Niles, Steve / Ruth, Greg – Freaks of the Heartland

So weit das Auge reicht, sieht man Farmland. Ab und zu mischen sich ein paar einsame Bäume, Holzzäune und windschiefe Häuser ins Bild. Ein Schuss fällt, vielleicht auch nur die Fehlzündung eines Traktors, und ein Schwarm Krähen fliegt auf und davon in den schmierig-grauen Himmel. Ödnis pur. Wir schreiben die „gute, alte Zeit“, wann auch immer die gewesen sein mag. Vielleicht regiert gerade Präsident Truman, vielleicht auch schon Eisenhower, so genau interessiert das hier niemanden, es ist auch nicht wichtig an einem Ort, an dem die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Ein Stück Ende der Welt, ohne Handys, Faxgeräte oder Farbfernseher. „Freaks of the Heartland“ porträtiert den mittleren Westen der USA in den düstersten Farben.

Die Geschichte ist nicht nur das düstere Porträt eines Landstrichs, sondern auch einer Familie. Autor Steve Niles [(„30 Days of Night“) 4307 bewegt sich bei der Skizzierung der Figuren hart an der Grenze zu Klischees und Stereotypen: Daddy ist ein Trinker, Mommy wird geschlagen, und Sohnemann Trevor zieht den Kopf ein, so gut es geht. Und in der Scheune, versteckt vor dem Licht der Welt, lebt Will. Er ist von Geburt an anders, unnatürlich groß und kräftig, mit einem Wasserkopf – ein Freak. Die Farmer der Gegend, insbesondere sein eigener Vater, halten ihn für ein Monster, eine Ausgeburt der Hölle, und wollen ihn töten. Brüderchen Trevor hat jedoch was dagegen.

„Freaks of the Heartland“ handelt von der Doppelmoral einfacher Leute. Wer am lautesten „Monster!“ schreit, ist häufig selber eines. Die Geschichte wurde schon oft erzählt und ist spätestens seit „Frankenstein“ ein klassisches Horrorthema. Handlung gibt es bei „Freaks of the Heartland“ so wenig, dass man den Plot fast als statisch bezeichnen könnte. Das macht aber nichts, weil dieses Weniger an Handlung einem Mehr an Atmosphäre zugute kommt. Die wird in erster Linie durch die fabelhaften Bilder von Greg Ruth erzeugt: Dunkle Farben, viel Schatten, ein außerordentlich realistischer, leicht verwischter Strich. Die Qualität der Handlung ist nicht überragend, die der Bilder hingegen schon. Weil es wenig Text gibt, liest sich „Freaks of the Heartland“ recht schnell. Seine Wirkung entfaltet der Band dennoch. Es ist wahrhaftig eine Bilder-Geschichte, unterhaltsam und unheimlich, mit nicht mehr Text als unbedingt nötig. Atmosphärischer und gradliniger Horror, von dem man sich mehr wünscht.

|167 Farbseiten, gebunden
ISBN-13: 978-3-936480-89-4|
http://www.cross-cult.de

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