Arto Paasilinna – Adams Pech, die Welt zu retten

Energiekrise, hinfort mit dir

Die Energiekrise ist in aller Munde, die Umweltverschmutzung und Klimaerwärmung spätestens seit den IPCC-Berichten ebenfalls, und genau dies will sich der Erfinder Aatami Rymättylä zunutze machen. Für ihn herrscht Saure-Gurken-Zeit. Seine Akku-AG läuft schlecht, die Aufträge und Reparaturen bleiben aus, da wirtschaftliche Flaute herrscht und niemand ihn beschäftigen will. Der Gerichtsvollzieher ist daher ein guter Bekannter Rymättyläs, aber vor allem seine Exfrauen und -freundinnen stehen permanent auf der Matte, da Aatami Rymättylä die Alimente für seine inzwischen sieben Kinder nicht zahlen kann. Doch eines Tages schafft er den Durchbruch, er erfindet einen leichten Akku auf organischer Basis, der viel leichter und handlicher ist als die herkömmlichen Bleiakkus, aber vor allem speichert sein neuer Akku viel mehr Energie. So trifft es Rymättylä nicht allzu schwer, als bei einer Explosion seine gesamte Werkstatt abbrennt und er selbst wegen vermeintlichen Versicherungsbetrugs im Gefängnis landet. Er hätte ohnehin nicht gewusst, wo er hätte unterkommen sollen, außerdem hat er im Gefängnis genügend Zeit, um seine Berechnungen für den neuen Akku zu verfeinern und zu überdenken.

Als Pflichtverteidigerin wird ihm die Assessorin Eeva Kontupohja an die Seite gestellt. Eeva hat ihre eigene Kanzlei und auch eine Vorliebe für Alkohol, doch gelingt es ihr, Aatami aus dem Gefängnis herauszuholen. Daraufhin kommt Aatami übergangsweise bei seinem Gerichtsvollzieher unter, da er der einzige Bekannte ist, den Aatami hat. Als Aatami Eeva allerdings von seiner revolutionären Erfindung berichtet, wittert sie Morgenluft. Sie zieht Erkundigungen ein, stiehlt einen der neuen Akkus, testet ihn in Aatamis abgefacktelter Werkhalle aus und stellt fest, dass Aatami mit dieser Erfindung der reichste Mann der Welt werden könnte. Kurzerhand bringt sie ihre Wohnung auf Vordermann, lässt eine Putzkolonne durch das vormalige Chaos gehen, tauscht die Möbel aus und bietet Aatami eine Unterkunft in ihrer geräumigen und nun völlig restaurierten Wohnung an – natürlich nicht ohne Hintergedanken, denn Eeva riecht das ganz große Geld.

So gründen die beiden gemeinsam eine neue Akku-Firma, stellen einen Assistenten ein, der Aatami bei den Tests an seinem neuen Akku unter die Arme greift, und planen Schritt für Schritt die Großproduktion. Eeva kämpft sich durch die Patentrechte aller wichtigen Länder und meldet Aatami und sie selbst kurzerhand zu einem großen Akku-Kongress in Neuseeland an. Während Eeva sich ins Koma säuft, knüpft Aatami Kontakte und bereitet seinen Vortrag über den neuen Akku vor. Dieser stößt auf riesiges Interesse, nicht nur bei den weltweiten Akku-Herstellern, sondern vor allem bei den Vertretern der OPEC-Länder, die ihre Felle davonschwimmen sehen, denn sollten tatsächlich alle Autos elektrisch betrieben werden und mit Aatamis Akku fahren, so würde die Nachfrage nach Öl drastisch sinken. Das muss natürlich verhindert werden. Während die europäischen Vertreter zunächst Bedenken haben, beschließen die OPEC-Vertreter letzten Endes doch, einen sizilianischen Profikiller auf Aatami Rymättylä anzusetzen, damit der neue Akku erst gar nicht auf den Weltmarkt gelangt. Und so betritt Luigi Rapaleore das Tapet und versucht nun, seinen Auftrag zu erfüllen und Aatami zu elimieren. Doch dies erweist sich als nicht ganz einfach …

Killer auf Abwegen

Zunächst beginnt „Adams Pech, die Welt zu retten“ recht alltäglich. Zwar geht es mit Aatami Rymättylä steil bergab, doch erst als er auf der Akku-Konferenz die Aufmerksamkeit der OPEC-Länder auf sich und seine Erfindung lenkt, nimmt das Buch richtig Fahrt auf. Glücklicherweise ist der sizilianische Profikiller bereits in Finnland eingetroffen, sodass er sogleich mit seinen Planungen beginnen kann, die zum Tode Aatamis führen sollen. Doch hat er die Rechnung ohne Aatami gemacht. Während eine japanische Delegation in Finnland zu Besuch ist, um Verhandlungen wegen des Kaufs der Akku-Patente zu führen, nähert Rapaleore sich still und heimlich seinem Opfer. Als Eeva und Aatami ihren japanischen Besuch mit nach Lappland nehmen, um ihnen mehr von Finnland zu zeigen, ist Rapaleore ihnen dicht auf den Fersen. Doch hat er die Rechnung ohne die arktischen Temperaturen gemacht, denen er in Lappland ausgesetzt ist. So muss er sich zunächst vom einen oder anderen Körperteil verabschieden, bevor er Aatami erneut angreifen kann.

Doch Rapaleore lässt sich nicht abschütteln, unermüdlich verfolgt er Aatami Rymättylä und wartet auf seine Chance. Als Rymättylä nach Sibirien reist (natürlich aus rein geschäftlichen Gründen), ist Rapaleores nächste Chance gekommen, doch immer endet er selbst als das Opfer seiner eigenen Anschläge, doch wirklich immer …?

An vielen Fronten entwickelt Arto Paasilinna seine Geschichte. Er stellt uns nicht nur Eeva und Aatami vor, die die weltweite Akkuproduktion revolutionieren wollen, auch bei den streng geheimen Planungen der OPEC-Vertreter sind wir dabei und erfahren gleich, dass ein Killer auf Aatami angesetzt werden soll. Und schlussendlich begleiten wir Rapaleore bei seiner Höllenfahrt, die ihn schwer zeichnen wird, ihn aber niemals zum Aufgeben bringt.

Skurrile Figuren

Arto Paasilinna zeichnet mit viel Liebe seine Figuren, allen voran Aatami Rymättylä, dessen Leben zunächst eine lange Talfahrt durchmacht. Alles läuft schief, der Gerichtsvollzieher ist sein häufigster Gast und bester Bekannter, seine Exfrauen und Exfreundinnen liegen im Clinch mit dem armen Aatami, da dieser nicht die Alimente für die zahlreichen Kinder zahlen kann. Auch ist sein Interesse an den Kindern eher gering, wollte er doch eigentlich nur den Spaß mit der jeweiligen Mutter haben. Familie hat er somit keine, zumindest keine, die er sehen möchte und die auch Interesse an ihm hätte. Schlecht für ihn, als dann auch noch seine Werkstatt abbrennt, in der er sich einen kleinen Wohnbereich eingerichtet hatte, da natürlich kein Geld für eine eigene Wohnung vorhanden war. Aber da hilft ihm dann das schnelle Eingreifen der Polizei, die ihn schnurstracks hinter Gitter bringt. Hört sich übel an und man trauert mit Aatami mit, der am Boden zu liegen scheint und der offenbar alles verloren hat. Doch Aatami lässt sich nicht unterkriegen, ganz im Gegenteil. Er sieht es als Wink des Schicksals und konzentriert sich ganz auf seine revolutionäre Erfindung.

Die Zeichnung Aatami Rymättyläs gelingt hervorragend; er handelt zwar so ganz anders, als man es aus dem täglichen Leben erwarten würde, aber genau das macht seine Liebenswürdigkeit ja aus. Er scheint uns durch und durch sympathisch, auch wenn man es schon befremdlich finden mag, dass er sieben Kinder in die Welt setzt und dann komplett das Interesse an ihnen verliert.

Auch Eeva Kontupohja, deren bester Freund die Flasche Schnaps ist und die aufgrund ihrer Geldgier doch eigentlich unsympathisch wirken müsste, rührt einen zu Tränen mit ihren merkwürdigen Aktionen. Vor allem sammelt sie Pluspunkte, da sie Aatami Rymättylä dabei behilflich ist, seinen großen Traum wahr werden zu lassen. Zwar hat sie dabei rein egoistische Motive, aber da Aatami mit seinen Akkus hunderte von Millionen Mark einnehmen wird, macht es auch wiederum nicht viel, dass Eeva sich in halb Europa Eigentumswohnungen zulegt.

Zuletzt gefällt auch die Figur des Luigi Rapaleore hervorragend, da er sich keinesfalls wie ein professioneller Killer bewegt, sondern eher wie ein Elefant im Porzellanladen. Im Grunde genommen geht alles schief, was er anpackt. Doch niemals verzweifelt Rapaleore, was allerdings auch ein wenig daran liegt, dass er sich seine Niederlagen nicht immer eingesteht. Seine Wut auf Aatami wächst und wächst, er wird immer entschlossener, seinen Feind dingfest zu machen, aber dabei muss er viel Geduld zeigen.

Liebenswürdig und schräg

Was Arto Paasilinnas Bücher stets ausmacht, sind die Ironie, die jeden Satz umgibt, der schwarze Humor, der einen Tränen lachen lässt, und natürlich die skurrilen Figuren, die einfach zu tragikomisch sind. Auch hier stellt Paasilinna unter Beweis, dass er großartig schreiben kann. Er bedient sich praktisch aller Klischees, die Juristin ist geldgeil, der siebenfache Vater zahlt keine Alimente, die Ölmagnaten denken nur an ihren eigenen Profit, die Japaner wollen alles aufkaufen, was ihnen unter die Finger kommt, und in Lappland geht ein Schamane um, der die Japaner mit seiner Trance tief beeindrucken kann. Paasilinnas Schreibstil ist göttlich komisch, da er immer die winzigen Details in den Mittelpunkt stellt und damit immer wieder für Situationskomik sorgt.

Als beispielsweise Aatamis Werkstatt abfackelt, ist dessen Schicksal schnell abgehandelt, da er nicht mit ihm hadert, sondern gleich neue Pläne fasst; schlechter trifft es die Ratten, die sich zuvor bei Rymättylä heimisch gefühlt hatten:

„Die fetten Ratten, die nach dem Brand in ihre angestammten Löcher unter dem Akkulager zurückgekehrt waren, hatten nun endgültig die Nase voll und traten geschlossen und verbittert ihre letzte Flucht aus Rymättyläs Akkuwerkstatt an. Ohne jegliches Gefühl von Wehmut überquerten sie die Straße und verschwanden in den einladenden Gängen des Schrottlagers.“

Die Ratten, die sich ohne Wehmut eine neue Bleibe suchen, tun es ihrem alten Hausherrn nach. Doch wäre es für Paasilinna natürlich zu alltäglich gewesen, dies anhand von Aatami zu verdeutlichen. Viel skurriler und netter klingt es dagegen, das Schicksal der Ratten so sehr in den Vordergrund zu stellen. Diese kleinen Anekdoten, die andere Autoren niemals bemerken würden, die kleinen Details, die andere für nicht erwähnenswert erachten würden, machen das vorliegende Buch zu einem wahren Kleinod. Jeder Satz verleitet zu einem herzhaften Lachen, eine Situation ist komischer als die andere und auch die Figuren sind so herrlich überzogen dargestellt, dass man sich am liebsten nie von ihnen verabschieden möchte.

Nicht nur Adam hat Pech

Auch wir haben Pech, denn nach nur 236 Seiten heißt es für uns Abschied nehmen, da wir Aatami Rymättylä und seine geschäftstüchtige Freundin Eeva wieder verlassen müssen. Es fällt schwer, nach dieser kurzweiligen und netten Geschichte das Buch wieder an die Seite zu legen, aber vielleicht ist auch das gerade Arto Paasilinnas große Kunst, dass er zwar jedem Detail Gehör schenkt, dass er aber auch weiß, wann er genug geschrieben hat und seine Geschichte ausgelutscht ist. So gibt es keine Durststrecke in diesem Buch, keine Stelle, an der man das Buch zur Seite legen würde, sondern man fiebert nach immer mehr und wird zwangsläufig zum nächsten Buch greifen, sobald Paasilinna etwas Neues auf den Markt gebracht hat.

Gebundene Ausgabe: 240 Seiten
Originaltitel: Ataami ja Eeva
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