McMurchie, Tom – Tsuro. Der Weg ist das Ziel

_Der Weg ist das Ziel_

Diese altbekannte Floskel beschreibt im Falle des neuen |Kosmos|-Titels „Tsuro“ ziemlich genau, worum es geht. Die Spieler schlüpfen in diesem hierzulande erstmals offiziell aufgelegten Spiel (vorher gab es bereits eine leicht alternierende Variante von |WizKids|, die via |Pegasus| vertrieben wurde) in die Rolle von Wegebauern und müssen sich mittels ihrer Wegekarten über die verschlungensten Pfade kämpfen, dabei jedoch darauf achten, nicht vom rechten Weg abzukommen und aus dem Spielfeld geschoben zu werden. Ziel des Ganzen ist es nämlich, als letzter Spieler in der Welt von Drachen und Phönix zu überleben. Oder anders gesagt: Der Weg ist das Ziel – und wer ihn bis zum Ende nicht verlassen muss, der wird auch seine Bestimmung erreichen!

_Spielmaterial_

• 1 Spielplan
• 8 Spielfiguren
• 64 Wegekarten

Schlicht, jedoch trotzdem hübsch aufgemacht: „Tsuro“ ist sicherlich kein Spiel, das grafisch auf den ersten Blick aus dem Rahmen fällt, dennoch aber mehr als solides Augenfutter. Ein echter Hingucker ist in diesem Sinne der beidseitig bedruckte Spielplan, der zudem äußerst zweckmäßig aufgebaut ist. Abhängig von der Spielerzahl kann man nämlich den größeren respektive kleineren Plan verwenden, was sich mit ein wenig Spielerfahrung auch als durchaus sinnvoll erweist, da es somit gelingt, die Dynamik unabhängig voneinander ungefähr auf demselben Level zu halten.

Davon abgesehen sind die Spielmittel zu diesem bereits 1979 erstmals erschienen Titel vorrangig zweckdienlich gestaltet, in Sachen Spielbarkeit aber vollkommen überzeugend. Es bedarf nämlich keiner illustrativen Effekthascherei, um den gebührenden Respekt einzufahren. Manchmal – und dementsprechend auch hier – ist weniger eben doch mehr!

_Spielvorbereitung_

Vor jeder Partie werden die Wegekarten in drei ungefähr gleichgroße Nachziehstapel gemischt. Jeder Spieler darf sich nun drei Karten als Einstiegsmaterial auf die Hand nehmen; hiermit gilt es nun in den kommenden Runden zu arbeiten. Nachdem jeder Spieler eine Spielfigur gewählt hat, entscheidet man sich für eine Seite des Spielplans und positioniert seine Figur an einer der am Rand befindlichen Schnüre. Von hier aus startet man nun seine Reise in das quadratische Spielfeld, immer darauf bedacht, es bloß nicht mehr zu verlassen.

_Spielablauf_

Sobald die Figuren aufgestellt sind, darf der älteste Spieler den ersten Zug ausführen und das Spiel beginnen. Dabei befolgt er folgende Schritte:

|1.) Eine Wegekarte legen|

Der Spieler wählt eine seiner drei Wegekarten und legt sie an ein Feld, das direkt an seine eigene Figur grenzt, an. Es ist dabei egal, in welche Richtung man die Karte legt, solange sie nur derart verbunden ist, dass die Spielfigur weitergesetzt werden kann.

|2.) Eigene Spielfigur setzen|

Die Spielfigur setzt er jetzt anhand des sich nun bietenden Weges an den Seilen auf der Karte entlang vorwärts, bis er schließlich am Rand der neu gelegten Karte angelangt ist. Sollten hierbei mehrere Karten miteinander verbunden sein, wandert er so weit, bis seine Spur endet. Auch andere Spielfiguren, deren Wege möglicherweise nun verlängert werden, müssen weitergeschoben werden – eventuell auch ins Aus!

|3.) Eine Wegekarte nachziehen|

Im Anschluss an seinen Zug füllt man seine Kartenhand wieder auf, indem man eine Wegekarte von einem beliebigen Nachziehstapel nimmt.

Das Spiel schreitet nun Zug für Zug fort; die Figuren gehen ihres Weges, es sei denn, sie erfüllen eine der beiden Bedingungen für den vorzeitigen, unfreiwilligen Ausstieg. Sobald sie nämlich am Rand des Spiels ankommen oder aber den Weg eines Mitspielers treffen, müssen sie sofort das Feld räumen. Im letztgenannten Falle scheiden sogar direkt beide Spieler aus.

_Spielende_

In „Tsuro“ überlebt der stärkste Spieler, und das ist derjenige, der als Letzter auf dem Spielfeld stehen geblieben ist. Falls hingegen mehrere Spieler infolge eines Zuges als Letzte das Feld räumen müssen, wird der Sieg untereinander aufgeteilt.

_Persönlicher Eindruck_

„Tsuro“ macht Spaß, ist schnell erlernt, fast noch schneller gespielt und besitzt, zumindest zu Beginn, einen hohen Wiederspielreiz, der darin begründet ist, dass man unablässig nach Taktiken und Strategien sucht, wie man die eigenen Karten am besten positioniert, um nicht zu schnell in eine missliche Lage hineinzugeraten bzw. schnell ins Abseits zu rücken. Gute Voraussetzungen also, um den Neuheiten-Katalog des |Kosmos|-Verlags um ein weiteres Highlight zu ergänzen. Wie sich jedoch von Partie zu Partie immer deutlicher herauskristallisiert, ist der Einfluss, den man auf sein eigenes Schicksal ausüben kann, nicht ganz so groß wie erhofft, da gewissermaßen das Glück oder das Geschick der anderen Spieler dem Verlauf des Spiels viel stärkere Impulse verleihen. So kann es bereits im Spiel zu fünft oder zu sechst schnell geschehen, dass man nach seinem eigenen Zug noch glaubt, das Spiel völlig im Griff zu haben, in den Zügen der anderen Spieler dann aber mit einem Mal in eine Bredouille gerät, die man aus eigenen Kräften kaum mehr verlassen kann. Es besteht die Gefahr, dass man partiell zu sehr vom Spiel gespielt wird, gerade wenn man bei der Entwicklung eigenes Strategien noch unsicher oder aber experimentierfreudig ist – doch was ist in „Tsuro“ schon sicher?

Dennoch funktioniert das Spiel als etwas krassere „Mensch, ärgere dich nicht“-Abart wirklich gut, weil es schlichtweg sehr kommunikativ und interaktiv ist, ein hohes Tempo aufweist und trotz der verschachtelten Wegweisungen völlig simpel strukturiert ist. Was vielleicht fehlt, sind einige taktischere Elemente, um die Spielvielfalt noch ein wenig auszubauen. Bedingt durch die stete Auswahl aus drei Karten kann man seinen Zug nämlich eigentlich immer recht sicher durchführen und ist schließlich stark vom Vorgehen der Mitspieler abhängig. Diesbezüglich hätte das Gleichgewicht sicher noch ein Stück weit in die Richtung des aktiven Spielers gedrängt werden können, damit der eben nicht in einen wachsenden Passiv-Part abfällt. Doch dies sind im Nachhinein alles nur Spekulationen, über die man während des Spiels nur wenig Gedanken verschwenden wird. Im Vordergrund steht nämlich der Spielspaß – und der reißt trotz der genannten Einschränkungen kaum ab!

http://www.kosmos.de/

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