Neuwald, Frédéric – Götterschwert

Thrillerspannung gepaart mit mysteriösen Dingen ist eine gut verkäufliche Rezeptur. Spätestens seit Dan Brown verkaufen sich solche Romane wie geschnitten Brot, weil eine hungrige Dan-Brown-Leserschaft auf der verzweifelten Suche nach passendem Nachschub ist. Und so verwundert es nicht, dass die Verlage immer wieder auf dieses Pferd setzen. Dass dabei nicht immer Gutes herauskommt, beweist der Franzose Frédéric Neuwald mit seinem Debütroman „Götterschwert“.

„Götterschwert“ erzählt die Geschichte eines sagenumwobenen Schwertes. Als der junge, aufstrebende Archäologe Morgan Lafet im Nachlass eines bekannten Wissenschaftlers ein sonderbares Schwert findet, ahnt er noch nicht, welche Kette von Ereignissen er damit lostritt. Wie sich herausstellt, starb der Wissenschaftler keines natürlichen Todes. Jemand hat ein wenig nachgeholfen. Vermutlich die gleichen Personen, die jetzt hinter dem sonderbaren Schwert her sind, das Morgan unter den Bodendielen des Hauses des Wissenschaftlers zusammen mit einem in verschlüsselter Sprache verfassten Tagebuch gefunden hat.

Morgan macht sich daran, das Schwert zu untersuchen, und wie sich herausstellt, scheint es sich um das Schwert von Alexander dem Großen zu handeln. Doch sonderbarerweise besteht das Schwert aus Titan, und dieses war zur damaligen Zeit natürlich noch vollkommen unbekannt. Morgan macht sich zusammen mit seinem jungen Assistenten Hans daran, das Tagebuch zu entschlüsseln. Er beschafft sich dank eines Sponsors Mittel für eine kostspielige Expedition, die das Geheimnis des Schwerts lüften soll. Doch Morgan ist nicht der Einzige, der hinter der Wahrheit herjagt. Es beginnt eine nervenaufreibende und lebensgefährliche Verfolgungsjagd kreuz und quer durch Europa …

Liest man den Handlungsabriss, so klingt das alles eigentlich noch recht vielversprechend. „Götterschwert“ scheint genau die Zutaten vorweisen zu können, die es für einen spannenden und mitreißenden Roman braucht: ein mysteriöses Geheimnis, ein Wissenschaftler auf der Suche nach der Wahrheit, zwielichtige Gestalten, die skrupellos ihre eigenen Ziele verfolgen, und eine temporeiche Verfolgungsjagd mit stetig wechselnden Handlungsorten. So weit, so gut.

Das, was Frédéric Neuwald allerdings aus diesen Zutaten macht, ist nicht gerade das, was man ein schmackhaftes literarisches Menü nennen kann – eher schwer im Magen liegendes „Junk Food“. Der Klappentext verspricht |“Spannung pur“| und stellt Frédéric Neuwald in eine Reihe mit Andreas Eschbach, der mit [„Das Jesus-Video“ 267 seinerzeit eine spannende und mitreißende archäologische Schnitzeljagd zu Papier gebracht hat. Herrn Neuwald allerdings in die Schuhe von Herrn Eschbach zu stecken, halte ich für absolut falsch, denn die sind ihm mehr als nur eine Nummer zu groß und er muss zwangsläufig schon nach wenigen Schritten ins Stolpern geraten.

Schwachstellen offenbart „Götterschwert“ in vielerlei Hinsicht. Allem voran ist es die Romankonstruktion, die auf etwas wackeligen Füßen steht. Nicht jede Handlungswendung erscheint sonderlich logisch, und so gibt es im Romanaufbau mehrfach Stellen, an denen man als Leser die Stirn runzelt und mit einem Kopfschütteln nicht ganz nachvollziehbar erscheinende Entwicklungen der Handlung in Kauf nehmen muss.

Oft ist es das Verhalten der Protagonisten, das einem nicht logisch erscheint. Wieso zum Beispiel Morgan seinen absolut unfähigen Praktikanten Hans in die Geschichte des Schwerts überhaupt einweiht, obwohl er ihn am liebsten auf der Stelle loswerden will, ist nicht ganz klar. Auch, wieso die Bösewichte sich die Mühe machen, einen ganzen Häuserblock in die Luft zu sprengen, nur um einen einzigen, ohnehin an den Rollstuhl gefesselten und hinreichend eingeschüchterten Widersacher zu beseitigen, mag nicht so recht einleuchten.

Unzulänglichkeiten dieser Art hat der Leser mehrfach hinzunehmen. Damit ließe sich ja leben, wenn zumindest die Lektüre an sich so spannend und rasant daher kommen würde, dass man während des Lesens kaum Gelegenheit hätte, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Doch dem ist leider nicht so. Neuwald unternimmt immer wieder den Versuch, seinem Plot zu mehr Spannung zu verhelfen, aber leider vergeblich.

Die Entdeckung des Grabs von Alexander dem Großen kommt einem Spaziergang gleich und der eigentliche Handlungsverlauf ist mehr ein hitziges „Länder-Hopping“ als eine wirklich spannende Schnitzeljagd. Auf gerade einmal 360 Seiten verschlägt es unsere Helden in sage und schreibe sechs verschiedene Mittelmeerländer. Kaum sind sie an dem einen Ort angekommen, geht es auch schon weiter zum nächsten und meist geht es nur darum, in einem Besuch oder einem Gespräch die Fährte wieder aufzunehmen. So verläuft die Handlung zwar immerhin rasant, aber eben auch eher holprig als spannend.

Neuwald arbeitet von Haus aus beim Film, und das merkt man dem Roman sehr deutlich an. Hat er das Gefühl, der Roman tritt auf der Stelle, greift er zu Actioneinlagen, die vermutlich dem Zweck dienen sollen, die Spannung zu erhöhen. Das tun sie aber leider nicht unbedingt. Sie ziehen zwar kurzzeitig das Tempo an, da sie aber für den Handlungsverlauf eher überdimensioniert wirken, passen sie nicht so ganz zum Plot. So wie sich die geheimnisvollen Bösewichte den Weg teilweise freibomben und -brandschatzen, passt das nicht so ganz zu ihrer übrigen Vorgehensweise. Die Action wirkt also eher so, als wäre sie Mittel zum Zweck und sollte dem Roman die Spannung geben, die er ansonsten vermissen lässt.

Auch in der Figurenzeichnung bekleckert Neuwald sich nicht gerade mit Ruhm. Die meisten Figuren der Handlung wirken, als wären sie einem Katalog für Klischeeprotagonisten entnommen. Morgan ist der junge, aufstrebende Archäologe, gut aussehend, muskulös, mutig und von hohen moralischen Werten. Hans, sein Praktikant, tritt als der trottelige Assistent auf. Außer, dass er mittels seiner Computerkenntnisse das verschlüsselte Tagebuch entziffert, ist er eigentlich überflüssig für die Handlung. Und auch Amina, die hübsche ägyptische Archäologin, wirkt oft mehr wie schmückendes Beiwerk, für die kleine Affäre zwischendurch mit Morgan.

Mit Blick auf die Handlung bleiben recht viele Fragen im Raum stehen, denn die Antworten, die Neuwald liefert, sind teilweise ausgesprochen unbefriedigend. Das Rätsel des Schwerts wird kaum richtig gelöst. Den wirklich interessanten Fragen wird nicht mit dem Eifer nachgegangen, den man sich wünschen würde. Insgesamt bleibt die Auflösung mysteriös und das ist dann eigentlich auch der einzige Aspekt, auf den sich die Bezeichnung „Mysterythriller“ auf dem Buchdeckel beziehen ließe. Neuwald ist mit seinem „Mystery-Faktor“ am Ende aus dem Schneider, braucht nichts mehr großartig zu erklären und kann sich in allen ungelösten Fragen darauf berufen. Für den Leser aber ist das eher unbefriedigend.

Wie man sich im Hause |Knaur| dazu hinreißen lassen konnte, diese im Großen und Ganzen eher weniger zufriedenstellende Lektüre auch noch mit dem Etikett „Thriller des Monats“ zu versehen, bleibt übrigens mindestens genauso rätselhaft …

Bleibt als Fazit festzuhalten, dass „Götterschwert“ ein Roman ist, den man nicht zwangsläufig weiterempfehlen muss. Es gibt am Markt genügend Thriller, die bei weitem besser sind. „Götterschwert“ krankt dagegen an vielen Schwächen: wenig Spannung, keine sonderlich mitreißende Handlung, Figuren, die den Leser weitestgehend kalt lassen, und ein Plot, der in vielen Punkten einfach zu sehr mit der Brechstange bzw. dem Titanschwert zurechtgebogen erscheint.