Ostertag, Helge / Ostertag, Anselm – Guru

_Die Welt der Sekten und Gurus_

Im frisch aufgelegten Kartenspiel der beiden Ostertag-Brüder Helge und Anselm tauchen die Spieler in die dubiose Welt geheimnisvoller Sekten ein. Jeder Spieler schlüpft hierzu in die Rolle eines Gurus und versucht, möglichst viele Mitglieder für seine Glaubensgemeinschaft anzuwerben. Mit Hilfe einiger einflussreicher Prediger versammeln sie die Passanten vor ihrer Bühne und versuchen, diese von ihrer Sekte zu überzeugen. Jedoch sind die anderen Gurus auf der Hut, denn schließlich empfinden sie ihre Sekte als die einzig wahre. Also arbeitet man inkognito, versteckt seine Prediger und versucht mit allen Mitteln, sie vor der Entlarvung zu bewahren. Stattdessen entlarvt man lieber die Gurus der Konkurrenz, denn dafür gibt’s satte Prämien – und natürlich bessere Aussichten für den Zuwachs im eigenen Lager.

_Spielmaterial_

• 125 Sektenanhängerkarten
• Jeweils 15 Predigerkarten in deutscher und englischer Sprache
• 80 Geldscheine im Wert von einer Million
• 5 Karten mit Aktionstabellen
• 1 Spielregel

„Guru“ ist ein internationales Spiel, darauf haben Helge und Anselm Ostertag sehr großen Wert gelegt und auch extra Zusatzmaterial zur Verfügung gestellt. Da es sich bei „Guru“ um kein Spiel mit wichtigen Textinhalten handelt, war es den Brüdern auch ein Leichtes, das Spiel für ein breit gefächertes Publikum auch über die Landesgrenzen hinaus zu konzipieren. Die einzige Hürde, die es zu überwinden galt, war das Verfassen einer englischsprachigen Spielanleitung sowie der Erläuterung der einzelnen Begrifflichkeiten auf den Predigerkarten. Gesagt, getan. Die Spielanleitung ist in zwei Sprachen verfasst und dennoch sehr ausführlich ausgearbeitet, und für den internationalen Markt hat man sogar noch einmal ein Zusatzpaket mit 15 weiteren Predigerkarten beigefügt, so dass die Tugenden, Farben, und Völkernamen für jedermann verständlich sind. Sehr gut gelöst.

Des Weiteren ist das Kartenmaterial ziemlich witzig animiert und trägt sehr schön zur Spielatmosphäre bei. Der einzige Nachteil besteht darin, dass sich die Spielfarben und Symbole, anhand derer man die Karten unterscheiden soll, teilweise sehr ähneln und die Farben nicht ganz so klug gewählt wurden. Gerade bei den etwas kleiner dargestellten Details wie den farblich markierten Kartenrändern muss man oft zwei- oder dreimal nachschauen, bis man sich nun sicher ist, um welche Farbe es sich handelt. Gerade zu Beginn, wo man noch nicht so recht mit dem Spiel vertraut ist, stellt sich dies als Hindernis heraus und hemmt den Spielfluss ein wenig. Zu späterer Stunde, also mit ein wenig Erfahrung hat man aber Gott sei Dank den Dreh heraus und kann dieses kleine Manko selber aushebeln.

_Spielziel_

Das Ziel des Spiels ist im Grunde genommen recht einfach definiert: Es geht darum, so viele Passanten wie nur eben möglich für seine Sekte zu gewinnen und dabei darauf zu achten, dass die eigenen Prediger nicht entlarvt werden. Am Ende des Spiels wird nämlich Geld für die erfolgreich angeworbenen, neuen Mitglieder ausgezahlt, doch erhält man dies nur, wenn auch noch der entsprechende Prediger im Spiel ist. Der Spieler, der letztendlich das meiste Geld eingestrichen hat, hat das Spiel gewonnen.

_Die 15 Prediger_

Zu Beginn eines Spiels werden jedem Spieler drei Prediger ausgehändigt, die er verdeckt vor sich ablegt. Weil das Spiel insgesamt für maximal fünf Spieler geeignet ist, sind genau 15 Prediger im Spiel, die sich in drei untergeordnete Kategorien aufteilen. So unterscheidet man einmal die Farbe der Erleuchtung, vertreten durch Prediger wie Günther Grün, Oronsho (orange), Panthero (schwarz), Rosiella (rosa) und Violetta v. Fliederbach (lila), dann das auserwählte Volk mit Mitgliedern wie ‚Big Mama‘ von den Meloniern, ‚Eduard Egghead‘ von den Konesen, ‚Gerd Geimer‘ von den Geimen, ‚Knut Klitschko‘ von den Kanten und ‚O’ Rangutan‘ von den Schimapniern, und zu guter Letzt die Vertreter der höchsten Tugenden, nämlich ‚Centology Tom‘ (Geld), ‚Horst Hurtig‘ (Hast), ‚Manga Armab Yogi‘ (Askese), ‚Rastaman‘ (Relaxen) und ‚Smai Li‘ (Lachen).

_Die Sektenanhänger_

Jeder Sektenanhänger ist ebenfalls gekennzeichnet durch eine Farbe, ein Merkmal der auserwählten Völker sowie eine Tugend. Diese Kennzeichen sind auf den einzelnen Karten noch einmal konkreter abgebildet und durch Hintergrund, Gesichtsfarbe und Körperhaltung symbolisiert. Genauer gesagt handelt es sich hierbei also um jeweils ein Merkmal jeder Predigerkategorie.

_Spielvorbereitung_

Vor jedem Spiel werden die Karten der 15 Prediger und der 125 Sektenanhänger unabhängig voneinander durchgemischt. Die Sektenanhänger werden in vier gleich große offene Nachziehstapel gegliedert und in die Mitte des Tisches gelegt. Die Prediger werden unter den Spielern aufgeteilt; jeder erhält genau drei Predigerkarten, prägt sich ihr Merkmal ein und legt sie verdeckt vor sich ab. Die übrigen Prediger werden in dieser Partie nicht mehr gebraucht. Als Letztes bekommt jeder Spieler noch ein Vermögen von 12 Millionen der hiesigen Währung ausgehändigt.

_Spielablauf – worum es geht, worauf es ankommt_

Ein Spielzug setzt sich aus insgesamt drei verschiedenen Aktionen zusammen, deren Ablauf, Reihenfolge und Vorkommen man aus insgesamt sechs verschiedenen beliebig wählen darf. Es ist also theoretisch möglich (abgesehen von der Aktion ‚Entlarven‘), jeden Spielzug gleich dreimal durchzuführen. Ziel eines Zuges sollte es dabei sein, Passanten aufzuspüren, die in irgendeiner Weise mit den eigenen Predigern in Verbindung stehen, sei es nun aufgrund von Tugend, Farbe oder Völkerzugehörigkeit. Sobald auch nur eine der drei Gegebenheiten zwischen Passant und einem der drei Prediger übereinstimmt, kann man diese Figur in einem späteren Spielzug in seine Sekte aufnehmen und möglicherweise dafür am Ende des Spiels mächtig abkassieren. Allerdings muss man auch ständig auf der Hut sein und auch schon mal bluffen, denn man steht in „Guru“ unter der ständigen Beobachtung seiner Mitspieler, die natürlich nicht erraten dürfen, welche Prediger man steuert.

In einem Spielzug stehen dem Spieler folgende sechs Möglichkeiten zur Verfügung:

|1.) den Passanten predigen|

Man kann in dieser Phase einen der offen ausliegenden Sektenanhänger (Passanten) aufnehmen und vor sich auslegen (vor die sogenannte Bühne). Es gibt dabei keine Begrenzung, wie viele Sektenanhänger in der eigenen Auslage liegen dürfen. Da man sie in einem späteren Spielzug jedoch nur dann für seine Sekte bekehren kann, wenn alle Passanten vor der Bühne eine Übereinstimmung mit einem der Prediger haben, sollte die Zahl der Interessenten nicht zu groß werden.

|2.) kritische Zuhörer verscheuchen|

In dieser Aktion ist es möglich, einen überflüssigen Sektenanhänger vor der Bühne zu entfernen und ihn auf den Skeptikerstapel (Ablage) zu legen. Empfehlenswert ist in diesem Zug auch manchmal, eine eigentlich benötigte Karte auszuspielen, denn so kann man seine Mitspieler täuschen und ihnen das Entlarven der eigenen Sektenmitglieder erschweren.

|3.) Zuhörer abwerben|

Glaubt man, dass ein Zuhörer vor der Bühne eines anderen Gurus besser dem eigenen Prediger lauschen sollte, kann man einen beliebigen Zuhörer der eigenen Auslage mit einem Zuhörer eines anderen Gurus tauschen.

|4.) Zuhörer bekehren|

Sobald alle Zuhörer vor der eigenen Bühne mindestens eine Eigenschaft mit den verdeckten Predigern gemeinsam haben, können sie bekehrt und ebenfalls verdeckt ins eigene Sektenzentrum gelegt werden. Allerdings kostet dieser Schritt jedes Mal wieder eine Million, weshalb man nicht für jede Übereinstimmung bekehren sollte. Der Unkostenbetrag wird zur eigenen Prämie vor die Bühne gelegt; dies ist nicht der Stapel mit dem Vermögen, von dem diese Unkosten bezahlt werden.

|5.) Anklage|

In diesem Schritt darf man einen anderen Guru beschuldigen, einen der rätselhaften Prediger eingestellt zu haben. Nun gilt es nachzuweisen, ob der vorab bestimmte Prediger auch tatsächlich aktiv für den angeklagten Guru arbeitet. Der Spieler, der den Verdacht äußert, nennt den Namen des gesuchten Predigers und fragt den Guru, ob dies der Wahrheit entspricht. Sollte sich der Verdacht bestätigen, wird der Prediger offen abgelegt und ist nicht mehr aktiv. Ebenfalls wird er auch für die Schlusswertung nicht mehr in Betracht gezogen. Weiterhin kassiert der Kläger die gesamte Prämie des verurteilten Gurus.

Bei einem falschen Verdacht muss der andere Spieler indes jeweils eine Million zum Vermögen und zur Prämie des Beschuldigten beisteuern und ihn so wieder besänftigen. Weil ihm dies aber als Entschuldigung noch nicht ausreicht, müssen auch noch drei der ausliegenden Sektenmitglieder dran glauben und werden abgeworfen. Deswegen ist es auch erforderlich, dass man vor einer Anklage mindestens zwei Millionen Gesamtvermögen besitzt. Zudem muss man noch wenigstens drei Leute vor der Bühne auszuliegen haben.

|6.) Untertauchen|

Hat man selber den Verdacht, dass die Mitspieler kurz davor sind, einen der eigenen Prediger zu entlarven, besteht die Möglichkeit, mit ihm für den Rest des Spiels unterzutauchen und somit zumindest die bisher bekehrten Sektenmitglieder in der Endabrechnung zu berücksichtigen. Für einen Unkostenbeitrag von zwei Millionen, der in die eigene Prämie gezahlt wird, kann man nun einen Prediger verdeckt ins Sektenzentrum ablegen. Die bis dato bekehrten Sektenmitglieder hat man somit sicher!

_Spielende und Wertung_

Das Spiel ist sofort zu Ende, wenn noch genauso viele aktive Prediger im Spiel sind wie die Anzahl der Spieler beträgt. Bei fünf Spielern ist also genau dann Schluss, wenn noch fünf Prediger um die Gunst der Passanten buhlen. Dabei ist es egal, wie diese Prediger aufgeteilt sind. Es ist durchaus möglich, dass ein Spieler noch alle drei Prediger besitzt.

Bei der folgenden Schlusswertung nimmt man nun Karte für Karte aus dem Sektenzentrum und wertet all diejenigen Sektenanhänger, die noch mit den aktiven Predigern Übereinstimmungen vorweisen. Prediger, die aus dem Spiel genommen wurden, werden nicht mehr zum Vergleich herangezogen; die Bedeutung der zugehörigen Karten mit Sektenanhängern verfällt. Für jede treffende Übereinstimmung erhält man zum Schluss zwei Millionen zum eigenen Vermögen; untergetauchte Prediger werden erst dann mit einbezogen, wenn sie vom Sektenzentrumsstapel aufgedeckt werden. Der Spieler, der am Ende über das größte Vermögen (Prämien zählen hier nicht mit) verfügt, hat das Spiel gewonnen.

_Meine Meinung_

„Guru“ ist ein Deduktionsspiel mit hohem Unterhaltungswert, einem sehr dynamischen Spielaufbau und leicht verständlichen Regeln. Eigentlich ja schon fast der Idealfall für ein Kartenspiel eines vergleichsweise kleineren Verlags. Allerdings bringt die Messeneuheit aus dem |Pfifficus|-Verlag ein winziges Hindernis mit sich, und das ist die etwas undeutliche Zusammenstellung des Spielmaterials. Es hätte eigentlich schon gereicht, wenn die Farbgestaltung der einzelnen Völker und Personen etwas deutlicher voneinander abgewichen wäre, dann wäre gar nicht diese Verwirrung entstanden, die besonders die erste Partie zu einer stockenden Angelegenheit geraten lässt. Es gilt erst einmal, sich umfassend mit dem Kartenmaterial vertraut zu machen, dabei ist dieses ja im Grunde genommen auch recht simpel aufgebaut. Das Problem besteht lediglich darin, dass einzelne Details mit den sehr ähnlichen Farben verschwimmen und man so schon mal auf den Holzweg gerät, weil man einer optischen Täuschung unterliegt.

Hat man diese Hürde umschifft, entwickelt sich das Spiel zu einem kommunikativen, sehr abwechslungsreichen Spielvergnügen. Dabei ist keine der einzelnen Handlungsmöglichkeiten zu unterschätzen, selbst nicht die Aktion, die erst einmal nicht so sinnig scheint, nämlich unnütze Karten zu ziehen, um die Kontrahenten auf eine falsche Fährte zu locken, nur um sie später wieder abzuwerfen oder gegen wertvollere, stimmige Karten einzutauschen. Besonders empfehlenswert ist das Spiel bei maximaler Spielerzahl. Binnen kürzester Zeit entsteht in dieser Variante eine ziemlich rasante Partie, in welcher der Faktor Taktik sogar noch stärker zur Geltung kommt. Schließlich gilt es immer abzuwägen, ob man lieber die eigene Sekte verstärkt oder doch lieber die anderen Gurus ärgert, sie täuscht, verwirrt und mit ihnen ein Katz- und Maus-Spiel betreibt, dem sie nach einiger Zeit kaum noch folgen können – was jedoch ein ziemlich positiver Aspekt ist, weil er noch einmal ganz deutlich offenbart, dass man bei geschicktem Spiel stets undurchschaubar bleibt und im Gegenzug mit einer guten bis brillanten Auffassungsgabe die besten Voraussetzungen hat, um den oder die Gegner bzw. ihre Prediger zu entlarven, was wiederum gerade bei mehreren Spielern sehr schwierig ist. Sich nämlich zu merken, wer was wann abwirft, und gleichzeitig zu durchschauen, ob es sich um einen gemeinen Bluff handelt, ist wirklich nur Profis vorbehalten, wobei der Ehrgeiz, sich zu einem solchen zu entwickeln, einfach nicht abreißen will.

Die äußeren Defizite können letztendlich also ganz klar von der Spielidee und ihrer Umsetzung verdrängt werden, so dass am Ende ausschließlich positive Eindrücke zurückbleiben. Fassen wir es also kurz: „Guru“ ist ein tolles, teils auch ziemlich witzig illustriertes Strategiekartenspiel, das einen nach mehreren Eingewöhnungsrunden ähnlich wie die Hauptdarsteller des Spiels, die Sektengurus, in seinen Bann zieht.

http://www.pfifficus-spiele.de/

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