_Inhalt_
Paris, 845: Die Normannen überfallen Paris und bringen unsägliches Leid über seine Bewohner. Einer der bitter Betroffenen ist der kleine Odo, dessen Vater getötet und dessen Mutter verschleppt wird. Nur knapp überlebt der kleine Junge die furchtbaren Tage, und danach soll ihn sein Trauma für immer verändern.
Odo wird in die Obhut der Kirche gegeben, und Jahre später fällt ihm, der vom Rachedurst und von der Sehnsucht nach seiner vielleicht noch lebenden Mutter getrieben ist, in der Bibliothek des Klosters St. Gallen eine geheime Schrift in die Hände, die seinen Weg vorzuzeichnen scheint: Er führt ihn in den Norden hinauf, in die unmittelbare Nähe seiner Feinde, nach Haithabu, dem Tor nach Dänemark. Hier beginnt er mit seiner Aufgabe, von der er glaubt, dass Gott selbst ihn dazu ausersehen habe.
In Haithabu lebt der junge Helgi, der Sohn eines Schmieds. Er selbst hat eigentlich gar keine Lust, ebenfalls Schmied zu werden, aber es scheint, als bliebe ihm nicht viel anderes übrig. Und dabei möchte er doch viel lieber Ausschau halten nach der hübschen, unglücklichen Sklavin seines Nachbarn, des hässlichen Widersachers seines Vaters! Allein, dem Jüngling ist es nicht vergönnt, seiner heimlichen Liebe nachzuschauen, denn urplötzlich gehen in Haithabu unheimliche Dinge vor sich, die sich niemand erklären kann. Und Helgi selbst ahnt nicht, dass er eine der Hauptrollen in einer höchst verwickelten und mystischen Angelegenheit spielen soll, die ihn weit von zu Hause fortführen wird. Als es schließlich soweit ist, bleibt dem jungen Mann nur, sich den Winden des Schicksals anzuvertrauen und bestmöglich zu meistern, was sich ihm in den Weg stellt …
_Kritik_
„Das Buch der Sünden“ ist der Gewinner des von Rowohlt veranstalteten Wettbewerbs „Historischer Roman des Jahres“. Er ist ziemlich gut recherchiert, wenn man bedenkt, wie wenige Aufzeichnungen aus dem 9. Jahrhundert eigentlich überliefert sind, und auch an Spannung mangelt es nicht: Man möchte zu jedem Zeitpunkt wissen, wie es weitergeht, und sobald der Wahn des Antagonisten erst deutlich zu Tage tritt, überraschen auch die krassen Situationen nicht mehr.
Was mich allerdings störte, war die Vielzahl von Klischees, mit denen die Lücken zwischen den geschichtlichen Fakten gefüllt wurden. Sehr zu Anfang, als die Normannen Paris überfallen, ist die Rede von einem 14jährigen Mädchen, hübsch, mit großem Busen. Da war dann schon klar, dass sie keine zwanzig Seiten mehr hat, bis sie vergewaltigt wird (damit verderbe ich niemandem die Geschichte; das Mädchen hat keine tragende Rolle). Überhaupt ist Vergewaltigung offenbar immer ein guter Zeitvertreib im Frühmittelalter, und die Wikinger nehmen mehr Eigenblut zu sich als die Freunde Siegfrieds in Etzels brennendem Saal. Außerdem trinken sie andauernd aus Hörnern, was ja jedem Mittelaltermarktbesucher das Herz aufgehen lassen mag, letztlich aber so nicht richtig ist: Natürlich wurden Trinkhörner bei diversen religiösen Ritualen eingesetzt, aber die Erfindung des Bechers ist keine Raketenwissenschaft, und dass man Flüssigkeit besser in etwas füllt, das nicht umfällt, war sogar wilden Wikingern im 9. Jahrhundert klar.
Natürlich weiß ich, dass diese Meinung subjektiv ist und viele Leser eher Vergnügen an den Punkten haben werden, die mir Verdruss bereiten; nicht umsonst wird ein Roman den Wettbewerb gewonnen haben, der so viele populäre Ansichten in sich vereinigt.
_Fazit_
Axel S. Meyer hat einen umfangreichen, spannenden historischen Roman verfasst, angesiedelt im gefährlichen Grenzgebiet zwischen frühem Christentum und heidnischer Religion, der mit einer quasi-mystischen Kriminalgeschichte kombiniert ist und diverse kriegerische Auseinandersetzungen der damaligen Zeit mit einer sehr persönlichen Liebes-, Lebens- und Leidensgeschichte verquickt.
Dass er mir aus oben genannten Gründen nicht gefällt, sollte niemanden von der Lektüre abhalten, der diese Ansichten nicht teilt, abgesehen davon ist „Das Buch der Sünden“ nämlich gut geschrieben.
|Taschenbuch: 784 Seiten
ISBN-13: 978-3499253805|
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