Mark Robson – Spionin, Die (Die Gilde von Shandar, Band 1)

Handlung

Gilden scheinen eine sichere Sache in der Fantasyliteratur zu sein. Immer mehr Trilogien oder Serien beschäftigen sich mit derartigen Zünften, wobei die Reichweite von legalen Zusammenschlüssen bis hin zu eher umtriebigen Vereinen wie zum Beispiel der Gilde von Shandar in dem Buch „Die Spionin“ von Mark Robson reicht. Selbige setzt sich aus Auftragsmördern zusammen, die das Töten gegen Geld zu ihrem Lebensinhalt gemacht haben und das Reich von Shandar damit in Angst und Schrecken versetzen.

Die Gilde hat es geschafft hat, den Kaiser von Shandar so zu beeinflussen, dass er nach ihrer Pfeife tanzt. Das bleibt natürlich nicht ohne Folgen. Ein militärischer Putsch sorgt dafür, dass die Guten wieder an die Macht kommen, aber natürlich machen sich der Anführer Surabar, der daraufhin der neue Herrscher wird, und die Spionin Femke ein paar große Feinde. Besonders Femke ist Shalidar, dem gefährlichsten der Auftragsmörder, ein Dorn im Auge. Sie hat seinen Anschlag auf Surabar verhindert, was Shalidar natürlich nicht besonders gefällt.

Als Femke den Auftrag des Herrschers erhält, ins benachbarte Thrandor zu reisen, um dort Friedensverhandlungen zu führen, nützt Shalidar dies aus, um das Mädchen in die Tinte zu reiten. Er bringt den besten Freund von Malo, dem Kaisers von Thrandor, um und arrangiert die Beweise so, dass Femke als Täterin dasteht. Die Spionin muss flüchten, doch Shalidar bleibt ihr auf den Fersen und sorgt dafür, dass man ihr noch weitere Taten anhängt und ihr auf der Spur bleibt. Da naht ungeahnte Hilfe aus Shandar: Der junge Lord Danar, der in ein Alter Ego der Meisterspionin verliebt ist, will Femke helfen, doch das gestaltet sich schwierig. Zum einen ist Lord Danar nicht unbedingt der Erfahrenste im Spionagewesen, und zum anderen scheint Shalidar ihnen stets einen Schritt voraus zu sein …

Mein Eindruck

„Die Spionin“ hat mit anderen Fantasybüchern nicht nur das Auftreten einer Gilde gemein. Auch der Kosmos, den Robson aufbaut, ähnelt sehr stark dem in Werken von beispielsweise Tamora Pierce oder Trudi Canavan. Ein Hauch Mittelalter, eine Ahnung Magie und Ritter, Spione und Edelmänner – Robsons Rezeptur ist recht einfach, dabei aber nicht unbedingt ausgereift. Alles wirkt eindimensional, manchmal sogar unentschieden. Das zeigt sich vor allem bei der Frage nach Magie und bei der Gilde. Magie spielt in Shandar nur eine geringe Rolle, doch es scheint sie zu geben, sie wird jedenfalls am Rande gestreift – mehr aber auch nicht. Es wird so gut wie gar nichts dazu erklärt, woher der Hexenmeister Lord Vallaine kommt und was ihn und seine Magie ausmacht. Ähnliches gilt für die Gilde. Sie wird zwar genannt, bleibt aber im Hintergrund, da Femkes eigentlicher Gegenspieler Shalidar ist. Als Leser wundert man sich, wieso die Trilogie mit „Die Gilde von Shandar“ überschrieben ist, wenn es doch eigentlich eher um Femke geht und man über die Auftragsmörder selbst nicht viel erfährt. Es wird nicht klar, wer ihr alles angehört, was ihr Ziel ist und wieso sie so gefährlich ist.

Ähnlich verhält es sich mit den Figuren. Sie wirken ebenfalls eher schattenhaft und es fällt schwer, wirkliche Charakterzüge zu erkennen. Das merkt man besonders bei Femke, der besten Spionin des Reiches. Obwohl ein solcher Titel geradezu dazu einlädt, eine starke, vielleicht freche Frauenfigur zu zeichnen, wirkt Femke sonderbar brav und distanziert. Es fällt schwer, Zugang zu ihr zu finden, und das macht sie nicht unbedingt sympathisch und einzigartig erst recht nicht. Ähnlich ist es bei den Nebenfiguren, die häufig sehr stereotyp wirken: Lord Danar beispielsweise, ein Herzensbrecher vom Dienst, den plötzlich die großen Gefühle packen. Oder Shalidar, der durch und durch gewiefte Mörder, der keinerlei positive Eigenschaften zu haben scheint.

Robsons Schreibstil gelingt es, einige der Negativpunkte wieder wettzumachen. Die Handlung an und für sich ist recht simpel gestrickt, aber durchaus spannend. Hin und wieder scheint Femkes Situation ausweglos, aber ihr fallen stets Lösungen ein, die intelligent, aber nicht unglaubwürdig sind. Trotzdem rückt die Story recht stark in den Hintergrund, es sind die Beschreibungen, die glänzen. Robson beweist ein gutes Händchen für die Actionszenen, die er sehr detailliert schildert, wobei er sich aber nicht in unnötigen Sätzen verstrickt. Er benutzt dazu ein nüchternes, umfangreiches Vokabular, das er unauffällig, aber geschickt zu verbinden weiß. Es dauert zwar eine Weile, bis man merkt, wie gut das Buch geschrieben ist, doch dann lässt es einen nicht mehr so schnell los. Besonders brillant sind einige der Dialoge, in denen sich Femke einen Schlagabtausch mit Shalidar und Co liefert. Die wörtlichen Reden strotzen nur so vor Redegewandtheit und guten Wortspielen und bereiten dadurch eine Menge Spaß.

Letztendlich können ein paar gute Dialoge aber kein ganzes Buch retten. Die Welt, in der „Die Spionin“ spielt, und die Figuren sind und bleiben eine blasse Angelegenheit. Eventuell schafft Robson es, einige der Fehler im weiteren Verlauf der Reihe auszubügeln, aber der erste Band ist eher beim Durchschnitt anzusiedeln.

Taschenbuch: 382 Seiten
Originaltitel: Imperial Spy
Aus dem Englischen von Tanja Ohlsen
ISBN-13: 978-3-570-30533-1

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