Moon, Alan R. – Zug um Zug – USA 1910 Erweiterung

_Das Basisspiel_

„Zug um Zug“ hat sich innerhalb der letzten drei Jahre zu einem der beliebtesten Spiele ganz Europas gemausert und sich als erstes und bislang auch einziges aus der stetig wachsenden Zahl an Eisenbahnspielen auf dem deutschen Markt kommerziell durchsetzen können. Sicherlich begünstigt durch die Auszeichnung zum Spiel des Jahres 2004, wurde das Spielprinzip in den darauf folgenden Jahren stetig ausgebaut und die Reihe mit den Editionen [„Europa“ 3086 und „Märklin“ erweitert. Mittlerweile wird sogar eine Deutsche Meisterschaft im „Zug um Zug“-spielen ausgetragen, die momentan sogar noch im Gange ist.

Dennoch dürften manche Fans des Originalspiels ein wenig unzufrieden sein, denn durch die beiden genannten Weiterentwicklungen, die nicht mit dem zuerst erprobten Erfolgsrezept kombiniert zu spielen sind, werden diejenigen begünstigt, die erst später auf „Zug um Zug“ aufmerksam geworden sind, denn sie haben die Wahl zwischen dem moderneren, modifizierten Spielkonzept der „Märklin“-Edition und den ungefähr inhaltlich gleichen ursprünglichen Varianten. Es sei denn, man ist bereit, ungefähr 50 € zusätzlich zu investieren und sich die gesamte Serie ins Haus zu holen.

_Die Erweiterung_

Bei |Days of Wonder| hat man sich nun allerdings Gedanken gemacht, wie man das ursprüngliche Spielkonzept, sprich die Version mit der USA-Landkarte, dennoch erweitern konnte. Gerade diejenigen, die sich ein wenig darüber aufgeregt haben, dass man mit der ersten Variante nicht die Optimallösung ins Haus geholt hat, werden sich darüber freuen, denn jetzt kann man das Spiel zukünftig doch noch leicht abwandeln – selbst wenn die neuen Möglichkeiten die Spielidee nicht grundsätzlich verändern. Aber, und das darf ich schon einmal vorwegnehmen: Wer das preisgekrönte Original im Schrank stehen hat, kommt an diesem zusätzlichen Spielmaterial nicht vorbei.

_Inhalt_

• 35 neue Zielkarten
• 1 neue Bonuskarte für die meisten erfüllten Zielkarten (Wert: 15 Punkte)
• Großformatige Nachdrucke aller Karten des Originals, bestehend aus 30 Zielkarten, 110 Wagenkarten und 1 Bonuskarte für die längste Strecke
• 4 weitere Zielkarten aus der zur Essener Messe 2004 veröffentlichten, mittlerweile vergriffenen Erweiterung „Mystery Train“

_Die neuen Möglichkeiten_

Durch das zusätzliche bzw. erneuerte Grundmaterial ergeben sich nun verschiedene Möglichkeiten, „Zug um Zug“ zu spielen. Von Relevanz sind hierbei die neuen Zielkarten, durch die nun beinahe jedwede Streckenkombination im nunmehr 69 Karten starken Stapel ermöglicht werden und es, im Gegensatz zum Grundspiel, selbst nach mehreren Runden kaum noch erahnbar ist, welche Ziele bzw. Streckenbauten man selber verfolgt. Und genau jene Karten ermöglichen nun auch drei verschiedene Spielvarianten.

Zum einen ist es nun möglich, ausschließlich mit den neu hinzugekommenen Karten, die übrigens den Zusatz ‚1910‘ tragen, zu spielen. Eine noch interessantere Möglichkeit besteht indes darin, das Mega-Spiel mit dem gesamten Kartenstapel zu spielen, denn dadurch verlagert sich die eigene Strategie noch stärker dahin, intuitiv die Spielzüge des oder der Gegner zu analysieren, und somit überhaupt der Schwerpunkt in Richtung Taktikspiel.

Die letzte hier ermöglichte Version nennt sich ‚Metropolen-Spiel‘ und setzt sich ausschließlich aus den Zielkarten zusammen, die mit den Metropolen Chicago, Dallas, Houston, Los Angeles, Miami, New York und Seattle in Verbindung stehen. Auch diese Karten sind zusätzlich durch eine rote Markierung gekennzeichnet und können somit auch leicht aussortiert werden.

_Eine echte Verbesserung_

Der wichtigste Punkt dieser Erweiterung ist sicherlich die Aufstockung des Kartenkontingents, denn auch wenn es sich hierbei eigentlich nur um einen schlichten Zug (|nomen est omen|) handelt, wird der Spielspaß dadurch ungemein gesteigert. Bei den 30 Basiskarten aus dem Original war es nach etlichen Runden nämlich schon schnell durchschaubar, wer welche Karten auf der Hand hatte, so dass die Lust zum destruktiven Spiel, soll heißen die geplanten Strecken des Gegners vorab zu bauen und ihm somit das Erreichen seiner Ziele zu erschweren, immer mehr gefördert wurde. Nun jedoch ist es kaum noch vorhersehbar, was der Gegner plant, und trotzdem muss man irgendwie versuchen, ihn zu durchschauen, was zunächst nur über einen gezielten Blick auf die von ihm nachgezogenen Waggons möglich sein wird. Und dabei dauert es trotzdem noch eine ganze Weile, bis man die neuen Strecken verinnerlicht hat.

Weiterhin ist die Idee, das gesamte Kartenkontingent zu erneuern, äußerst begrüßenswert, denn bei einem so konsequent bespielten Brettspiel wie „Zug um Zug“ lässt es sich selbst bei so guter Qualität, wie |Days of Wonder| sie beim verlagseigenen Spielmaterial stets garantiert, nicht vermeiden, dass die Karten mit der Zeit abnutzen. Jetzt also einfach noch zusätzlich zur Erweiterung einen ganzen Satz Ersatzkarten (in vergrößertem Format) hinzuzufügen, ist vorbildlich, zumal der Preis für das gesamte Set deswegen dennoch überschaubar bleibt. Ich denke jedenfalls, dass der auf der diesjährigen Essener Spielemesse geforderte Händlerpreis von ca. 10 € bei Menge und Qualität des Spielmaterials absolut in Ordnung geht.

_Fazit_

Was bleibt also anderes zu sagen, als dass „USA 1910“ das Spiel des Jahres 2004 durch die prinzipiell schlichten neuen Möglichkeiten doch erstaunlich weitreichend erweitert. Schade finde ich lediglich, dass Eigenheiten und weiterführende Ideen aus den später veröffentlichten Spielen, zum Beispiel Passagiere, nicht aufgegriffen wurden, doch andererseits kann man natürlich auch argumentieren, dass die drei Varianten somit nicht vereinheitlicht werden können. Nach sicherlich 50 Partien „Zug um Zug“ während der letzten beiden Jahre bin ich enorm froh, dass dem Spiel nun wieder neue Aspekte abverlangt werden können, und das dank so einfacher Neuerungen.

Damit zeigt sich im Endeffekt aber auch das Potenzial dieses jetzt als Klassiker zu bezeichnenden Basisspiels. |Days of Wonder| haben sich auch auf die Maxime ‚mit wenigen Mitteln zum Erfolg‘ verlassen, und Letzterer sollte ihnen mit „USA 1910“ beim fanatischen Spielerkreis der „Zug um Zug“-Besessenen auch erneut beschieden sein.

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