Read, Cornelia – Schneeweißchen und Rosentot

Die liebe Verwandtschaft – wer verflucht sie nicht manchmal? Madeline Dare, die Heldin aus Cornelia Reads hochgelobtem Debütkrimi „Schneeweißchen und Rosentot“ tut dies ziemlich oft. Während die Tochter einer etwas unkonventionellen Mutter sich mit einem Job bei einem Lokalblatt über Wasser hält, schwelgen andere ihrer Verwandten in verschwenderischem Luxus – und benehmen sich auch so.

Madeline ist nicht gerade gut auf ihre snobistische Familie zu sprechen. Noch weniger gut ist sie allerdings auf die Kleinstadt zu sprechen, in der sie momentan lebt. Oder auf ihren Job und ihren schmierigen Chef. Eigentlich ist sie auf ziemlich viel nicht gut zu sprechen. In Syracuse langweilt sich die New Yorkerin nämlich zu Tode.

Doch das bleibt nicht lange so. Bei einem gemeinsamen Essen mit den Schwiegereltern erfährt sie, dass vor fast zwanzig Jahren ein ungeklärter Doppelmord in der Gegend passiert ist. Zwei unbekannte Mädchen wurden seltsam drapiert und mit Rosen geschmückt auf einem Acker gefunden. Ihr Tod wurde bis heute noch nicht aufgeklärt. Madelines Schwager erzählt, dass er in der Nähe des Leichenfundorts die Erkennungsmarke eines Soldaten gefunden hat und als er sie Madeline zeigt, trifft sie fast der Schlag: Der Name, der darauf steht, kommt ihr sehr bekannt vor. Lapthorne Townsend ist ihr Cousin. Ihr Lieblingscousin, um genau zu sein und einer der wenigen Familienmitglieder, die sie leiden kann. Doch würde er einen Mord begehen? Die Journalistin beginnt zu ermitteln und wühlt dabei mehr Dreck in dem Provinznest Syracuse auf als ihr lieb ist …

Kleinstädte sind vielleicht nicht unbedingt das heißeste Pflaster, aber Cornelia Read beweist, dass man sie trotzdem zum Schauplatz einer spannenden und vor allem hervorragend erzählten Geschichte machen kann. „Schneeweißchen und Rosentot“ beginnt zwar sehr ruhig, doch die Spannung steigt schnell an und wird bis zum Schluss aufrecht erhalten. Die Autorin benutzt überraschende Wendungen und falsche Fährten, um den Leser zu verwirren, während sie ihn immer wieder durch Erinnerungen und Nebenhandlungen auf positive Art und Weise ablenkt.

Diese Erinnerungen und Nebenhandlungen von Hauptperson Madeline beziehen sich vor allem auf ihre snobistische Familie und ihre Eigenheiten, ihre Zeit im Internat, die amerikanische Kultur, das Leben in Syracuse oder ihre Ehe mit Dean. Die Geschichte ist randvoll davon. Sie wird dadurch erst richtig interessant und anders. „Schneeweißchen und Rosentot“ ist nämlich trotz des reißerischen Titels kein einfacher Krimi, sondern gleichzeitig recht belletristisch. Neben den eher ungewöhnlichen Inhalten ist das dem originellen Schreibstil geschuldet. Read schreibt kurz, knackig und sarkastisch. Ihre Dialoge sind schlagfertig, die Ich-Erzählerin zeigt sich eloquent und charmant-witzig.

Die ganze Geschichte wird von Madelines Präsenz getragen, denn mit ihr ist der Autorin eine außergewöhnliche Heldin gelungen. Sie ist bis ins kleinste Detail ausgearbeitet. Obwohl erst Mitte 20, hat sie eine bewegte Vergangenheit, die sie gerne zum Besten gibt. Der für sie charakteristische, immer etwas miesepetrige Tonfall sorgt für einige lustige Momente in der Geschichte, genau wie ihre Schlagfertigkeit. Die anderen Charaktere sind ebenfalls echte Originale. Sie haben Ecken und Kanten, eine Vergangenheit. Gerade bei der Beschreibung von Madelines Verwandten hat man manchmal den Eindruck, die Autorin übertreibt es etwas, aber das passt zum Tonfall der Geschichte.

Die Handlung ist spannend, die Geschichte interessant, die Hauptperson eine Offenbarung und der Schreibstil göttlich – Cornelia Reads Debütroman ist nahezu perfekt.

|Originaltitel: A Field of Darkness
Deutsch von Sophie Zeitz
428 Seiten, Taschenbuch
ISBN-13: 978-3423211994|
http://www.dtv.de

_Cornelia Read bei |buchwurm.info|:_
[„Es wartet der Tod“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6022

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