Die drei Fragezeichen gingen zu Beginn der Neunzigerjahre komplett in deutsche Hand, nachdem die Originalserie „The three Investigators“ in ihrem Ursprungsland Amerika eingestellt wurde, sich hier jedoch weiterhin so großer Beliebtheit erfreute, dass sich der Franckh-Kosmos Verlag die exklusiven Fortführungsrechte sicherte. Die „Botschaft von Geisterhand“ wird erzählt von André Marx, stammt aus dem Jahr 2000 und gehört zur so genannten „Neuen Ära“, welche bis dato anhält. Obwohl es eigentlich gar keine Nummerierung gibt, ist es der 95. Fall des Trios, legt man die Chronologie der bei EUROPA erscheinenden Hörspiele zugrunde, welche ganz maßgeblich zum großen Erfolg der Serie beigetragen haben.
_Zur Story_
Derzeit herrscht Flaute bei den drei Detektiven. Das heißt, Justus triezt Peter mit kniffligen Denksportaufgaben. Ein Unterfangen, welches bestenfalls als schwierig zu bezeichnen ist, wenn man den zuweilen geistig etwas schwerfälligen zweiten Detektiv kennt. Der Müßiggang findet ein jähes Ende, als ein geheimnisvoller Brief eintrudelt. Weder Umschlag noch das leere Blatt Papier in seinem Inneren, das selbstverständlich allen gängigen Geheimschrift-Tests unterzogen wird, weisen auf den Absender hin. Während die drei sich noch den Kopf zerbrechen, klärt das Telefon das Rätsel. Ihre „alte Freundin“ Jelena Charkova eröffnet ihnen – nicht ohne eine gute Portion Häme und Hochnäsigkeit – , dass sie längst auf die drei Jungs warte, das würde aus dem Brief doch hervorgehen. Dieser sei mit einer neuen Geheimtinte aus ihrer Chemie-Giftküche geschrieben.
Allen Animositäten zum Trotz sollen die Jungs antanzen, denn sie habe einen Fall. Sie habe zufällig in einem fehlgeleiteten Telefongespräch mitbekommen, dass ein wertvolles und geheimnisvolles Buch – das „Popol Vuh“ – gestohlen werden soll. Es handelt sich genau genommen um eine sehr alte Übersetzung ins Spanische und nicht das Original selbst. Der Aufbwahrungsort des guten Stücks war aber leider nicht zu entnehmen gewesen, jedoch hat Jelena bereits herausgefunden, wem das Buch seit einer kürzlich statt gefundenen Auktion gehört. Die Zeit drängt, denn der geplante Diebstahl steht unmittelbar am nächsten Tag bevor. Dr. Arroway ist die derzeitige Besitzerin des Buches und ihres Zeichens Spezialistin für die Kultur der Quiche-Maya. Sie ist dank Jelenas Vorarbeit leicht zu finden, und so erreichen die vier ihr Haus Just-In-Time, um sie zu warnen.
Doch Dr. Arroway denkt gar nicht daran, dass Buch weg zu schließen, sie will die Gelegenheit nutzen und Palmer Dixon, einen ihrer hartnäckigsten Konkurrenten auf diversen Auktionen, den sie übrigens auch für den mutmaßlichen Dieb hält, auf frischer Tat ertappen und ihn so endlich los werden. Daher beschließt man, für den nächsten Tag eine Falle zu stellen. Doch Erstens kommt es oft anders und Zweitens, als man denkt. Noch am gleichen Abend verschwindet das Buch einen Tag vor dem eigentlichen Termin spurlos aus dem Arbeitszimmer. War Dixon wirklich der Täter? Wenn ja, warum hat er früher als geplant zugeschlagen? Welches Geheimnis birgt diese alte Übersetzung des Popol Vuh? Diesmal sind die Detektive sogar zu Viert, um die mysteriösen Umstände zu klären. Kleine Rivalitäten beleben dabei das Geschäft ungemein.
_Eindrücke_
Wie alle neuzeitlichen Fälle kennzeichnet auch diesen eine Fülle von Modernisierungen gegenüber der Originalserie. Nicht nur dass die Jungs mittlerweile motorisiert sind, auch ihre ehemals versteckte Zentrale und Rückzugsort – etwa vor der Arbeitsverteilung Tante Mathildas – auf dem Schrottplatz ist längst kein Geheimnis mehr. Der alte Campinganhänger hat zwar damit auch seine obsolet gewordenen Geheimgänge eingebüßt, weist jedoch neben dem altbekannten Labor und der Telefonanlage nun mittlerweile auch Computertechnik auf. Ein Umstand, welchem bei dieser Story sogar besondere Bedeutung zukommt, denn ein Teil der Ermittlungen ist das Ausspähen einer IP-Adresse. Unter technischen Gesichtspunkten hier nicht ganz schlüssig erklärt und ziemlich konstruiert wirkend, aber durchaus spannend inszeniert.
Dabei muss man auch noch bedenken, dass zur Zeit der Entstehung der Geschichte solche EDV- bzw. Internet-Begriffe längst noch nicht so weit verbreitet im Gebrauch waren, wie sie es heute sind. Die drei Fragezeichen greifen damit mal wieder moderne und ungewöhnliche Themen auf. Das gilt auch für die Grundstory als solche. Das Popol Vuh ist tatsächlich existent und so etwas ähnliches wie das „Amduat“, das berühmte ägyptische Totenbuch, nur eben das der südamerikanischen Maya. Kurios ist in diesem Zusammenhang, dass auf dem Cover ein Buch abgebildet ist, welches allerdings ein aztekisches Symbol ziert. Ein Volk, welches aber erst lange nach den Maya auf der geschichtlichen Bühne auftauchte. Das muss man aber nicht wissen, Coverdesignerin Sivia Christoph wusste es augenscheinlich auch nicht.
Im Gegensatz zum zusammengekürzten Hörspiel hat man im Buch natürlich wesentlich mehr Möglichkeiten, mit größerer Detailtreue zu arbeiten. So ist es nicht verwunderlich, dass die kleinen Schönheits- und Logikfehler, die sich das gleichnamige Hörspiel leistet, in der Buchversion nicht – oder fast nicht – anzutreffen sind. Mit einer Ausnahme, nämlich der Frage der Täterschaft. Diese wird aufmerksamen Lesern schon recht früh offenbar. Zu früh. Lediglich das Warum ist zunächst unklar. Dennoch erhält sich die Geschichte einen gewissen Spannungsbogen, nicht zuletzt weil Jelena Charkova (nach ihrem Debüt in der Folge „Musik des Teufels“) wieder kräftig mitmischt und Justus dabei ziemlich alt aussehen lässt. Im Prinzip hat sie das Rätsel bereits lange vor den drei Jungs gelöst. Und das auch noch weniger umständlich als der voreingenommene erste Detektiv.
_Fazit_
Eine unterhaltsame und in sich runde Geschichte, wobei auch der weniger aufmerksame Leser sehr früh die Lösung des Rätsels ahnt. Hier hätte André Marx lieber etwas mehr Sand in die Leseraugen streuen können, statt sich mit IT-Halbwahrheiten zu verzetteln. Übrigens die einzig wirkliche „Schwäche“ des Falles, der ansonsten aufgrund seiner abwechslungsreichen Handlungsstränge gegenüber dem stark gekürzten Hörspiel fleißig Zusatzpunkte sammeln kann – allein schon wegen der ausgedehnteren, amüsanten Scharmützel von Justus und Jelena. Summa summarum eine durchaus gefällige Episode der drei Fragezeichen und auch für den Quereinstieg in die Serie geeignet.
_Die Buchdaten auf einen Blick:_
„Die drei ??? – Botschaft von Geisterhand“
Basierend auf Figuren von Robert Arthur
Erzählt von André Marx
Franckh-Kosmos, 2000
128 Seiten Hardcover
Cover Illustration: Silvia Christoph
ISBN-10: 3-440-08023-4
ISBN-13: 978-3-440-08023-8