Martin, George R. R. – Thron der Sieben Königreiche, Der (Das Lied von Eis und Feuer 3)

_Grandioses Schlachtengemälde, die dritte Runde_

„Das Lied von Eis und Feuer“, so heißt das ambitionierte Großprojekt von George R. R. Martin auf dem Gebiet der epischen Fantasy. Die vier ersten Bände davon sind bereits auf Deutsch erschienen (hier auf 8 Bände verteilt) und lassen sich zum Besten einordnen, was diese Literaturgattung bisher hervorgebracht hat.

Mehrere Handlungsstränge aufgreifend, bietet Martin einen Blick auf eine farbenprächtige Welt voller Gegensätze, ein buntes Gewimmel verschiedenster Schicksale, verstreut vom kargen, frostklirrenden Norden bis zu den orientalisch prächtigen Ländern des Sommers. Eine Welt, in der die Jahreszeiten sich über Jahre erstrecken können und auf einen milden langen Sommer ein umso härterer Winter folgt. In diesen Wintern erwachen im Norden dunkle Mächte. Und der jetzige Sommer währte bereits die Rekordzeit von zehn Jahren … Doch noch ist die Witterung wohlgesonnen und die Menschen sind mit ihrem eigenen Streit beschäftigt.

|Der Zyklus „Das Lied von Eis und Feuer“|

Band 1: Die Herren von Winterfell (ISBN 978-3-442-24729-5, 10/97, A Clash of Kings)
Band 2: Das Erbe von Winterfell (ISBN 978-3-442-24730-1, 4/98)
Band 3: Der Thron der Sieben Königreiche (ISBN 978-3-442-24923-7, 4/00, A Game of Thrones)
Band 4: Die Saat des goldenen Löwen (ISBN 978-3-442-24934-3, 10/00)
Band 5: Sturm der Schwerter (ISBN 978-3-442-24733-2, 11/01, A Storm of Swords)
Band 6: Die Königin der Drachen (ISBN 978-3-442-24734-9, 06/02)
Band 7: Zeit der Krähen (ISBN 978-3-442-24350-1, 05/06, A Feast of Crows)
Band 8: Die dunkle Königin (ISBN 978-3-442-24416-4, 10/06)
geplant: A Dance with Dragons

_Vorgeschichte in Band 1 & 2_

Der König, das ist der Thronräuber Robert Baratheon, einst ein großer Kämpfer, nun nur noch ein Säufer und Schürzenjäger. Die Königin ist Cersei aus dem reichsten Haus des gesamten Inselkönigreichs, derer von Lannister. Was kaum jemand weiß: Ihre Kinder, die der König sein Eigen glaubt, stammen alle von ihrem Bruder, dem strahlenden Ritter Jaime. Kaum ein Geheimnis ist jedoch, dass die beiden Lannisters des Königs alten Premierminister – hierzulande Rechte Hand genannt – mit Gift um die Ecke gebracht haben, um ihre Stellung zu stärken: Jaime sollte sein Nachfolger werden. Doch den Ersatz wählt der König nicht in seiner Nähe, sondern im hohen Norden, bei seinem alten Freund und Mitstreiter, dem rechtschaffenen Lord Eddard Stark. Das Schicksal der Angehörigen der Großfamilie derer von Stark von Winterfell ist der eigentliche Inhalt des umfangreichen Romans.

Zunächst widerwillig, doch vom Ehrgefühl getrieben, begibt sich Lord Eddard in die Hauptstadt, um als Rechte Hand zu regieren, während der König Mädchen und Wildschweinen nachstellt. Es kommt zum unausweichlichen Konflikt mit den Lannisters, als Eddards Frau Catelyn herausfindet, von wem ein Meuchelmörder in ihre Burg geschickt wurde, um ihren Sohn Bran zu töten: die Lannisters. Sie weiß nicht, dass Bran das Geheimnis des feindlichen Geschwisterpaares belauscht hatte. Ihr Verdacht fällt auf den Besitzer des Attentäterdolches: auf Tyrion Lannister, Königin Cerseis zwergenhaften Bruder. Sie lässt ihn verhaften und verschärft die Krise bis zum offenen Krieg. Der König kommt unter mysteriösen Umständen um.

Im zweiten Band des Romans, „Das Erbe von Winterfell“, kommt es zu mehreren Schlachten zwischen aufrechten Stark-Freunden und Lannistervasallen. Der Autor weiß die Kämpfer in der Schlacht auf eindrückliche Weise zu beschreiben. So erscheint etwa der Feldherr der Lannisters als eine Art Julius Cäsar. Seine Statur wird von der mickrigen Größe seines – inzwischen freigekommenen – Sohnes Tyrion noch erhöht, was aber nichts über seine moralischen Qualitäten aussagt. Lord Eddard, nach Roberts Tod von der Königin im Staatsstreich verhaftet und eingekerkert, wird vom neuen König und Cerseis Sohn, dem 14-jährigen und eigensinnigen Joffrey, als Verräter zum Tode verurteilt und enthauptet. Eddards zwei 10- und 12-jährige Töchter müssen dies mit ansehen. Ein Gegenkönig zeigt sich im Süden.

Am Ende des Romans sind viele Karten ausgespielt worden, aber die Partie ist weiterhin offen. In den Ländern jenseits der Meerenge gelangt Daenerys, die letzte Überlebende des Herrschergeschlechts, das Robert Baratheon dezimierte und verjagte, zu Macht an der Seite eines Reitervolkhäuptlings. Es gelingt ihr, den ausgestorbenen Drachen zur Wiedergeburt zu verhelfen. Und im höchsten Norden, an der Mauer, die das Königreich vor den Geistern des Verwunschenen Waldes schützt, kehrt der Winter zurück – für lange Jahre.

_Handlung von Band 3_

Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht auch im dritten Band die Familie der Starks. Seit Tausenden von Jahren stellt sie die Könige des Nordens, eine harte, ehrenhafte, aber auch pragmatische Sippe. Der sich seit dem Anfang der Serie aufbauende Zwist zwischen den Starks und der mächtigen Adelsfamilie der Lannisters eskaliert zu einem mörderischen Krieg, der einen Großteil der Sieben Königreiche verheert.

Und noch mehr Heere sind im Anmarsch. Denn Stannis, der Bruder des verstorbenen Königs, schickt sich an, den Thron an sich zu reißen, mit der Begründung, der Thronfolger und neue König Joffrey sei nicht seines Bruders Sohn, sondern das Produkt aus der Verbindung der Königin mit ihrem Bruder. Nicht zu Unrecht, wie der Leser aus der Vorgeschichte weiß.

Gleichzeitig ruft sich auch Stannis‘ Bruder Renly zum König aus und kann durch die Unterstützung der südlichen Provinzen auf eine riesige Armee zurückgreifen. Der Kampfverlauf ist allerdings anders, als die Beteiligten erwarten.

Derweil nehmen die Männer der Nachtwache, welche das Land seit altersher gegen den Norden schützt, erschreckt Veränderungen war. Nicht nur dass Männer verschwinden und als Untote wiederkehren, auch die Wildlinge, die Menschen auf der anderen Seite der Mauer, sind spurlos verschwunden, wie eine Expedition feststellt. Diese ist mit Snow, dem Bastard Eddard Starks, losgezogen, um die Vorgänge jenseits der Mauer zu erforschen.

Ein bisher eher am Rande agierender Handlungsträger bekommt von Martin mehr Aufmerksamkeit zugemessen: der junge Theon, das Mündel Eddard Starks, zieht heimwärts, um als kommender Erbe des Thrones der Eisen-Inseln zu Ruhm zu kommen.

Die junge Targaryen Daenerys, eine Favoritin unter den Handlungsträgern und frischgebackene „Mutter“ von drei Drachen, macht sich mit ihrem kleinen Khalazar auf eine ungewisse Reise in die Wüste. Zwar finden die geplagten Reste des ehemaligen Khalazars von Drogo bald fruchtbares Land, doch die ehrgeizige Daenerys treibt es weiter. Eine gewisse Gleichgültigkeit, was ihre Untertanen betrifft, lässt sich bei ihr nicht verleugnen. Dennoch wünscht man ihr alles Gute. Doch die Erfüllung ihrer Träume bedeutet noch mehr Krieg für die Sieben Königreiche.

_Mein Eindruck_

Man kann darauf gespannt sein, wie der Autor die sich anbahnenden Konflikte zwischen den Sympathieträgern der verschiedenen Parteien in seiner Serie auflösen wird. Denn das mag für viele Leser vielleicht doch etwas ungewohnt sein: Nicht nur hat Martin die bekannten Schwarz-Weiß/Gut-Böse-Zuordnungen über Bord geworfen, auch mit seinen Helden geht er nicht immer pfleglich um. Es kann durchaus passieren, dass ein Sympathieträger am Ende eines Buches nicht mehr am Leben ist, wie sich an Eddard Starks Schicksal zeigte.

In den Winterfell-Romanen herrscht bitterster Realismus, Drama zwischen Ironie und Tragödie, grimmig zuweilen bis zur Schmerzgrenze. Doch Martin desavouiert seine Figuren nicht, er lässt ihnen ihre Würde. Allerdings schildert er nicht das Innenleben der bösen Lannisters – hier ist der philosophische Zyniker Tyrion die Ausnahme.

Die Figuren erscheinen sehr lebendig und menschlich; Martin verschließt die Augen nicht vor ihren intimsten Gefühlsregungen oder sexuellen Betätigungen. Dass der Sex ebenso wie der Humor zuweilen von der derberen Sorte ist, verleiht dem geschilderten Leben Authentizität: So könnte es im Frankreich oder England des 13. oder 14. Jahrhunderts zugegangen sein. Man lese einmal Shakespeares „Heinrich V.“ nach oder sehe Brannaghs Verfilmung.

Alles in allem ist die Serie eine Ausnahmeerscheinung in der Fantasy. Brillant geschrieben und weit über dem Durchschnitt. Möglicherweise wirklich die beste epische Fantasy überhaupt, wie sich Marion Zimmer Bradley geäußert hat. Für mich ist die Serie jedenfalls die derzeitige Referenz und zu Recht mit Preisen überhäuft.

|Originaltitel: A Clash of Kings (Pages 1-332)
Originalverlag: Bantam Books
Aus dem Amerikanischen von Andreas Helweg
Paperback, 544 Seiten
Mit drei Landkarten|
http://www.blanvalet.de
http://www.georgerrmartin.com/
http://www.eis-und-feuer.de/