Meddour, Fabrice – Ganarah 1: Die Tränen von Armon Surath

_Story_

In der berüchtigten Kampfkuppel von Armon Surath sind die glorreichsten Tage längst gezählt. Seit einiger Zeit werden die Kämpfe von den korrupten Machthabern der Stadt manipuliert. Der unbeliebte Riese Dzeroff gewinnt Kampf für Kampf, erntet von Seiten des Publikums nur Hass und Verachtung, weil er einige Zuschauerlieblinge bereits ins Jenseits befördert hat. Als die Bewohner schließlich in immer größeren Zahlen das Weite suchen, weil sie die Manipulationen nicht länger akzeptieren wollen, wird der Ruf nach der berühmtesten Kämpferin im Lande wieder laut: Ganarah soll zurück in die Stadt kommen, aus der sie wegen eines außerordentlichen Vorfalls in der Arena einst verbannt wurde. Doch Ganarah lehnt das Angebot des Barons und seiner hinterlistigen Schergen eiskalt ab. Stattdessen kümmert sie sich um die merkwürdige Herumtreiberin Tchenee, die seit einiger Zeit durch den Wald streunt und sich unter anderem auch von menschlichem Fleisch ernährt. Doch mit der Zeit wird der Elitekämpferin bewusst, dass ihr Schicksal sie unaufhaltsam nach Armon Surath zurückführen muss. Wenn nämlich jemand die Lage in der Stadt beruhigen kann, dann Ganarah.

_Persönlicher Eindruck_

Während derzeit die ersten Serien beim |Splitter|-Verlag aufs Finale zusteuern, bereitet man insgeheim schon die nächsten Erfolgstitel für den deutschen Release vor und sorgt so dafür, dass der Fangemeinde der franko-belgischen Comic-Kunst so schnell nicht langweilig wird. Unlängst wurde mit „Ganarah“ eine weitere neue Serie ins Programm aufgenommen, die zu den ersten bedeutenden Werken des noch relativ unbekannten Autors Fabrice Meddour gehört.

Mit dem Auftakt „Die Tränen von Armon Surath“ kann Meddour jedoch nur den ersten Heißhunger auf derartige Fantasy-Kost stillen. Die Geschichte zieht den Leser sofort in ihren Bann und beschwört einen Mythos, der in erster Linie in der faszinierenden Protagonistin Form annimmt. Ganarah ist eine undurchschaubare Akteurin, abweisend und warmherzig, bestimmt und dennoch bisweilen unsicher, jedoch stark und immerzu entschlossen, für ihre Werte und Normen einzutreten. Einst hat sie jedoch einen folgenschweren Fehler begangen. In der Kampfkuppel ihrer Heimatstadt wurde sie zum unaufhaltsamen Berserker und tötete die gesamte Konkurrenz. Dieses nonkonforme Verhalten führte zu ihrem vorübergehenden Bann, den man in Armon Surath jedoch bereut. Der Glanz der Arenakämpfe ist verblasst, die Korruption hingegen nimmt immer unschönere Formen an. Sowohl dem schwächelnden Baron als auch dem flüchtigen Publikum ist eines klar: Die legendäre, mittlerweile verschollene Kämpferin muss zurückkehren, um das Schicksal der Stadt zum Guten zu wenden. Doch Ganarah hat es satt, nach der Pfeife ihrer einstigen Vorgesetzten zu tanzen.

Im Debütband wird die Geschichte von hinten aufgearbeitet. Meddour führt die beiden wichtigsten Charaktere Ganarah und Tchenee ein und erklärt ihre indirekte Verbindung. Nach und nach schildert er die prekäre Lage in Armon Surath und reflektiert Stück für Stück den Vorfall, aufgrund dessen Ganarah aus der Stadt verbannt wurde. Lange Zeit sind dem Leser die Hintergründe nicht bewusst, bis der Autor schließlich mit einem Paukenschlag auf die entsetzlichen Taten der so sympathischen Kriegerin verweist und das zunächst sehr klare Bild der Titelfigur mit einem Mal deutlich verzerrt.

Vom Aufbau her betrachtet, hat der Zeichner und Autor in Personalunion ein sehr geschicktes Format gewählt. Er lässt die Geschichte zügig voranschreiten, wählt über die Interaktion zwischen den verschiedensten Charakteren schließlich jedoch genau den konträren Weg, um den Lebenswandel der eigentlichen Heldin nachzuvollziehen. Diese ungewöhnliche Verquickung funktioniert allerdings in der Tat prächtig. Man findet einen sehr leichten Einstieg in die Story, wird aber auch sehr schnell von den Ereignissen überwältigt und entdeckt Seite für Seite die wachsende Faszination, die vom starken Inhalt ausgeht.

Bereits mit dem ersten Album zu „Ganarah“ ist dem Autor somit ein kleines Meisterwerk gelungen, welches jedoch erst den Auftakt zu einer langfristigen Erfolgsstory bilden sollte. Schließlich ist „Die Tränen von Armon Surath“ genau das, was der Fantasy-Fan vom etablierten |Splitter|-Verlag erwartet, nämlich eine stimmungsvolle, spannende und darüber hinaus meisterlich konzipierte Erzählung mit unheimlich großen Potenzial. Ich freue mich schon riesig auf die Fortsetzung!

http://www.splitter-verlag.de

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