Miller, Frank / Varley, Lynn – 300

„Wanderer, kommst du nach Sparta, so verkündige dorten,
du habest uns hier liegen gesehen, wie das Gesetz es befahl.“
|Epigramm von Simonides am Thermopylen-Denkmal,
Übersetzung von Friedrich Schiller|

Ist sie Wahrheit oder Legende, die Geschichte um die [Schlacht bei den Thermopylen?]http://de.wikipedia.org/wiki/Erste__Schlacht__bei__den__Thermopylen Eine 300 Mann starke Armee von Spartanern leistet mutig bis zum letzten Mann dem zahlenmäßig weit überlegenen Heer von 120.000 Persern erbitterten Widerstand.

Der historische Hintergrund lässt sich heute nicht mehr zweifelsfrei klären. Welche Teile der Geschichte wahr und welche als Legenden einzustufen sind, ist umstritten. Strittig dürften die Überlieferungen auch aufgrund des unter Forschern immer wieder hinterfragten Rufes des Autors sein: [Herodot.]http://de.wikipedia.org/wiki/Herodot Schon Cicero bescheinigte dem Mann nicht nur, der „Vater der Geschichtsschreibung“ zu sein, sondern auch der „Erzähler zahlloser Märchen“. Und so wurde Herodot stets eine mangelnde Differenzierung zwischen Legenden und Wirklichkeit vorgeworfen.

Mythos oder historische Wahrheit – die Schlacht bei den Thermopylen dient so oder so als Kulisse einer Graphic Novel, die nicht ganz zu Unrecht im Laufe der Jahre einen gewissen Kultstatus erlangt hat. Autor dieses Comics ist kein Geringerer als Frank Miller, dessen Werk nicht zuletzt durch die Kinoverfilmung von „Sin City“ wieder mehr Aufmerksamkeit bekommt.

Auch „300“ wird derzeit verfilmt und soll Anfang 2007 in die Kinos kommen. Die Regie führt Zack Snyder. Grund genug, dass auch der längst vergriffene Comic noch einmal neu aufgelegt wird. Eine Sache, der man sich im Hause |Cross Cult| mit der Herausgabe einer edlen Hardcover-Edition von „300“ würdevoll gewidmet hat.

480 v. Chr. stehen die Perser unter der Herrschaft von König Xerxes I. vor den Thermopylen, einem Engpass des Kallidromos-Gebirges, bereit, Griechenland einzunehmen und zu unterwerfen. 120.000 Perser stehen etwa 7.000 teils zerstrittenen und uneinigen Griechen gegenüber – eine Übermacht gigantischen Ausmaßes. Auf griechischer Seite befehligt der spartanische König Leonidas die Truppen. Im unwegsamen und schwer zugänglichen Gelände der Thermopylen gelingt es Leonidas‘ Truppen, tagelang die Stellung zu halten und den Persern hohe Verluste zuzufügen. Die Spartaner werden zum Symbol für Heldenmut und Kampfstärke.

Als ein gewisser Ephialtes aus den Truppen Leonidas‘ Verrat begeht und zu den Perser überläuft, schlägt die letzte Stunde des Leonidas. Die Perser können dank der Informationen des Ephialtes von zwei Seiten angreifen. Leonidas kämpft mit seiner 300 Mann starken Armee aus Spartanern bis zum letzten Augenblick, kann das gigantische Heer der Perser aber letztendlich nicht aufhalten.

Die Schlacht bei den Thermopylen wurde im Folgenden immer wieder als herausragendes Beispiel für den großartigen Heldenmut und den unbändigen Kampfgeist der Spartaner herangezogen – vorzugsweise von den Spartanern selbst, versteht sich. Aus dieser Geschichte zwischen Legende und Historie hat Frank Miller ein bildgewaltiges Historienepos geschaffen.

Schon beim ersten Durchblättern wird klar, warum es irgendwann so weit kommen musste, dass „300“ verfilmt wird. Miller setzt viel Gewicht auf die Bilder und man sieht beim Lesen den fertigen Film schon fast vor sich. Miller hat ein Faible für besondere Perspektiven, versteht es, einzelne Augenblicke zu einem beeindruckenden Bild einzufrieren. „300“ wirkt wie reinstes Kopfkino.

Miller kreiert eine düstere Stimmung mit intensiven Bildern und würzt das Ganze mit knackigen Dialogen, die kein Drehbuchautor mehr zu verbessern braucht („Einhundert Völker werden über euch kommen. Unsere Pfeile werden die Sonne verdunkeln.“) Oft formuliert Miller kurz und knapp – geradezu spartanisch. Doch stets trifft er den Nagel auf den Kopf, nie werden Worte verschwendet.

Diese knappen, wohlakzentuierten Formulierungen ergeben zusammen mit den teils sehr intensiven Bildern eine nicht zu leugnende atmosphärische Dichte. „300“ ist ein Spiel aus Licht und Schatten, das sehr direkt auf den Leser einwirkt. Heldenmut und brutale Kriegswirklichkeit prallen hart aufeinander. Miller erzählt seine Geschichte mit viel Pathos, aber gleichzeitig mit einer Härte, welche die Brutalität historischer Schlachten ungeschönt darstellt.

Wie schon in „Sin City“, wird auch in „300“ viel Blut vergossen und Miller versucht gar nicht erst, den Leser vor der knallharten Brutalität der Bilder zu schützen. Allzu zart besaiteten Gemütern sei also zur Vorsicht geraten. Der potenzielle Kinogänger kann sich jedenfalls schon mal auf ein buntes Schlachtengetümmel à la „Herr der Ringe“ einstellen.

Gerade bei der erstmaligen Lektüre empfindet man die Figuren (in erster Linie die Spartaner) als geradezu unmenschlich. Scheinbar emotionslos wandeln sie durch die Handlung, mit verhärteten Gesichtszügen, unerschütterlicher Stärke und ohne den Hauch einer Schwäche. Dabei wirft Miller durchaus auch einen kleinen Blick hinter die kampferprobten Krieger Spartas. Ein wenig spartanisches Alltagsleben wird vermittelt, ein Einblick in spartanische Kriegstaktik und Lebensphilosophie vermittelt. Trotzdem tut man sich teils recht schwer, die menschliche Seite der Spartaner zu sehen. Sie leben und kämpfen, als kämen sie von einem anderen Stern.

Alles in allem ist „300“ eine sehr intensive Leseerfahrung. Zeichnungen, die vor Intensität strotzen, und wohlakzentuierte Texte, die es in sich haben. „300“ ist sicherlich ein Comic besonderer Güte, zu dem es wenig Vergleichbares am Markt gibt. Miller hat ein drastisches und intensives Historienepos kreiert, das wie geschaffen für eine [Verfilmung]http://www.powermetal.de/video/review-1048.html ist. Man darf also gespannt sein, was Zack Snyder aus dem Stoff macht. In „300“ steckt in jedem Fall ein großes Potenzial.

Cross Cult:
[www.cross-cult.de]http://www.cross-cult.de

[Offizielle Website zum Film]http://300themovie.warnerbros.com/

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