beißt du schon?

„Küsst du noch oder beißt du schon?“ ist bereits der dritte Roman aus der Feder von Vielschreiberin Katie MacAlister, der sich mit der Frage beschäftigt, wie Dunkle (normale Menschen würden sie Vampire nennen) am besten die Frau fürs Leben finden. Im Erstling [„Blind Date mit einem Vampir“ 4983 geriet Joy and Raphael. Im zweiten Teil (vom Verlag |Egmont LYX| fälschlicherweise als Band drei herausgebracht) „Kein Vampir für eine Nacht“ drängte sich Allie ins Bett von Christian. Und im nun vorliegenden dritten Teil mit dem bereits oben erwähnten haarsträubenden Titel ist nun die Historikerin Nell dran, die unter Vorspiegelung falscher Tatsachen nach Tschechien gelockt wird, um dort einen gekidnappten Jungen und als Bonus den Vampir für gewisse Stunden zu finden. Dabei passiert nichts, was MacAlister nicht schon in den vorangegangenen Bänden bis zum Erbrechen durchgekaut hätte.

Doch von Anfang an: Die Amerikanerin Nell ist Historikerin. Da ihr ein Blick auf eine außergewöhnliche Rüstung versprochen wird, reist sie nach Tschechien. Doch dort angekommen, eröffnet ihr die Besitzerin der Rüstung, dass sie es eigentlich auf Nells magische Kräfte abgesehen hat. Ihr Neffe wurde von einem Dämon entführt, und sie ist überzeugt, dass nur Nell helfen kann. Nun hat Nell in ihrem Leben genau einen Bann gewirkt, und der ist sowas von nach hinten losgegangen, dass sie aller Magie abgeschworen hat. Doch bevor sie auch nur dreimal „Blutsauger“ sagen kann, findet sie sich auf einem alten Schloss wieder, wird von einem verräterischen Vampir gekidnappt und flüchtet durch ganz Europa, um dem bösen Dämon auf die Schliche zu kommen.

Natürlich ist der Vampir, Adrian der Verräter, gar nicht so verräterisch und bösartig, wie es zunächst den Anschein hat. Und obwohl Nell ihn zunächst – natürlich – nicht ausstehen kann, erliegt sie schlussendlich doch seinem spröden Charme und wird zu seiner Auserwählten. Außerdem gilt es Sex, Mumien und nervtötende Vampirkinder in der Pubertät zu überstehen, bevor man den Roman nach knapp 400 Seiten erleichtert zuklappen darf.

Katie MacAlister ist zwar mit einer flinken Feder, aber nicht gerade mit einer blühenden Fantasie gesegnet. Anders ist es wohl kaum zu erklären, dass ihre Romanreihe um die Dunklen nun schon seit drei Bänden immer und immer wieder die gleichen Charaktere, Handlungsstränge und sogar Motive mit einer Gleichmut wiederkäut, die entweder darauf beruht, dass MacAlister es tatsächlich nicht besser weiß, oder aber, dass sie es genießt, ihrer Leserschaft für immer das gleiche Buch ständig aufs Neue das Geld aus der Tasche zu ziehen.

Ein kleiner Vergleich mit dem Vorgänger „Kein Vampir für eine Nacht“ bringt die Parallelen ans Licht: Dort hatten wir Allie, die „störrische“ Amerikanerin, die sich in den „arroganten“ Dunklen Christian verliebt. Im aktuellen Band haben wir Nell, die „störrische“ Amerikanerin, die sich in den „arroganten“ Dunklen Adrian verliebt. MacAlister hat es noch nicht einmal für nötig befunden, die Charaktereigenschaften ihrer Protagonisten zumindest minimal zu variieren. Allie war nicht gerade perfekt, sie hatte ein vernarbtes Bein aufgrund eines Autounfalls. Nell dagegen ist nicht perfekt, da sie durch einen Schlaganfall halbseitig gelähmt ist. Allie ist als Beschwörerin eine Niete, findet aber im Lauf der Handlung ihr Talent und steht am Ende mit einer ganzen Sammlung Geister da. Nell möchte keine Banne wirken, tut es aber im Verlauf der Handlung doch und erweckt daraufhin eine ganze Schar Mumien, die ihr wie treue Hunde folgen. Allie kann Christian zunächst nicht leiden, ändert aber ihre Meinung und springt mit ihm ins Bett. Nell kann Adrian zunächst nicht leiden, ändert aber ihre Meinung und bearbeitet Adrian dann so lange, bis er einsieht, dass sie seine Auserwählte ist. Originell ist definitiv anders.

MacAlister meint, humorvolle und romantische Prosa mit übernatürlichem Einschlag zu schreiben. Nur leider ist das, was sie als humorvoll bezeichnet, so überzogen und überdreht, dass man den Eindruck hat, alle Charaktere agierten unter dem ständigen Einfluss von Stimmungsaufhellern. Schon im ersten Band führte das dazu, dass der Showdown spleening, überdreht und wie ein Kind auf Cola daherkam. Und auch hier besteht wieder das gleiche Problem: Es wird geredet und geredet; selbst im Angesicht des Bösewichts werfen sich die beiden Verliebten noch ein „Hasi“ und ein „Knackpopöchen“ (Originalzitat!) zu und diskutieren in aller Gemütsruhe, wer hier eigentlich wen rettet. Der Bösewicht selbst, der 400 Seiten lang aufgebaut und als fieser Dämon hingestellt wurde, wird dann so banal und nebenbei um die Ecke gebracht, dass man es fast überliest, wenn man nicht genau aufpasst. Und da MacAlister eben nicht erzählen und dem Leser die Handlung zeigen kann, lässt sie ihre Protagonisten dann noch drei Seiten lang darüber referieren, wie und warum sie den Dämon nun umgebracht haben.

Manchmal kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, MacAlister würde sich ständig selbst parodieren. So führt ihre Unfähigkeit, Personen irgendwie eindeutig zu charakterisieren (z. B. durch deren Handlungen) dazu, dass Adrian ständig in Dialogen wiederkäut, dass er der Verräter ist und alle ihn hassen. „Ich bin kein Stimmungsring. Ich bin kein Spielzeug. Ich bin gefährlich und werde von allen gefürchtet!“ Das erinnert sehr stark an die bellenden Hunde, die nicht beißen, und so verbaut sich MacAlister selbst die Chance, Adrian als Vampir mit dunklem Geheimnis erscheinen zu lassen. Und wenn dieser große böse Vampir seine Auserwählte dann auch noch ständig Hasi nennt, dann ist die schmale Grenze zwischen lustig und unterirdisch definitiv überschritten.

Während die beiden vorangegangenen Romane noch so etwas wie einen nachvollziehbaren Plot hatten, wird es bei „Küsst du noch oder beißt du schon?“ bereits schwierig, einen solchen auszumachen. Es gibt zu viele Ungereimtheiten und klaffende Logiklöcher, um eine geradlinige Handlung erkennen zu können. Stattdessen wird viel hin- und hergerannt. Es wird viel verfolgt und weggelaufen, und irgendwann nach der Hälfte präsentiert uns MacAlister noch den bösen Zwilling, der eigentlich alle Fäden in der Hand hält. Das ist allerdings alles so abstrus und verwirrend herbeigeschrieben, dass man permanent mit dem Kopf schütteln möchte.

Ebenfalls mit dem Kopf schütteln möchte man bei MacAlisters schaurigem Einfall, ein paar Mumien einzubauen, um die Leserschaft zu amüsieren. Leider sind die Mumien vollkommen sinnlos, da sie für die Handlung keinen Zweck erfüllen. Sie sind reines Füllsel und leider zu eklig. um noch lustig sein zu können.

Schon „Blind Date mit einem Vampir“ und „Kein Vampir für eine Nacht“ waren keine Highlights der romantischen Vampirliteratur. Mit „Küsst du noch oder beißt du schon?“ schreibt sich MacAlister allerdings in ungeahnte Abgründe der Anspruchslosigkeit. So viel banal, plakativ und klischeehaft gibt’s selten fürs Geld!

|Die Dunklen|

1. „A Girl’s Guide to Vampires“ [(„Blind Date mit einem Vampir“) 4983
2. „Sex and the Single Vampire“ [(„Kein Vampir für eine Nacht“) 5633)
3. „Sex Lies and Vampires“ („Küsst du noch oder beißt du schon?“)
4. „Even Vampires Get the Blues“ („Vampir im Schottenrock“)
5. „The Last of the Red-Hot Vampires“ („Vampire sind zum Küssen da“)

|Originaltitel: Sex, Lies and Vampires
Ins Deutsche übertragen von Antje Görnig und Bettina Oder
398 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-8025-8140-3|
http://www.egmont-lyx.de
http://www.katiemacalister.com