Ridpath, Michael – Absturz

_Story_

Alex Calder verdiente sich einst seine Sporen als Oberleutnant der Royal Air Force. Nach einem Tornadoabsturz, den ein Insasse mit dem Leben bezahlen musste, sah sich Alex jedoch gezwungen, das Metier zu wechseln. Seitdem ist er Trader bei der erfolgreichen Investment-Bank Bloomfield Weiss und hat mit dazu beigetragen, dieses Unternehmen an die Spitze zu bringen. Seine Kenntnisse über den internationalen Devisenmarkt haben ihm bei seiner zweiten Chance einen steilen Karriereverlauf ermöglicht, dessen Ende noch nicht in Sicht ist.

Dann jedoch wird Alex in einen geheimnisvollen Komplott verstrickt. Seine Kollegin Jennifer Tan wendet sich vertrauensvoll an ihn und berichtet ihm von den unmoralischen Angeboten des Star-Traders von Bloomfield Weiss. Sie fühlt sich von ihm immer stärker belästigt, kann sich aber alleine nicht zur Wehr setzen. Calder versucht daraufhin, ihr zu helfen, bekommt aber von den Bossen eine Abfuhr erteilt – man will ihm nicht glauben, schließlich ist der Kollege ja auch ein indirekter Konkurrent. Jennifer sieht keinen anderen Ausweg mehr und zieht gegen die Firma vor Gericht.

Doch dies ist ihr Todesurteil; wenige Tage später kommt sie nämlich bei einem Sturz aus dem Fenster ihrer Wohnung ums Leben. Die Verstrickungen scheinen jedoch auch mit ihrem Tod kein Ende zu finden, denn die Polizei handelt den Todesfall als Selbstmord ab. Alex indes glaubt nicht an das Urteil der Behörden und versucht auf eigene Faust, der Sache auf die Spur zu kommen. Als dann schließlich ein weiterer Mordfall sein Umfeld erschüttert, wird die Sache langsam heikel …

_Meine Meinung_

„Absturz“ ist mit Sicherheit kein ungewöhnlicher Thriller, dafür aber ein verdammt guter. In bester Tom-Clancy-Manier strickt Michael Ridpath hier eine sehr spannungsgeladene, mit zahlreichen überraschenden Wendungen gewürzte Story zusammen, bei der er sein umfassendes Wissen über den internationalen Finanzmarkt bestens einbringen kann. Was meist zu trockner Selbstbeweihräucherung führt – schließlich rühmt sich ja so mancher Autor gerne mit seiner Fachkundigkeit –, ist bei Ridpath aber nur Mittel zum Zweck und wird auch nicht ständig in den Vordergrund gestellt. Der Autor erklärt lediglich den Aufbau der Firma Bloomfield Weiss anhand der ihm zur Verfügung stehenden Informationen und geht auch nur auf die Zusammenhänge näher ein, die für die Progression des Plots wichtig sind. Genau so lässt sich Beamtenjargon fließend lesen!

Im Vordergrund steht indes natürlich die Geschichte des Protagonisten Alex Calder. Bei ihm sind der im Titel thematisierte Absturz und der darauf folgende, rasante Aufstieg eng miteinander verknüpft. Calder wird als eine sehr ehrgeizige Person vorgestellt, ein Workaholic, der als Karrieremensch eine echte Identifikationsfigur darstellt. Eigentlich lässt sich der Hauptakteur auch durch nichts aus der Ruhe bringen, bis ihn plötzlich einige unliebsame Ereignisse, die zunächst außerhalb seines Einflussbereiches geschehen, einholen. Mit Willenskraft und dem Einsatz, der Calder schon ein Leben lang ausgezeichnet hat, versucht er, die Angelegenheiten wieder ins Lot zu bringen, läuft dabei aber samt seiner Kollegin Jennifer Tan gegen Wände an. Gedanken an die Vergangenheit steigen auf, doch dieses Mal lässt sich der erfolgreiche Trader nicht mehr von seinem Ziel abbringen. Und somit kämpft er auch gegen einen erneuten Absturz.

Die Elemente, mit denen Ridpath in seinem aktuellen Roman arbeitet, sind indes nicht besonders aufregend. Es ist eben alles schon mal dagewesen, angefangen bei den üblen Verstrickungen in der großen Firma bis hin zur ernüchternden Selbstmord-Theorie, der man nicht so wirklich glauben will. Und dennoch ist „Absturz“ ein wirklich empfehlenswertes Buch geworden. Michael Ridpath schafft es nämlich sehr schön, selbst derart bekannte Inhalte zu einer mitreißenden Story umzufunktionieren, die aufgrund der vielen überraschenden Ereignisse merklich an Klasse gewinnt. Es ist in etwa vergleichbar mit den Grisham-Romanen; auch der berühmte Bestseller-Jurist arbeitet in jedem Buch nach demselben Strickmuster, zaubert aber jedes Mal wieder eine umwerfende Geschichte hervor, ohne dabei ausschließlich Klischees zu bemühen. Zwar liegen zwischen Grisham und Ridpath stilistisch Welten (abgesehen vom vergleichbaren Aufbau von „Die Firma“), doch die Ansätze sind durchaus ähnlich – und das Ergebnis auch.

Die Geschichte ist stark, die Charaktere glaubwürdig und der Aufbau trotz vieler Verzwickungen durchweg logisch, gehörige Spannung inklusive. Ridpaths mittlerweile vierter Roman ist ein wirklich atemberaubender Thriller, den man so schnell nicht mehr beiseite legen kann. Wer sich mit der Literatur von Leuten wie Tom Clancy beschäftigt und diese zu schätzen gelernt hat, wird an „Absturz“ sicherlich eine Menge Freude haben.

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