Minte-König, Bianka – Louisa – Mein Herz so schwer (Die dunkle Chronik der Vanderborgs 3)

_|Die dunkle Chronik der Vanderborgs|:_

Band 1: [„Estelle – Dein Blut so rot“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6693
Band 2: [„Amanda – Deine Seele so wild“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7283
Band 3: _“Louisa – Mein Herz so schwer“_

Mit „Louisa – Mein Herz so schwer“ hat Bianka Minte-König nun den dritten und abschließenden Teil ihrer Chronik um die Familie Vanderborg vorgelegt und ihr einen würdigen (und für manche vielleicht überraschenden) Abschluss verliehen.

Zeitlich macht Minte-König diesmal einen gewaltigen Sprung nach vorn, denn das neue Buch spielt nach der Wiedervereinigung. Louisa, die letzte Nachfahrin der Vanderborgs studiert gerade in Berlin Schauspiel, als ihre Mutter Post von einer Anwaltskanzlei bekommt. Man informiert sie, dass eventuell Ansprüche auf die Rückgabe des Guts Blankensee bestünden. Ob sie Interesse hätte? Louisas Mutter will mit dem Gut nichts zu tun haben und lehnt weitere Schritte kategorisch ab. Louisa selbst – offensichtlich von der Energie der Jugend ergriffen – sieht sich bereits als Gutsbesitzerin und ist ihrerseits von der Idee begeistert. Also nimmt sie Kontakt mit der Kanzlei auf, bis ihr schließlich das Gut zugesprochen wird. Die Tatsache, dass es eigentlich nur noch eine Ruine ist, wird gemildert von dem glücklichen Zufall, dass in ihrer WG auch ein angehender Architekt wohnt, der Blankensee sofort zu seinem Projekt erklärt.

Noch während ihr das Gut überschrieben wird, ereilen sie plötzlich erotische Träume. Ihre Überraschung ist groß, als sie feststellt, dass sich unter dem Gut ein geheimes Gewölbe befindet, unter dem der geheimnisvolle Mann ihrer Träume auf sie wartet. Er stellt sich als Amadeus vor und Louisa soll bald lernen, dass er ein Vampir ist. Er will ihr unbedingt den Blutkuss geben, da er überzeugt ist, sie beide seien füreinander bestimmt. Auch Louisa fühlt sich von Amadeus magisch angezogen, doch gleichzeitig wird auch ihre Beziehung zu dem Architekten Marc immer enger. Für wen soll sie sich also entscheiden?

Und auch alte Feinde und Freunde spielen in „Louisa – Mein Herz so schwer“ natürlich wieder eine Rolle, denn auch Karolus Utz sinnt immer noch darauf, das Geschlecht der Vanderborgs auszulöschen. Das bringt Louisa genau in die Schusslinie und so hat sie einige Abenteuer zu bestehen, bis sie in die Arme ihres Erwählten fallen darf.

Zunächst erscheint der Zeitsprung in die Gegenwart wie eine kalte Dusche, die den Leser recht unvorbereitet trifft. Schließlich hatte man es sich im historischen Setting so gemütlich eingerichtet. Offensichtlich hatte auch die Autorin ihre liebe Not, sich der Gegenwart anzunähern. Zwar bringt sie Zeitbezüge, um ihre Handlung zu verorten (so sieht sich Louisa im Kino „Fluch der Karibik“ an), doch sprachlich fühlt sie sich offenbar in der Vergangenheit wohler. So tauchen von Zeit zu Zeit veraltete Redewendungen oder Wörter auf, die ein zwanzigjähriges Mädchen wohl so nicht gebrauchen würde (z. B. „unschicklich“ oder „delektieren“). Doch ein großer Teil des Charmes der Reihe war ja bisher die verschnörkelte, fast antiquierte Sprache und so kann man diese Ausrutscher der Autorin verzeihen.

Besonders schön gelungen ist Minte-Königs Beschreibung von Gut Blankensee. Zwar bleibt schleierhaft, wie es Louisa mit ihrem BAFÖG schafft, ein Gut zu renovieren (auch eine Muskelhypothek schützt schließlich nicht davor, Baumaterial kaufen zu müssen), doch Louisas ganz altmodische Bindung an die „Scholle“ ist ein wunderbares Thema des Romans. Zunächst sieht sie sich – ganz naiv – als Gutsbesitzerin auf der Freitreppe stehen und Gäste begrüßen, doch je mehr Zeit sie in Blankensee verbringt, desto mehr wächst ihr das Haus tatsächlich ans Herz. Dass sie sich trotz aller Widrigkeiten – und der dunklen Vergangenheit des Guts – für den Besitz entscheidet, ist in einer von Rastlosigkeit geprägten Zeit vielleicht altmodisch, aber darum umso sympathischer. Letztendlich ist das Gut das eigentliche Zentrum der Trilogie, denn es ist die Konstante, die sich durch alle drei Romane zieht. Die Charaktere wechseln und die Zeit vergeht, doch das Gut ist eine steinerne Erinnerung an die Vergangenheit und ein Versprechen an die Zukunft. Louisa hat das begriffen. Ohne Familiengeschichte oder Verwandtschaft aufgewachsen findet sie in Blankensee das, wonach sie ein Leben lang gesucht hat – einen Ort, an den sie gehört.

Überraschend ist wohl, dass Minte-König mit „Louisa“ einen Anti-Vampir-Liebesroman geschrieben hat. Denn auch wenn sich Louisa magisch zu Amadeus hingezogen fühlt, so weiß sie doch, dass seine Liebe eine zerstörerische ist, die keine Zukunft hat. Hat nicht der Blutkuss bisher allen in ihrer Familie nur Unglück gebracht? Gilt nicht das gleiche für die alles verzehrende Liebe, der sich die Vanderborg-Frauen bisher immer unterwarfen und die stets zu ihrem Untergang führten? Louisa entscheidet sich schließlich für die vermeintlich langweiligere Alternative: Sie gibt Amadeus den Laufpass und bindet sich an Marc – den bodenständigen, menschlichen Marc. Diese Beziehung ist vielleicht unspektakulär, aber sie ist zukunftsfähig. Damit hat Louisa begriffen, was tausende Twilight-Mädels noch erkennen müssen: Dass nämlich die überlebensgroße, alles verzehrende Liebe zerstörerisch ist und in eine Sackgasse führt. Es gibt sie auch in „Louisa“ – Amadeus propagiert sie unablässig, indem er Louisa die vermeintliche Schicksalhaftigkeit ihre Liebe vor Augen zu führen versucht. Doch in ihrer Intensität haben Amadeus‘ Gefühle etwas Beängstigendes, da Absolutes. Er akzeptiert kein Nein – nicht einmal von Louisa selbst. Dass Mensch (und Vampir) sich widerstandslos dem Gefühl unterwerfen müssen, ist ein Topos der Dark Romance. Umso erfrischender ist, dass Binka Minte-König sich hier gegen den Mainstream stellt und die normale, menschliche, alltägliche Liebe siegen lässt. Denn diese ist es, die ein Leben lang wärmen kann. Wohingegen Amadeus‘ Liebe alles in ihrem Umkreis verbrennt.

Und damit ist auch der Vampirfluch gebrochen, denn es wird keine weiteren Blut trinkenden Frauen in der Familie geben. Die tragischen Geschichten von Estelle und Amanda werden versöhnt durch Louisa, die sich nach einem Jahrhundert der schicksalhaften Unglücke wieder dem Licht und dem Leben zuwendet. Demnach sei das Buch allen ans Herz gelegt, die meinen, von einem selbstzerstörerischen und überdramatischen Vampir geküsst zu werden, sei das Maß aller Dinge.

|Taschenbuch: 448 Seiten
ISBN-13: 978-3800095476|
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