Rauchhaus, Susanne – Messertänzerin, Die

_Divya ist eine Dienerin_ und gehört damit zur untersten Kaste in der Stadt Pandrea. Die Leiterin der Höheren Töchterschule ist ihre Herrin und zeigt Divya deutlich, wo ihr Platz ist. Divya aber ist nicht bereit, sich damit abzufinden. Heimlich belauscht sie den Unterricht der anderen Mädchen und lernt so, was sie lernen. Sie bringt sogar einen jungen Offizier der Wache dazu, ihr Unterricht im Nahkampf zu erteilen, weil sein Können sie fasziniert. Damit zieht sie jedoch unerwünschte Aufmerksamkeit auf sich, und ehe sie sichs versieht, ist sie in politische Ränke erster Güte verwickelt …

_Klingt eigentlich_ recht vielversprechend. Leider hat das Buch nicht gehalten, was es versprach.

Divya ist nicht unsympathisch. Ihr hervorstechendster Charakterzug ist, dass sie alles hinterfragt, nichts für selbstverständlich nimmt. Und sie vertraut auf ihre eigenen Erfahrungen, die oft genug dem widersprechen, was man sie glauben machen will.

Ganz im Gegensatz zu Tajan, dem Jungen, der ihr das Kämpfen beibringt. Er hat vorbehaltlos alles akzeptiert, was er im Laufe seines Lebens gelernt hat. Der Bursche, der im Klappentext als düster beschrieben wird, ist eigentlich nicht mehr als ein naiver, gutgläubiger junger Spund.

Jolissa wiederum hat nicht vor, sich an sämtliche Regeln zu halten, die für junge Mädchen höheren Standes gelten. Im Gegensatz zu Divya stellt sie die Gültigkeit dieser Regeln aber nicht grundsätzlich in Frage, sondern lebt einfach nur den Übermut und die Neugierde einer eingesperrten, gelangweilten Jugendlichen aus.

Mehr gibt es zu den Charakteren eigentlich nicht zu sagen. Vor allem Tajan ist blass und farblos geblieben, aber auch die beiden Mädchen kommen dem Leser nicht so nahe, dass er ihretwegen feuchte Hände bekäme oder gar Tränen vergießen würde.

Dasselbe kann man eigentlich auch von allen anderen Aspekten der Geschichte behaupten. Alles wird nur gestreift, nichts vertieft. Pure Nachvollziehbarkeit ist die absolute Obergrenze. Offenbar gibt es in dieser Welt Magie, im Zusammenhang mit den Magiern wird allerdings hauptsächlich von Erfindungen gesprochen wie Augengläsern und Ähnlichem, was ja nun gar nichts mit Magie zu tun hat. Das Einzige, was zumindest ein wenig magisch klingt, sind die |Lichter|, von denen allerdings nur gesagt wird, dass sie den Menschen bei ihrem Tun helfen, wenn man sie mit Zuckerwasser belohnt. Auch über die Tassari erfährt der Leser im Grunde gar nichts: nicht, woher sie kommen, nichts über ihre offenbar besondere Beziehung zu den |Lichtern|. Und was genau ist nun eigentlich ein Sujim?

Die Handlung gibt leider auch nicht allzu viel her. Susanne Rauchhaus verwendet denselben Kniff wie Christoph Marzi in seinen Uralten Metropolen: Sie steigt an einer Stelle mitten in der Geschichte ein, um dann zunächst die Entwicklung bis dahin zu erzählen, ehe sie die Erzählung weiterführt. Leider ist es ihr im Gegensatz zu ihrem Kollegen nicht gelungen, das Niveau des ersten Kapitels zu halten. Macht die merkwürdige Anfangssituation den Leser zunächst noch neugierig darauf, wie es dazu kam, verpufft diese Neugierde nur zu bald wieder, weil in der abgeschotteten Schule im Grunde nichts passiert, außer, dass die Autorin ihre Heldin mit Jolissa und Tajan zusammenführt.

Aber auch, als der Leser die Stelle erreicht, an der er ganz zu Beginn des Buches schon einmal stand, nimmt die Handlung nicht wirklich Fahrt auf. Alles entwickelt sich viel zu leicht, läuft viel zu glatt, plätschert geradezu dahin. Die Stadtwache agiert so unfähig, dass es schon unglaubwürdig ist, und stellenweise regelrecht lächerlich! Warum um Himmels Willen sollte sollte eine Patrouille, die eine Handvoll Stadtbewohner festnimmt, dabei brüllen, als stürmte sie in eine Schlacht? Ich konnte nur den Kopf schütteln.

Dazu kommen logische Fehler, die die Glaubwürdigkeit nicht gerade verbesserten. Auswärtige Händler werden nicht in die Stadt gelassen, statt dessen zwingt man sie, ihre Waren für ein Almosen herzugeben, verkauft dieselben Waren dann teuer in der Stadt und steckt den Gewinn in die eigene Tasche? Und das seit fünfundzwanzig Jahren? Wie dämlich sind diese auswärtigen Händler, dass sie überhaupt noch nach Pandrea kommen?? Es gibt doch genug andere Städte, wo man Handel treiben kann!
Und wie kommt es, dass einige Menschen empfänglich für geistige Beeinflussung sind und andere nicht? Vielleicht sind die Magier immun dagegen, weil sie Magier sind, die Tassari, weil sie Tassari sind. Aber warum Jolissa?

Und wie kann ein Magier, der offenbar in der Lage ist, das kollektive Bewusstsein der |Lichter| zu nutzen, sich so leicht belügen lassen? Kann so jemand wirklich die ungeheuerlichen Aussagen eines einzigen Mannes akzeptieren, ohne auch nur zu versuchen, sie zu überprüfen? Es wäre doch so leicht gewesen, die |Lichter| zu fragen!

_Bleibt zu sagen_, dass der Klappentext wieder einmal totale Irreführung war. Ein düsterer Wächter? Tajan? Ein Witz! Und das, was Divya von den Lichtern gehört hat, kann man kaum eine Prophezeiung nennen!

Schade, aber ich habe selten erlebt, dass gute Ideen so wenig ausgeschöpft und so blass umgesetzt wurden. Der erste Teil des Buches kommt nicht über Belanglosigkeit hinaus, da die Charaktere zu blass sind, um der Freundschaft zwischen Divya und Jolissa oder auch den entstehenden Romanzen Intensität zu verleihen. Die Handlung verläuft – abgesehen von dem Kniff am Anfang – völlig linear und einfach, und dass die Wache so unfähig ist, nimmt der Handlung jegliche Spannung, weil die Heldin zu keiner Zeit wirklich unter Druck gerät. Der Showdown schließlich wirkt hölzern und unrealistisch, denn die Rebellen sind im Grunde genauso unfähig wie die Wachen. Vieles – wie Divyas Herkunft – ist zudem völlig vorhersehbar. Die Tassari und alles, was mit der Magie und den |Lichtern| zu tun hat, wird derart stiefmütterlich behandelt, als hätte die Autorin die Entwicklung von Stimmung oder gar Flair unbedingt verhindern wollen. Das ganze Buch wirkt unbeholfen und trocken wie Stroh. Dabei hätte man aus all den Ideen so viel machen können.

_Susanne Rauchhaus_ arbeitete nach einer Ausbildung zur Fremdsprachensekretärin zunächst in einer Werbeagentur und in der Redaktion einer Fachzeitschrift. Ihr erster Roman „Der Hexenspiegel“ erschien 2008, seither hat sie drei weitere Romane geschrieben, außerdem erschien ihre Kurzgeschichte „Verdammter Schnee“ in der Anthologie „Fantastische Weihnachten“. Die Autorin lebt und arbeitet in Stuttgart.

|Gebundene Ausgabe: 367 Seiten
ISBN-13: 978-3800056033|
[www.ueberreuter.at]http://www.ueberreuter.at
[www.susanne-rauchhaus.de]http://www.susanne-rauchhaus.de/index.html

_Susanne Rauchhaus auf |Buchwurm.info|:_
[„Die Übersinnlichen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6015
[„Schattenwesen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6217

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