Moers, Walter – Labyrinth der träumenden Bücher, Das

_Walter Moers‘ „Zamonien“-Romane_ zählen für mich zu den fantasievollsten Romanen, die ich je lesen durfte und besonders „Die Stadt der träumenden Bücher“ habe ich geradezu verschlungen, so fesselnd, aufregend und erfrischend innovativ lasen sich die knapp 500 Seiten, auf denen Moers erstmals vom jungen Schriftsteller Hildegunst von Mythenmetz und seinen Abenteuern in Buchhaim erzählte. In „Das Labyrinth der träumenden Bücher“ spinnt Moers die Geschichte des Lindwurms nun endlich weiter.

200 Jahre sind vergangen, seit Buchhaim, die Metropole der Literatur, von einem verheerenden Feuer größtenteils zerstört wurde. Hildegunst von Mythenmetz, der Zeuge dessen wurde, wie der gefürchtete Schattenkönig den Katakomben der Stadt einst entstieg, um sich, indem er sich selbst anzündete und den Brand so verursachte, an seinem Schöpfer zu rächen, ist inzwischen zum berühmtesten und beliebtesten Schriftsteller Zamoniens avanciert. Vor lauter Beweihräucherung durch seine unzähligen Anhänger und nicht zuletzt sich selbst bemerkt er jedoch nicht, dass die Literatur selbst nur noch Nebensache seines Lebens ist. Eines Tages erreicht ihn jedoch ein Brief, der sein Leben aus der Bahn wirft. Hals über Kopf entschließt er sich, nach Buchhaim, das mittlerweile neu aufgebaut wurde, zurückzukehren und der geheimnisvollen Nachricht auf den Grund zu gehen. Dort angekommen muss er jedoch feststellen, dass von dem charmanten Städtchen Buchhaim, das er einst kannte, nicht viel übrig geblieben ist – stattdessen erblüht die Stadt in neuer Pracht und wartet mir zahllosen neuen Attraktionen und Schauplätzen auf. Hildegunst stürzt sich schnurstracks ins Getümmel, trifft dabei so einige alte Bekannte wieder, wie z. B. seinen Schriftstellerkollegen Ovidios, dem er zuletzt auf dem Friedhof der vergessenen Dichter begegnete und der nun das Orm erlangt hat, die Schreckse Izanuela oder den Eydeeten Hachmed Ben Kibitzer, und stolpert von einer Kuriosität der Stadt, z. B. den Qualmoirs, den Libronauten, den Puppetisten, dem Buchwein oder dem Biblionismus, in die Nächste. Dabei kommt er seinem ursprünglichen Ziel, nämlich den Absender des geheimnisvollen Briefes zu finden, jedoch kaum näher.

_“Das Labyrinth der träumenden Bücher“ ist_, besonders für einen Fan der Bücher Walter Moers‘, vergleichsweise enttäuschend. War „Die Stadt der träumenden Bücher“ meiner Meinung nach ein Meisterwerk der fantasievollen Literatur, das man vor Spannung unmöglich aus den Händen legen konnte, so ist „Das Labyrinth der träumenden Bücher“ eine Art unterhaltsames Reisetagebuch des Hildegunst von Mythenmetz, das den Leser zwar zu faszinieren und bei der Stange zu halten vermag, den sehr hohen Erwartungen, die man nach dem Vorgänger hat, jedoch nicht gerecht wird. Kurzweilig und locker erzählt der Autor über die aufregenden Erlebnisse des schnöseligen Lindwurms im Buchhaim und verwebt, genau wie man es von ihm kennt, eine Menge skurriler, amüsanter Ideen in die Geschichte, doch auch nur annährend so spannend wie sein Vorgänger, wird „Das Labyrinth der träumenden Bücher“ nie. Dies liegt vor allem daran, dass Moers die eigentliche Handlung kaum vorantreibt, sondern sich mit unzähligen Nebensächlichkeiten aufhält, sodass es zeitweise sogar so wirkt, als wollte er bloß so viele Seiten wie möglich füllen – die ziemlich langweilige 100-seitige (!!!) mythenmetzsche Abschweifung zum Thema Puppetismus ist hier wohl das deutlichste Beispiel. Erst in den letzten Kapiteln strafft Moers den Spannungsbogen merklich, ein großes Finale bleibt jedoch auch aus.

Doch der letzte Satz des Buches tröstet den Leser zumindest etwas: Hier fängt die Geschichte an. Im anschließenden Nachwort wird nämlich verraten, dass das Buch „Das Labyrinth der träumenden Bücher“ gesplittet werden musste, ein zweiter Teil, in dem Hildegunst von Mythenmetz dem Geheimnis des Briefes endlich auf den Grund geht, folgt. Warum das Buch geteilt wurde, ist zwar zumindest mir ein Rätsel, denn diesen ersten Teil hätte man problemlos um die Hälfte kürzen und das Buch als Ganzes veröffentlichen können, doch wenigstens bedeutet dies, dass das, was Moers in „Das Labyrinth der träumenden Bücher“ bietet, noch lange nicht alles ist, was wir von Hildegunst von Mythenmetz hören werden.

_Fans werden_, wie schon gesagt, wohl deutlich mehr von Walter Moers erwartet haben, doch alles in allem ist „Das Labyrinth der träumenden Bücher“ dennoch kein schlechtes oder auch nur durchschnittliches Werk. Der Autor hat sich jedenfalls erneut eine ganze Menge für seine Leser einfallen lassen, sodass sich die Lektüre in jedem Falle lohnt. Lesern, die mit Walter Moers bisher noch nicht in Berührung gekommen sind, sei jedoch empfohlen, sich eher einem anderen Werk des Autors zu widmen.

|Gebunden mit Schutzumschlag: 432 Seiten
ISBN 978-3813503937|
[www.randomhouse.de/knaus]http://www.randomhouse.de/knaus

_Katharina Beck_

_Walter Moers bei |Buchwurm.info|:_
[„Die Stadt der träumenden Bücher“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2486
[„Adolf: Der Bonker“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2668
[„Der Schrecksenmeister“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4678
[„Rumeo & Die Wunder im Dunkeln“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4731
[„Der Schrecksenmeister“ (Lesung)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5078

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