Richler, Mordecai – Lehrjahre des Duddy Kravitz, Die

Mordecai Richler gilt einer der meistgelesenen Autoren Kanadas. „Die Lehrjahre des Duddy Kravitz“ stammt aus dem Jahr 1959 und zählt zu den bekanntesten Werken des 2001 im Alter von 70 Jahren verstorbenen Autors. Es erscheint nun erstmals in deutscher Übersetzung.

Duddy Kravitz wächst im jüdischen Viertel von Montreal in einfachen Verhältnissen auf. Duddy ist gewitzt, verschlagen und stets zu Streichen aufgelegt und verschafft sich so den Respekt der Jungs aus dem Viertel. Nachdem er die Mittelschule beendet hat, strebt Duddy sein großes Ziel an: ein Stück Land erwerben. Sein Großvater Simcha hat ihm einst erzählt, dass ein Mann ohne eigenes Land ein Niemand ist und als Niemand will Duddy nicht enden.

Duddy hat sich schon ein schönes Stück Land ausgesucht, das er gerne hätte. Versteckt an einem romantischen See gelegen und wie geschaffen dafür, touristisch erschlossen zu werden. Und so tut Duddy alles, um das Geld zusammenzukratzen, das er für den Erwerb „seines“ Landes braucht. Duddy verkauft Toilettenartikel, verdingt sich als Kellner, fährt Taxi und versucht sich als Schmuggler und Filmproduzent. Hauptsache es kommt genug Geld rein.

Doch mit der Zeit verstrickt Duddy sich in immer turbulentere Unternehmungen und vergrault sich damit auch schon mal diejenigen, die ihm eigentlich wohlgesonnen sind und die er eigentlich als Freunde betrachtet hatte …

„Die Lehrjahre des Duddy Kravitz“ ist ein schöner „Comming-of-Age“-Roman, gewitzt und flott erzählt. Richler erzählt pointiert und mit bissigem Humor von den Abenteuern eines jungen Mannes, der seine großen Träume verwirklichen will und alles dafür tut. Es ist schon faszinierend zu beobachten, wie Duddy Kravitz seinen Weg geht. Er hat sich ein Ziel gesetzt, dessen Verwirklichung er verbissen voranbringt. Dabei riskiert er eine Menge und der Leser wartet förmlich darauf, dass Duddy sich irgendwann verspekuliert.

Doch Duddy ist gleichermaßen gerissen wie charmant, und so schafft er es immer wieder, potenzielle Geldgeber und Geschäftspartner erfolgreich zu umgarnen. Duddy scheint der geborene Geschäftmann zu sein, der es stets schafft, mehrere heiße Eisen gleichzeitig im Feuer zu haben. Zu beobachten, wie Duddy mit so vielen Bällen gleichzeitig jongliert, birgt schon eine gewisse Spannung, zumal man stets erwartet, dass er auf die Nase fällt.

Mordecai Richlers Werk blieb immer sehr umstritten, und warum, das lässt sich sehr gut nachvollziehen. Mit Duddy Kravitz skizziert Richler das Bild des geschäftstüchtigen Juden, der überall Geld wittert. Wegen seiner Darstellung jüdischer Lebensweise und jüdischer Traditionen musste Richler sich oft den Vorwurf des Antisemitismus gefallen lassen. Richler, selbst Jude, antwortete auf solche Vorwürfe meistens mit dem Hinweis: |“Sie schämen sich für Dinge, die ich verherrliche.“|

Und so spielt das Judentum auch in „Die Lehrjahre des Duddy Kravitz“ eine durchaus gewichtige Rolle und zeigt dabei, wie Richler das Judentum thematisiert. Er packt den Stoff nicht mit der Vorsicht an, die für die heutige Zeit typisch ist, sondern skizziert unverfälscht Positives wie Negatives und sucht dabei stets nach der satirischen Komponente. Richlers Humor ist schon eher von der respektlosen Sorte, doch der Vorwurf des Antisemitismus zeigt mal wieder, dass dabei wohl eher die moralische Keule mitschwingt, die immer gleich gezückt wird, sobald jemand die Themen Judentum und Israel mal nicht mit Samthandschuhen anfasst.

Duddy Kravitz ist sicherlich genauso wenig der Vorzeigejude wie Mordecai Richler, aber gerade das macht ihn zu einer durchaus interessanten Figur. Er ermöglicht einen differenzierteren Blick auf das Judentum. Duddy hadert mit den Vorurteilen und tut gleichzeitig eine Menge für deren Bestätigung.

„Die Lehrjahre des Duddy Kravitz“ entwickelt sich mit zunehmender Seitenzahl zu einer fesselnden Lektüre. Man fiebert mit Duddy und versinkt dabei förmlich in der Geschichte. Obwohl Duddy kein uneingeschränkt sympathischer Mensch ist, obwohl er seine besten und loyalsten Freunde nicht so behandelt, wie sie es verdient hätten, schließt man ihn auf eine gewisse Art doch ins Herz.

Und am Ende ist „Die Lehrjahre des Duddy Kravitz“ eben auch ein schöner Roman über die Verwirklichung der Träume. Duddy richtet sein ganzes Sein auf dieses Ziel aus. Doch was aus Träumen wird, wenn man sie dann verwirklicht, steht immer noch auf einem ganz anderen Blatt, und diese Erfahrung muss auch Duddy machen.

So ist „Die Lehrjahre des Duddy Kravitz“ unterm Strich ein ausgesprochenes Lesevergnügen. Ein gewitzter und flotter „Coming-of-Age“-Roman mit sympathischen und vor allem auch skurrilen Figuren. Richler erzählt seine Geschichte gleichermaßen erheiternd wie fesselnd. Er garniert das Ganze mit satirischem Witz und ironischen Blicken auf das Judentum und das Leben im französischsprachigen Teil Kanadas. „Die Lehrjahre des Duddy Kravitz“ ist in jedem Falle eine Empfehlung wert.

Verlagsbuchhandlung Liebeskind:
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