MacAlister, Katie – Vampir im Schottenrock

Katie MacAlister schreibt Schnulzenromane über Mährische Dunkle. Jeder normale Mensch würde „Vampir“ sagen, aber MacAlister hat nun mal den Spleen, ihre Vampire Dunkle zu nennen. In den vergangenen drei Bänden der Serie hat sie ihrer Leserschaft groß und breit auseinandergelegt, dass Dunkle eben aus Mähren stammen (wohl einfach, weil Osteuropa so wildromantisch ist). Doch nun hat eben diese Leserschaft in MacAlisters Fanforum einmütig nach einem schottischen Vampir – pardon, Dunklen – verlangt und MacAlister beeilt sich, diesen Wunsch zu erfüllen.

In „Vampir im Schottenrock“ wird die Handlung also plötzlich nach Schottland verlegt. Der Dunkle Paen wird vorgestellt, der für einen Dämon eine ominöse Statue beschaffen soll. Schafft er dies nicht innerhalb von fünf Tagen, wird seine Mutter ihre Seele verlieren. Paen hat keine Ahnung, wie er die Statue finden soll, also macht er das einzig Richtige: Er wendet sich an die Detektei von Sam (Wahrsagerin mit abgebrochenem Studium) und Clare (blumenfutternde Fee), die sich darauf spezialisiert haben, verschwundene Gegenstände zu finden. Wie praktisch!

Sam besteht darauf, sich zunächst Paens Heimstatt (die sich bald ganz standesgemäß als Schloss herausstellen soll) anzusehen, um dort Statuen-Witterung aufzunehmen. Auf der Autofahrt dorthin kommen sich Paen und Sam natürlich näher und hätten wahrscheinlich sofort und gleich Sex, wenn Sam nicht ein kleines Partnerschaftsproblem hätte: Jedesmal, wenn sie sexuell erregt ist, verlässt ihre Seele ihren Körper (Glückwunsch an jeden Leser, der es schafft, bei dieser Szene nicht lauthals loszulachen). Sie entschwebt, während die Action woanders stattfindet. Naturgemäß findet sie diesen Zustand frustrierend, doch Paen verspricht natürlich sofort, ihr zu beweisen, dass er das Entschweben von Sams Seele verhindern kann. Sie vereinbaren, das bei der nächsten Gelegenheit auszuprobieren – zu rein wissenschaftlichen Zwecken, versteht sich -, doch soll es noch eine Weile dauern, bis sie die Zeit finden, wirklich in die Kissen zu sinken.

Zwischendurch wird nämlich noch Clare angeschossen, es taucht eine zweite Statue auf und Paen versucht, die Ursprünge der Dunklen zu ergründen. Es gibt ein paar Geister, blutdürstige Schmetterlinge und Affen à la „Fluch der Karibik“. Und ja, das ist alles genauso willkürlich, wie es klingt.

Katie MacAlister hat ja bereits in den vergangenen drei Bänden reichlich Angriffsfläche für harsche Kritik geboten. „Vampir im Schottenrock“ bildet da keine Ausnahme, denn auch hier gibt es wieder viel sinnloses Hin- und Hergelaufe und noch mehr nervtötendes Gelaber. Mittlerweile tritt aber so etwas wie Gewöhnung ein, denn anstatt aufzuregen, langweilt die Lektüre nur noch. Keiner der Charaktere entfacht so etwas wie Sympathie oder gar Interesse beim Leser und die vollkommen konfuse Handlung, die in der zweiten Hälfte komplett aus dem Ruder läuft, ist auch nicht dazu angetan, Begeisterungsstürme beim Publikum hervorzurufen.

Seit vier Bänden schreibt MacAlister nun also immer wieder das gleiche Buch. Sie tritt auf der Stelle – man erfährt nichts über Dunkle, das man nicht auch schon nach der Lektüre des ersten Bandes gewusst hätte. MacAlister macht sich nicht die Mühe, an einer Art übergeordneter Mythologie zu arbeiten, die ihre Welt zusammenhält. Stattdessen streut sie übernatürliche Wesen nach völlig willkürlichen Regeln ein, offensichtlich einfach nur, weil es pittoresk und irgendwie niedlich ist. So hatten wir bereits Geister, Wächter, Bannwirker, Beschwörer, Dämonen und Mumien – nicht zu vergessen Dunkle. Nun kommen Wahrsager, Feen und Elfen hinzu.

Ein ziemlich illustrer Haufen also, allerdings versäumt MacAlister, diese Begrifflichkeiten auch mit Leben zu füllen. Das einzige Charakteristikum, dass sie für eine Elfe liefert, sind ihre spitzen Ohren (sehr originell). Eine Fee dagegen scheint ein Faible für Blumen zu haben. Clare beispielsweise ist den Großteil des Romans damit beschäftigt, Blumensträuße zu arrangieren, die sie dann genüsslich verspeist. Das ist nicht wirklich ein wichtiges handlungstreibendes Element und trotzdem wird es von MacAlister wieder und wieder genüsslich ausgebreitet – eigentlich hat Clare außer der Blumenesserei im Roman kaum etwas zu tun. Oh, außerdem ist sie davon überzeugt, keine Fee zu sein (warum sie sich so gegen diese Tatsache sträubt bleibt MacAlisters Geheimnis), was sie zu folgenden Blüten der Wortkunst verleitet: „Ich bin keine Fee. Ich bin ein Unterwäschemodel. Das ist ein riesiger Unterschied.“

Das größte Problem ist allerdings MacAlisters Seelen-Fixierung. In ihrem Universum wird ein Dunkler ohne Seele geboren. Findet er seine Geliebte, bekommt er auch eine Seele. Nur: Was genau ist eine Seele bei MacAlister? Lässt sie uns fühlen? Pflanzt sie uns Leidenschaften und Ängste ein? Sagt sie uns, was richtig und falsch ist? Keine Ahnung … MacAlister fühlt sich nie berufen, diese Fragen zu beantworten. Stattdessen schwankt sie mal in die eine und mal in die andere Richtung – wie sie es eben gerade braucht – und behauptet abwechselnd, ohne Seele zu leben wäre gar kein Problem und ohne Seele zu leben wäre schrecklich.

So sagt Paen am Anfang: „Nun, ich bin ja auch verdammt! Ihr wisst doch gar nicht, wie das ist!“ Ein paar Kapitel später findet er dann aber: „Mir fehlt zwar die Seele, aber davon lasse ich mich in keiner Weise einschränken.“ Ja, was denn nun? Erschwerend kommt hinzu, dass zwischen Beseelten und Unbeseelten charakterlich keinerlei Unterschied besteht. Paen ist ohne Seele genauso wie mit Seele. Was soll also der ganze Seelen-Hokuspokus? Offensichtlich handelt es sich bei dieser Seele nur um ein schickes Accessoire, das einem Outfit zwar den letzten Pfiff verleiht, zur Not kommt man aber auch ganz gut ohne aus.

Fans von paranormal-romantischen Errettungsgeschichten werden bei „Vampir im Schottenrock“ sicher auf ihre Kosten kommen, doch wer abwechslungsreiche Lektüre mag, ist hier völlig fehl am Platze. MacAlister schreibt ihre Romane nach immer derselben Formel und erstickt so jegliche Spannung und Neugierde beim Leser im Keim.

|Die Dunklen|

1. „A Girl’s Guide to Vampires“ [(„Blind Date mit einem Vampir“) 4983
2. „Sex and the Single Vampire“ [(„Kein Vampir für eine Nacht“) 5633)
3. „Sex Lies and Vampires“ [(„Küsst du noch oder beißt du schon?“) 5673
4. „Even Vampires Get the Blues“ („Vampir im Schottenrock“)
5. „The Last of the Red-Hot Vampires“ („Vampire sind zum Küssen da“)

|Originaltitel: Even Vampires Get the Blues
Ins Deutsche übertragen von Antje Görnig
351 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-8025-8176-2|
http://www.egmont-lyx.de
http://www.katiemacalister.com