Pratchett, Terry – Pyramiden

„Pyramiden“ ist das zweite Hörspiel zu Terry Pratchett’s heißgeliebter Scheibenwelt und für Freunde eben jener eigentlich unverzichtbar, denn wenn man einmal in der seltsamen Umgebung des Fun-tasy-Schreibers Pratchett gefangen ist, kann man dieser herrlichen Hypnose kaum noch entfliehen und wird geradezu süchtig nach all dem, was sich dort abspielt. Leider wird das aktuelle Hörspiel diesem sehr hohen Qualitätsstandard nicht gerecht, denn obwohl „Pyramiden“ trotz einiger Mängel eigentlich eine ganz anständige, vom Rest der Scheibenwelt losgelöste Geschichte ist, ist die Umsetzung in diesem Falls äußerst bescheiden.

_Story_

Der Pharaohssohn Teppic wird eines Tages nach Ankh-Morpok geschickt, um dort die Ausbildung zum Assassinen zu bestreiten. Jedoch ist sein Ausflug zur dort ansässigen Meuchler-Gilde kein problemfreies Unterfangen. Just an jenem Tag, an dem Teppic seine Lehre endlich beendet hat und sich für seine Bestimmung bereit zeigt, kommt sein Vater Teppicymon XXVII. ums Leben und hinterlässt Teppic sein gesamtes Erbe. Doch als neuer Pharaoh von Djelibeby hat der junge Neu-Assassine nicht die Freiheiten, die er sich in seiner plötzlichen Herausforderung erhofft hatte. Das Leben als Pharaoh ist eben kein Zuckerschlecken, besonders wenn man im eigenen Land überhaupt nichts zu sagen hat. Der Hohepriester Dios ist es nämlich, der Teppic alle Entscheidungen abnimmt und jeglichen Befehl ins Gegenteil verkehrt. So baut er unter anderem eine recht merkwürdige Pyramide, die sein Vater in dieser Form gar nicht akzeptiert hätte. Als der junge Pharaoh sich dann irgendwann doch noch dazu aufraffen kann, die Dinge selber in die Hand zu nehmen, ist es bereits zu spät. Der Pyramidenbau hat das Land nämlich gänzlich aus dem bestehenden Weltengefüge hinausgerissen und die verfeindeten Reiche in der Umgebung von Djelibeby sehr nahe aneinander herangeführt. So entsteht in der gesamten Region ein Chaos, das selbst die alten Götter zu neuem Leben erweckt …

_Meine Meinung_

Über die Story, die Terry Pratchett hier mal wieder mit viel Wortwitz vorangetrieben hat, braucht man eigentlich nicht viele Worte verlieren. Es ist schlichtweg grandios, was der britische Autor aus einigen albern anmutenden ideen, höherer Mathematik und unkonventionellen Formulierungen zusammenstellt, und da bildet auch „Pyramiden“ keine Ausnahme. Lediglich die Entwicklungen, die zum Pyramidenbau in Djelibeby hinführen, sind ein wenig kurios und in ihrer Erscheinung auch nicht immer direkt nachvollziehbar. Dies mag zwar für Pratchett nichts Ungewöhnliches sein, fällt aber aufgrund manch verwirrender Ereignisse in diesem Falle irgendwie negativ auf.

Ansonsten entwickelt sich die Geschichte im Reiche des unverkennbaren Pendants zum irdischen Ägypten wirklich prima fort und steigert sich über die bekannten irrwitzigen gedanklichen Wendungen in ein fulminantes Finale hinein, welches man aber wahrscheinlich nur dann genießen kann, wenn man den hier besonders abgefahrenen Humor des Autors teilt. Aber das setze ich bei diesem Herren einfach mal voraus.

Was mich allerdings an der Hörspielfassung ziemlich stört, ist die teils lustlose Darbietung der beteiligten Sprecher. Ich war anfangs wirklich begeistert, dass es sich bei „Pyramiden“ tatsächlich um ein Hörspiel und eben keine Lesung handelt, war aber nach einiger Anlaufzeit recht enttäuscht, wie dröge die Sprecher ihre Auftritte herunterrasseln. Man findet irgendwie überhaupt keinen passenden Einstieg, da man statt lebendigem Schauspiel auf trockene Berichterstattung setzt und so weder in den Spannungsbogen der Originalvorgabe einzusteigen vermag, noch den Pratchett-üblichen Humor adäquat herüberbringen kann. Beispiel gefällig: Nehmen wir direkt mal die erste Szene, in der Teppic seine Kleidung Stück für Stück aufstockt. Es ist eigentlich witzig, die mit vielen Details gespickte Umschreibung langsam zu verfolgen; da aber jegliche Emotionen – und Wortwitz verlangt einfach nach solchen – ausgespart bleiben, bleibt eine jede Pointe bereits im Ansatz stecken und wird bereits vor ihrem Auftauchen im Keim erstickt.

Zumindest gelingt es den Sprechern dann noch, die Handlung recht authentisch und dem Skript entsprechend vorzutragen, so dass zumindest der Inhalt konsequent geschildert und verständlich erzählt wird. Probleme beim Verständnis des Plots ergeben sich somit nicht, wenngleich die mathematischen Abhandlungen, die Pratchett in seinen irren Kosmos einfügt, gewöhnungsbedürftig und selbst dann nicht jedermanns Sache sein werden. Aber schlussendlich ist dies für ein Hörspiel, das von seiner lebhaften Performance leben soll und davon selbst bei einer Spielzeit von mehr als 300 Minuten nichts einbüßen darf, nicht ausreichend genug, um die anfangs aufgestellte Behauptung, dass es sich bei Produkten rund um die Welt dieses Autors um unverzichtbare Dokumente handelt, berechtigt zu unterstreichen. Pratchett-Fans – und nur solche – sollten sich jetzt nicht abschrecken lassen und sind gerne eingeladen, sich auch mal mit der Audio-Fassung des immerhin schon 17 Jahre alten Romans zu beschäftigen. Neueinsteigern kann ich zum Eintauchen in die Scheibenwelt indes nur die Romane (vor allem die etwas jüngeren) empfehlen, denn hierin steckt meines Erachtens einiges mehr an Potenzial.

http://www.luebbe-audio.de
http://www.bookonear.com/

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