Phil Rickman – Der Himmel über dem Bösen. Ein Merrily-Watkins-Krimi

Die „Merrily Watkins“-Romane:

01 „Frucht der Sünde“
02 [„Mittwinternacht“ (Rezension)
03 [„Die fünfte Kirche“ (Rezension)
04 [„Der Turm der Seelen“ (Rezension)
05 _“Der Himmel über dem Bösen„_
06 „Die Nacht der Jägerin“ (erscheint am 01.04.2011)
07 „The Smile of a Ghost“ (noch ohne dt. Titel)
08 „Remains of an Altar“ (noch ohne dt. Titel)
09 „The Fabric of Sin“ (noch ohne dt. Titel)
10 „To Dream of the Dead“ (noch ohne dt. Titel)
11 „The Secrets of Pain“ (noch ohne dt. Titel)

Inhalt

Gomer Parry hat sein Leben lang in Herefordshire Landwirtschaftsdienste angeboten. Er ist eine Art Mädchen für alles, wofür man Bagger oder anderes großes Gerät braucht, und unermüdlich im Einsatz. Die letzten Jahre haben es nicht gut mit ihm gemeint: Viel zu früh hat er seine große, späte Liebe Minnie verloren, und jetzt kommt auch noch so ein Schnösel aus der Stadt und macht ihm Konkurrenz bei seinen rundum wohl funktionierenden Sickergruben. Und der Junge pfuscht. Aber es ist mehr als das, etwas stimmt mit ihm nicht. Gomer horcht auf, als eine Londonerin ihn völlig verängstigt um Hilfe bittet bei dem Abwassersystem, das der andere installiert hat. Doch noch ehe er Nachforschungen anstellen kann, überschlagen sich die Ereignisse: Sein Lager brennt aus, in den Flammen kommt sein Neffe ums Leben. Das war Brandstiftung, da ist sich Gomer sicher. Einwände, dass sein Neffe immer wieder zu viel getrunken hat und das Feuer selbst ausgelöst haben könnte, wischt er beiseite.

Da die Polizei ihm nicht glaubt, bittet er Merrily Watkins um Hilfe, seine Freundin, die gleichzeitig Beraterin für spirituelle Grenzfragen im Bistum Hereforfshire ist. Auf sein Drängen hin begleitet sie ihn und findet zu ihrem Entsetzen bei dem undurchsichtigen Unternehmer eine verweste Frauenleiche. Nun gerät alles vollkommen außer Kontrolle: Verbindungen zu einem der scheußlichsten Serienmörder der Geschichte Englands tun sich auf. Was hat all diese schrecklichen Ereignisse ausgelöst? War es reine menschliche Bosheit? Steckt eine andere Macht dahinter? Welche Rolle spielt Roddys mysteriöse vermisste Freundin? Was ist dran an den Gerüchten, dass die Hochspannungsleitungen in der Gegend einigen Menschen den Geist verwirren? Was hat die wunderschöne Jenny Box mit den unheimlichen Vorfällen zu tun, dieses ehemalige Model, das offenbar eine Wandlung durchgemacht hat und so tief spirituell ist, dass sie übergeschnappt wirkt?

Und mal völlig abgesehen von den beängstigenden Begebenheiten: Wie soll Merrily sich Lol gegenüber verhalten, mit dem die Beziehung nicht ganz einfach ist? Und was um alles in der Welt ist in ihre Tochter Jane gefahren, die Zeit ihres jungen Lebens nach der richtigen Glaubensform gesucht hat und nun deutlich atheistische Züge aufweist? Wird sie die noch frische Liebe zu dem freundlichen Waliser Eirion zerstören? Merrily hat einmal mehr alle Hände voll zu tun, um die Fäden zu entwirren, während etwas Altes, Böses über ihr schwebt und ihr Leben zu vergiften droht …

Kritik

„Der Himmel über dem Bösen“ ist ein ausgesprochen komplexer Roman mit so vielen verschiedenen Ansätzen und Nuancen, dass man den Überblick verlieren könnte, wenn Phil Rickman kein so hervorragender Autor wäre.

Mit beneidenswerter Geschicklichkeit verknüpft er die vielen einzelnen Fäden zu einem dichten Gewebe fantastischer Erzählkunst. Kirchenpolitik findet ebenso ihren Platz wie menschliche Niedertracht, zarte Bande, Freundlichkeit, das Böse an sich – und darüber hinaus wird ein realer Fall mit in das Geschehen mit eingebunden.

Rickman hat sorgfältige Recherche betrieben, sich mit Phänomenen auseinandergesetzt, die (noch) nicht zu den anerkannten Wissenschaften gehören, und daraus ein buntes Potpourri gemischt. Seine wahre Stärke aber war immer und sind auch hier die Charaktere seiner Protagonisten: Der grimmige, unglückliche, aber gutmütige Gomer geht ans Herz, man hofft mit Eirion und Lol, grummelt sich durch die Veranstaltungen der großartig gezeichneten Dorfgemeinschaften.

Merrily und Jane aber sind im vorliegenden fünften Band der Reihe schon zu Freundinnen des Lesers geworden. Bei den ganzen schrecklichen Ereignissen atmet man schon fast erleichtert auf, wenn Merrily die Zeit hat, sich eine Zigarette anzustecken, und ihr schwieriger Balanceakt zwischen der Notwendigkeit der Repräsentation und dem Wunsch nach Nähe zu ihrem sanften Musikerfreund zerrt an den Nerven.

Jane hingegen, der naseweise Fratz, macht die Pubertät durch und leidet so, wie man es nur in diesem Alter kann. Sie gibt Anlass zu den schlimmsten Befürchtungen, und neben dem wirklich spannenden Fall ist es auch ihre Geschichte, die den Leser das Buch nicht weglegen lässt: Fängt sie sich, oder dauert ihre Zerrissenheit durch die nächsten Bände an?

Unterm Strich

Phil Rickman ist ein extrem talentierter Autor und seine Mystery-Krimi-Reihe um Merrily Watkins absolut großartig. Er weiß um Spannungsbögen, um den perfekten Rhythmuswechsel zwischen herb und zart, zwischen schrecklich und lieblich, zwischen Gut und Böse – was nicht heißen soll, dass ihm Ambivalenz fremd wäre, keinesfalls. Wäre dem so, wären seine Charaktere kaum so überragend gezeichnet, dass sie fast real erscheinen.

Wer noch nicht begonnen hat, diese Reihe zu lesen, sollte das dringend nachholen. Es lohnt sich!

Taschenbuch: 688 Seiten
Originaltitel: The Lamp of the Wicked
Aus dem Englischen von Karolina Fell und Nicole Seifert
ISBN-13: 9783499253348

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